Schermbeck. Bald drohen zugewiesene Menschen keine Unterkunft mehr zu finden. Der Bürgermeister spricht Klartext, der Rat beschließt großen Notfallplan.
So emotional wie in der Ratssitzung am Dienstag hat man Mike Rexforth bisher selten erlebt: Der Schermbecker Bürgermeister trat selbst an ein Flipchart, um mit einer Brandrede die Brisanz der aktuellen Flüchtlingssituation für seine Gemeinde zu verdeutlichen, die vor allem durch ein „Versagen auf Landesebene“ zustande komme, so der CDU-Mann ohne Rücksicht auf seine Parteikollegen in Düsseldorf.
Er sparte nicht mit deutlicher Kritik an Landes- und Bundesregierung, die nach seinen Worten bei vielem nicht im Bilde seien: „Wir sind an unseren Grenzen, das muss denen da mal einer erklären!“ Rexforth habe deshalb seinen Unmut über die konkrete Situation in Schermbeck „klar und deutlich geäußert“ in einem Brief, den er jetzt an NRW-Ministerpräsident Henrik Wüst sowie an Bundeskanzler Olaf Scholz geschickt habe. Zudem habe er zwei „Überlastungsanzeigen“ in Zusammenhang mit der Unterbringung von Flüchtlingen auf den Weg gebracht.
Verwaltungsmitarbeiterin Ellen Großblotekamp erläuterte: „In der 43. Kalenderwoche haben wir noch 14 Plätze frei – jedoch haben wir pro Woche mit 15 bis 20 Personen zu rechnen, Tendenz steigend. Heißt: Ab der Woche danach haben wir gar keinen Platz mehr frei.“ Täglich würden in NRW zurzeit 3.500 Menschen an die Kommunen weitergegeben, im Winter vermutlich noch mehr, ergänzte Rexforth, der auch auf polemische Forderungen einging. Wenn er davon höre, dass manche sagen: „Dann muss der Bürgermeister die mal wieder zurückschicken“. Mike Rexforth: „Der Bürgermeister kann keinen Menschen zurückschicken, sonst sitzt der nämlich im Knast, weil er seinen Rechtsverpflichtungen nicht nachkommt.“
Die Gemeinde Schermbeck hat keine Alternative
Was bleibt der Kommune Schermbeck also übrig? „Solange es nicht zu einer grundsätzlichen Lösung in Europa kommt, müssen wir damit klarkommen. Wir müssen uns also Gedanken machen, wie wir diese Menschen unterbringen“, so der Bürgermeister in mahnenden Worten an die Politik.
Der Rat der Gemeinde Schermbeck hat deshalb Jetzt nach langer Diskussion mit großer Mehrheit einen mehrstufigen „Notfallplan“ beschlossen, der zwar nicht optimal ist, aber den Geflüchteten eine „möglichst verträgliche menschenwürdige Unterbringung“ bieten soll: Zwar zähneknirschend, aber ohne vernünftige Alternative, stimmte der Rat mit großer Mehrheit, für den Bau einer Containeranlage für 120 Personen auf einer Wiese an der Kirchstraße in Gahlen. Darüber hinaus darf die Verwaltung den Ankauf oder die Anmietung weiterer Gebäude oder Grundstücke ins Auge fassen, die als Standorte für Flüchtlingsunterkünfte in Frage kommen. Außerdem wird geprüft, inwieweit das Abrahamhaus beim SV Schermbeck als Unterkunft genutzt werden könnte. Sollte auch das voll belegt sein, soll es eine Zeltlösung geben, für die noch ein geeigneter Standort gefunden werden muss. Und in letzter Konsequenz wird in Gahlen noch ein weiterer Container für bis zu 60 Menschen aufgebaut.
Schulsport soll möglichst weiterlaufen
Allen Rednern während der Diskussion im Rat war eines wichtig, wie CDU-Fraktionschef Rainer Gardemann ausführte: „Keiner von uns will, dass wir eine Sporthalle belegen und damit den Schulbetrieb gefährden.“