Wesel. Unsanierte Immobilien erleben derzeit großen Wertverlust. Eine Maklerin aus Wesel erklärt, was Käufer und Verkäufer jetzt beachten sollten.
Das Dach schon alt, die Fenster ebenfalls, ein feuchter Keller oder eine betagte Gasheizung – bis vor rund einem Jahr mussten Immobilienbesitzer sich kaum sorgen, ein solches Haus verkauft zu bekommen. Die Nachfrage war da, die Preise auch für unsanierte Objekte ziemlich hoch, gesprochen wurde gemeinhin von einem „Verkäufermarkt“, der durch günstiges Geld von den Banken einerseits und zuletzt auch durch die Coronapandemie befeuert wurde. Das aber hat sich mittlerweile geändert.
50.000 bis 80.000 Euro Wertverlust bei unsanierten Einfamilienhäusern
„Das war eine verrückte Zeit – die wird es wahrscheinlich nicht wieder geben“, ist Maklerin Jennifer Berndsen aus Wesel sicher, die im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie von einer „best-price“-Phase spricht. „Jetzt ist es so, dass wir in der Normalität angekommen sind.“ Bereits im vergangenen Jahr hatten die Bauzinsen zu steigen begonnen, aufgrund der Inflation sind Materialien und auch Handwerkerleistungen teurer. Dieses Zusammenspiel beginnt nun, sich auf die aufgerufenen Preise für Häuser und Wohnungen auszuwirken. Und in besonderem Maße auf die unsanierten Bauten, die mittlerweile 30, 40 oder 50 Jahre alt sind – und das sind in Wesel die meisten.
„Wir liegen da schon bei 50.000 bis 80.000 Euro“, überschlägt Jennifer Berndsen den Wertverlust für unsanierte Immobilien in Wesel im Vergleich zur Hochpreisphase und gibt ein Beispiel: In der Vermarktung habe sie gerade ein Einfamilienhaus aus den 1970er-Jahren. Vor zwei Jahren hätte das noch bequem für 480.000 Euro den Eigentümer wechseln können, nun aber liege es bei 400.000 Euro. Das entspricht einem Wertverlust von rund 17 Prozent.
Ein Blick in die gängigen Immobilienportale bestätigt diesen Eindruck: Je mehr an einer Immobilie zu tun ist, desto weiter entfernt sich der Preis von den Häusern, die ohne viel Aufwand bezogen werden könnten – die Unterschiede sind deutlich.
Dass aber überhaupt wieder Bestandsimmobilien in solchen Portalen inseriert werden, ist an sich schon ein Zeichen. Denn in den vergangenen Jahren hatte hier bezüglich Bestandsimmobilien oft gähnende Leere geherrscht und wenn doch mal ein älteres Haus zu einem halbwegs bezahlbaren Preis angeboten wurde, war es ratzfatz auch schon weg, viele Interessenten schafften es dann nicht einmal bis zur Besichtigung.
Immobilienmarkt dreht sich: Vom Verkäufer- zum Käufermarkt
Das war nicht nur online so, sondern auf dem Immobilienmarkt insgesamt, erinnert sich Jennifer Berndsen. „Wir sind jetzt wieder im Käufermarkt“, sagt sie über diese Veränderung und rät angesichts dessen auch zu anderen Verkaufsstrategien. „Es bringt nichts, mit utopischen Preisen an den Markt zu gehen“, sagt sie. Insbesondere lohne es in dieser Zeit einen Makler einzuschalten, der bei der Einschätzung hilft, ansonsten könne der Verkauf sehr lange dauern.
Käufer wiederum hätten nun wieder Verhandlungsspielraum – auch, weil nicht mehr jeder Immobilieninteressent die Finanzierung von der Bank bekommt. Es werde mehr Eigenkapital gefordert und höhere Lebenshaltungskosten angesetzt. Dadurch gebe es nicht mehr so viele potenzielle Erwerber wie noch zur Corona-Zeit. Kaufinteressierten rät sie deshalb, zuerst die Info von der Bank einzuholen und anschließend in die Preisverhandlung zu gehen.
Dennoch ist die Maklerin überzeugt, dass der Traum vom Eigenheim – beim derzeitigen Stand der Dinge – für viele Menschen genau das bleiben wird: ein Traum. Denn dass die Preise noch deutlicher heruntergehen, hält sie für unwahrscheinlich. „Die Immobilie wird wieder etwas besonderes sein, besonders die freistehende“, hält sie fest. „Die Verlierer sind die jungen Paare Ende 20, die eine Familie gründen und im Eigenheim leben wollen.“
Unrenoviert, unmodernisiert, unsaniert: Das ist der Unterschied
Maklerinnen und Makler ordnen den Zustand von Immobilien in drei Gruppen ein, erläutert Jennifer Berndsen. „Unrenoviert“ bedeutet demnach: ein wenig Farbe ist vielleicht nötig, aber alles in allem ist das Haus gut in Schuss. „Unmodernisiert“ sind Häuser, bei denen zum Beispiel das Bad oder die Fenster neu gemacht werden müssten, in denen aber sonst alles in Ordnung ist.
Bei „unsanierten“ Häusern „sprechen wir von mehreren Baustellen“, erläutert Berndsen. „Da ist dann vielleicht das Dach aus den Fünfzigern und die Fenster aus den Siebzigern, die Gasheizung aus den Neunzigern und außerdem ist der Keller ein bisschen feucht.“