Hamminkeln. Hamminkeln kündigt im Hauptausschuss Steuererhöhungen an. Verwaltung denkt über neue städtische Flüchtlingsunterkünfte nach.
Die Pläne, möglicherweise eine Zentrale Unterbringungseinrichtung (ZUE) des Landes für Flüchtlinge am Ortsrand von Dingden einzurichten, sorgt weiterhin für Aufregung. Das wurde auch bei der Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses im Ratssaal am Donnerstagabend deutlich, wo viele Bürger die Einwohnerfragestunde nutzten, um ihre Sorgen und Ängste loszuwerden. Natürlich in Fragen verkleidet, um der Form genüge zu tun. Dabei blieben die Anwesenden ausgesprochen sachlich. Ein Umstand, der sich wohltuend von Diskussionen dieser Art an anderen Orten abhob.
Die Dingdener beklagten vor allem zwei Punkte. Da wäre zum einen die Verhältnismäßigkeit und zum anderen die Integrationsmöglichkeiten. Denn die Bezirksregierung hat die klare Vorgabe gemacht, dass eine ZUE mindestens 450 Plätze haben muss. Ein Vorschlag der Hamminkelner Verwaltung, vielleicht besser mit zwei Einrichtungen und jeweils 225 Plätzen zu planen, wurde von Düsseldorf verworfen. Das gleiche gilt für den Flächenverbrauch. Hier sieht die Bezirksregierung einen Hektar für eine solche Einrichtung vor.
Hamminkelner fragen nach der Verhältnismäßigkeit
Einige der anwesenden Dingdener wiesen darauf hin, dass ein Dorf mit 7000 Einwohnern bei so vielen Flüchtlingen überfordert sei. Zumal ja auch noch in der ehemaligen Hauptschule an der Krechtinger Straße 200 Flüchtlinge untergebracht seien. Und jetzt noch mal 450? Das war für die Anwesenden definitiv zu viel. „Wo bleibt da die Verhältnismäßigkeit? Das kann kein Ortsteil leisten“, mahnte beispielsweise Claudia Wissmann.
Dazu kommt die Tatsache, dass die Bewohner in einer ZUE - so sieht es zumindest der Plan vor - nur kurz untergebracht werden sollen, bevor sie weitergeleitet werden. Da fragen sich viele Dingdener, wie denn da eine Integration ins Dorf möglich werden soll und geben gleich die Antwort: Gar nicht. Das verbunden mit der Befürchtung, dass die Menschen in der ZUE oft alleinreisende Männer aus den Maghrebstaaten Algerien, Tunesien, Marokko, Libyen und Mauretanien sind und bis zu 18 Monate in solchen Einrichtungen bleiben, warf die Frage nach einem Sicherheitskonzept für Dingden auf. Dabei verwiesen die Anwesenden auch auf Mehrhoog, wo die sich Situation aufgrund der benachbarten ZUE am ehemaligen Bundeswehrdepot in Haldern zuspitzt.
Bürgermeister Bernd Romanski betonte, dass er die Sorgen und Nöte der Menschen durchaus nachvollziehen könne. Aber es gebe Fakten, an denen die Stadt nicht vorbeikommt. Bisher leben 1050 Flüchtlinge in Hamminkeln. Nach dem Königssteiner Schlüssel muss die Stadt weitere 190 Menschen aufnehmen, die irgendwo untergebracht werden müssen. Und das wird wohl nicht das Ende sein. Zur Zeit denke die Verwaltung auch darüber nach, vier städtische Einrichtungen mit jeweils 100 Bewohnern zu errichten. Doch „bei vier mal 100 Flüchtlingen wird die Diskussion auch geführt, nur an vier Orten. Wir sitzen am Ende der Fahnenstange.“ Romanski mahnte noch einmal - wie schon so oft in der Vergangenheit: „Wir brauchen dringend eine europäische und deutsche Lösung.“
„Die Kosten laufen aus dem Ruder“
Auch das Thema Finanzierung kam zur Sprache. „Wir sind defizitär. Die Kosten laufen aus dem Ruder“, beschrieb Kämmerer Robert Graaf die Situation. Bürgermeister Bernd Romanski wies noch einmal auf kritische Haushaltslage hin: „Wir reden nicht darüber, ob wir die Steuern erhöhen müssen, sondern um wie viel.“
Genau das macht die Landeseinrichtung für die Kommunen so attraktiv. Hamminkeln müsste für diese Unterkunft nichts zahlen. Alle anfallenden Kosten werden vom Land übernommen. Das wäre bei den angedachten vier Unterkünften für jeweils 100 Flüchtlinge anders. Hier käme die Stadt für die Kosten auf. Zwar bekommt sie auch hier Zuschüsse, aber die decken die realen Kosten nicht. Das beklagen Kämmerer Graaf und Bürgermeister Romanski schon seit Jahren. Der zweite Punkt, der aus Sicht vieler Kommunen für eine ZUE spricht: Die Zahl der dort untergebrachten Flüchtlinge wird komplett auf die „Stadtquote“ angerechnet. Die vier neuen städtischen Unterbringungen, über die die Stadt nachdenkt, wären damit erst einmal vom Tisch.
Bisher habe es nur Gespräche mit der Bezirksregierung gegeben, nicht mehr, betont die Stadt seit dem Bekanntwerden der Pläne, über die die NRZ zuerst berichtet hatte. Fakt ist laut Romanski auch, dass eine ZUE, wenn sie denn kommt, frühestens 2026, eher 2027 an den Start gehen kann, weil Planung und Bau so lange dauern.
Diskussionsabend in Dingden am 9. Oktober
Aufgrund der aktuellen Diskussionen rund um die mögliche Einrichtung in Dingden lädt die Wählergemeinschaft USD am Montag, 9. Oktober, ab 18 Uhr zu einer Informationsveranstaltung im Saal von „Zuhause bei Hoffmann“, Weberstraße, ein. Die USD will dort dafür sorgen, dass alle auf den gleichen Informationsstand kommen und möchte den Austausch mit den Dingdenern suchen. Der Bürgermeister habe bereits seine Bereitschaft zur Teilnahme signalisiert.