Wesel. Die Randale auf Schützenfesten in Wesel waren noch schlimmer, als anfangs dargestellt. Ein Präsident zeigt sich nach den Vorfällen schockiert.
- Auf mehreren Schützenfesten in Wesel gab es gewalttätige Auseinandersetzungen.
- So war die Polizei in Bislich, Flüren und Obrighoven im Einsatz, teilweise wurden Menschen schwer verletzt.
- Ein Vereinspräsident aus Wesel zeigt sich von den Vorfällen schockiert
Gewalttätige Auseinandersetzungen bei Schützenfesten sind seit Wochen Gesprächsthema in der Weseler Schützen-Szene. Zwei Sprecher von Weseler Schützenvereinen hatten zunächst auf NRZ-Nachfrage angegeben, dass es auf ihren Festen nicht zu solch einem dramatischen Vorfall wie in Flüren gekommen sei. Dort wurde das Jungschützenjubiläum nach einer Körperverletzung abgebrochen. Nun hat sich aber herausgestellt: Es gab bei diesen beiden Feiern doch Prügeleien mit teils schlimmsten Verletzungen.
Zur Berichterstattung über Körperverletzungen bei Schützenfesten hatte die NRZ unter anderem den Schützenverein Obrighoven kontaktiert, weil es Gerüchte über eine Schlägerei dort gab. Obrighovens Pressesprecher Stephan Küpper erklärte jedoch: „Es hat zwar etwas gegeben: Das war aber nach dem Ende unserer Veranstaltung und auch nicht auf unserem Gelände, hatte also nichts mit unserem Schützenfest zu tun. Man sollte das auch nicht so aufbauschen.“
Klaus Strößer, der Präsident der Obrighovener Schützen, stellt die Situation nun deutlich anders dar: Was zunächst gesagt wurde, sei „so nicht richtig.“ Dann schildert das Schützenoberhaupt, dass sich zwar nach dem offiziellen Ende („Wir waren noch mit dem Aufräumen im Zelt zugange“), aber sehr wohl auf dem Schützengelände in der Nacht auf Sonntag, 20. August, eine Massenschlägerei zugetragen hatte. „Etwa 15 bis 20 Personen“ hätten aufeinander eingeschlagen und eingetreten, was einen größeren Polizeieinsatz ausgelöst habe: „Wir hatten sicher acht Polizeiwagen vor Ort.“
Ein Mann sei dabei schwer verletzt worden und Klaus Strößer habe sich extra noch am Rettungswagen nach dem Befinden des Opfers erkundigt: „Der Notarzt hat nur mit den Schultern gezuckt und gesagt, das wäre leider schon Routine bei Schützenfesten.“ Auf Nachfrage bestätigt die Polizei, dass es gegen 3.50 Uhr einen Einsatz gegeben habe. Ein 23-Jähriger Weseler wird beschuldigt, eine Körperverletzung gegen einen 26-jährigen Weseler verübt zu haben. Noch während der Aufnahme dieser Tat habe es dann gegen 4.45 Uhr ein weiteres Gewaltdelikt in der Nähe gegeben: Dabei soll ein 28-Jähriger einen 20-jährigen Wesel schwer verletzt haben.
Schützenpräsident Strößer lobt die CDU-Initiative
Schützenpräsident Strößer zeigt sich im Gespräch mit der Redaktion schockiert: „Das macht mich wirklich fassungslos! Wo kommen wir denn hin, wenn sowas als ,normal’ angesehen wird. Gut, dass die CDU jetzt den Antrag gestellt hat, etwas zu unternehmen.“
Tobias Engels, Sprecher der Bislicher Schützengemeinschaft, hatte ebenfalls angegeben, auf dem Schützenfest im Storchendorf habe es keinen Vorfall gegeben. Doch nach NRZ-Recherche wurde dort ein 53-jähriger Schütze schwer verletzt. Polizei und Staatsanwalt bestätigen „wechselseitige Körperverletzungen“, an denen insgesamt fünf Personen beteiligt waren – allesamt aus Bislich übrigens.
Ausgangspunkt war am frühen Sonntagmorgen, 30. April, gegen 1 Uhr die Pommesbude auf dem Schützenplatz, danach verlagerte sich die Schlägerei in die Dorfstraße. Mehrere Zeugen bestätigten der Redaktion, dass auch mindestens ein Schützenbruder, sogar in Uniform, zu den Schlägern gehörte. Nach NRZ-Informationen ging der Schlägerei allerdings eine persönliche Vorgeschichte voraus.
Der Schwerverletzte, der schon viele Jahre Mitglied in dem Bislicher Schützenverein ist und nach eigener Aussage sieben Tage lang in verschieden Krankenhäusern behandelt wurde und danach wochenlang arbeitsunfähig war, war nicht das einzige Opfer: Es wurden vier weitere Personen von der Polizei als „Geschädigte“ geführt: Ein 18-jähriger, ein 24-jähriger sowie ein 44-jähriger Bislicher und eine 49-Jährige Frau, ebenfalls aus Bislich.
Engels erklärt zu diesen neuen Erkenntnissen: „Wir wussten nicht, dass es auf dem Schützenfest-Gelände begonnen hat. Vielmehr gingen wir davon aus, dass zwei Männer aus dem Ort, die schon lange miteinander auch vor Gericht streiten, ihre private Auseinandersetzung auf der Dorfstraße ausgetragen haben.“ Er ergänzt: „Wir als Schützengemeinschaft lehnen natürlich jede Form von Gewalt ab und hoffen, dass durch diesen Vorfall unser Verein nicht in Mitleidenschaft gezogen wird.“
Polizei spricht von „Alltagsgeschehen“
Und warum hat die Polizei nicht über diese beiden Schlägereien berichtet? „Wir können nicht jede Körperverletzung veröffentlichen, das ist Alltagsgeschehen und würde sonst das Presseportal sprengen. In diesen Fällen waren alle Beteiligten festgestellt, es wurden keine weiteren Zeugen gesucht“, so eine Sprecherin der Kreispolizeibehörde Wesel.
- Lesen Sie hier den Kommentar zum Thema: Polizei hätte Schützenfest-Randale vermelden sollen