Düsseldorf. Gleich drei Landtagsfraktionen fordern die NRW-Landesregierung auf, die seit 2022 geltende Wolfsverordnung zu überarbeiten. Was sie vorschlagen.

In den Wäldern am Niederrhein scheint es um den Wolf zuletzt ruhig geworden zu sein, der aktuellste Wolfsnachweis im Kreis Wesel stammt von Mitte Mai, der letzte Nutztierriss liegt noch länger zurück. Dafür tappten Wölfe zuletzt am 13. Juli im Rhein-Sieg-Kreis in die Fotofalle. Und doch beschäftigt der Wolf wieder den Umweltausschuss des NRW-Landtages.

Schutz auch für Alpakas?

Gleich drei Anträge der SPD, FDP und der AfD liegen zur Beratung auf dem Tisch. Während die Sozialdemokraten vor allem die Entschädigung der Weidetierhalter und die wolfsabweisenden Schutzmaßnahmen auf weitere Weidetiere wie Rinder, Pferde oder Alpakas ausweiten möchte, wollen die Liberalen den Wolf ins Jagdrecht überführen.

Das bedeutet: Überschreitet die Anzahl der Wölfe die Population, die in einem Bundesland wie NRW guttun würde, sollen Wölfe außerhalb der Schonzeit bejagt werden dürfen. Voraussetzung dafür aber ist, dass es eine Erhebung über die Zahl der Wölfe gibt. Um festzustellen, wie viele Wölfe es wo gibt, fordert die FDP eine länderübergreifende Erfassung.

Nabu übt Kritik

Aktuell kritisiert der Naturschutzbund (Nabu) Bottrop diese Erhebung für das Wolfsgebiet Schermbeck. Das Gebiet ist rund 960 Quadratkilometer groß und umfasst neben Abschnitten im Kreis Wesel unter anderem auch Teile der Städte Bottrop und Oberhausen. Der Nabu ist derzeit nicht mit der Art der Erhebung durch das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (Lanuv) zufrieden. „Die Datenlage zu den Schermbecker Wölfen ist gegenwärtig schlechter als in den Vorjahren“, heißt es in einem gemeinsamen Pressenewsletter der Nabu-Stellen in Bottrop und den Kreisen Wesel und Borken.

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So sei nicht klar, wie viele Wölfe es vor Ort gebe und ob es in diesem Jahr Nachwuchs gegeben habe. Darüber hinaus seien 2022 ungewöhnlich viele erwachsene Wölfe verschollen. „Was ist passiert und wer geht dem nach?“, fragt der Nabu, der befürchtet, dass auch Wilderei dahinter stecken könnte. Der Nabu fordert daher eine verbesserte, aktive Erhebung und eine „konsequente Verfolgung von Verdachtsfällen der Artenschutzkriminalität“.

Mehr als 900 Bearbeitungen in diesem Jahr

Die Kritik an der Datenerhebung weist das Lanuv aber zurück. Die wissenschaftliche Erfassung fuße auf tatsächlichen Nachweisen, „nicht auf Hörensagen“, so das Lanuv auf Anfrage. Für einen Nachweis „brauchen Sie eine Speichelprobe oder eine Videoaufnahme“. Wenn man das nicht habe, könne man auch nichts verifizieren.

Generell habe das Lanuv mehr zu tun als noch in den vergangenen Jahren. Allein in diesem Jahr gebe es mehr als 900 Bearbeitungen. Das liege zum einen daran, dass es viele Durchwanderer gebe, aber auch daran, dass NRW geeignete Ecken habe, „in denen sich der Wolf wohlfühlt“. Die Wahrscheinlichkeit, dass Wölfe weitere Territorien besetzen, sei „relativ hoch“.

Bezüglich der angesprochenen Laborproben fordert die FDP in NRW zudem weitere Labore, die Proben analysieren können, „so dass Übergriffe schneller bearbeitet werden können“, heißt es in dem Antrag für den Umweltausschuss am Mittwoch. Bisher werden die Proben, zum Beispiel Haare, Speichel, Kot oder Urin, zentral an das Zentrum der Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung versandt. „Tierhalterinnen und Tierhalter müssen oft lange auf Identifizierungen von offensichtlichen Wolfsrissen warten. Dadurch verzögern sich auch die Auszahlungen der Entschädigungsleistungen“, begründet die FDP in ihrem Antrag. Auch die AfD fordert eine Beschleunigung der Genanalysen der Wolfsrisse.

Leichtere Entnahme von Problemwölfen gefordert

Vor allem geht es der FDP um einen leichteren Abschuss von sogenannten Problemwölfen, wozu laut Dietmar Brockes, umweltpolitischer Sprecher der FDP-Fraktion in NRW, auch die Schermbecker Wölfin Gloria zählt. Die Definition, ab wann ein Wolf als verhaltensauffällig gilt, soll erneuert werden. „Problemwölfe müssen leichter entnommen werden dürfen“, so die FDP.

Auch Umweltminister Oliver Krischer (Grüne) sieht bei der Wolfsverordnung Überarbeitungsbedarf, wie er jüngst im Interview mit der NRZ im Kreis Wesel mitteilte. „Ich habe eine Wolfsverordnung von der Vorgängerregierung geerbt, die sich in der Praxis nicht unbedingt bewährt hat“, sagte er im Juli. Ein Ministeriumssprecher teilt auf erneute Nachfrage der NRZ mit, dass geprüft werde, wie die Wolfsverordnung „praxisgerechter angewandt werden kann“. Dasselbe gelte für die bisherigen Regelungen zu den Förderangeboten Herdenschutz. Konkreter wurde das Ministerium „aufgrund der laufenden Prüfung“ nicht.

Bislang gab es keine Anträge zur Vergrämung oder zum Abschuss von Wölfen, teilt das Umweltministerium der NRZ mit. In diesem Jahr wurden 494.000 Euro für Herdenschutz bewilligt.