Wesel/Schermbeck. Die Zahl der Einser-Abiturienten ist in Wesel den vergangenen Jahren gestiegen. Das Abi ist aber nicht leichter geworden, sagen Schulleiter.
Die Abiturnoten wurden in den vergangenen Jahren immer besser und auch die Zahl derjenigen, die auf ihrem Abschlusszeugnis mit einer Eins vor dem Komma glänzen können, ist allgemein gestiegen. Erfreulich für die Absolventinnen und Absolventen – aber immer wieder sehen sie sich der Behauptung ausgesetzt, das Abi wäre leichter als es noch vor 20, 30 Jahren war. Sind die Anforderungen der Abiprüfung tatsächlich gesunken? Hiesige Schulleiterinnen und Schulleiter schütteln auf NRZ-Nachfrage entschieden den Kopf. Nein, das Abi ist keineswegs leichter geworden. Sie sehen ganz andere Gründe für die gestiegenen Notendurchschnitte.
Am Konrad-Duden-Gymnasium ist der diesjährige Jahrgang extrem stark, berichtet Schulleiterin Karen Schneider: Gleich neun Abgänger können die Traumnote 1,0 vorweisen (übrigens die Bestnote, auf dem Zeugnis gibt es keine Null vor dem Komma). 25 Mädchen und Jungen haben die Note 1,6 oder besser und bei 41 der 98 Abiturienten steht eine Eins vor dem Komma. Mal sei ein Jahrgang besser, mal etwas schwächer, so Karen Schneider – und das KDG liege grundsätzlich etwas über dem Landesschnitt.
Mehr Spitzennoten im Abitur: „Schüler geben unglaublich Gas“
Der Grund für mehr Bestnoten auf den Abi-Zeugnissen ist aus ihrer Sicht aber ein anderer als ein vermeintlich gesunkenes Niveau: „Die Schüler sind extrem leistungsbereit, die geben unglaublich Gas.“ Das liege am größeren Druck auf die Jugendlichen im Vergleich zu früheren Zeiten. Die Familien zum Beispiel unterstützen ihre Kinder sehr, haben aber auch hohe Erwartungen. Außerdem gibt es an den Universitäten heutzutage viele Fächer mit Numerus clausus. Die Schüler wissen das und arbeiten ganz gezielt darauf hin, so Schneider.
Ein weiterer Aspekt, den Schneider ebenso nennt wie Silke Westerhoff, stellvertretende Leiterin am Weseler Andreas-Vealisus-Gymnasium, ist das Zentralabitur. „Früher lag es in den Händen der Kolleginnen und Kollegen, die Abituraufgaben zu stellen“, sagt Silke Westerhoff. Heute könnten sich die Jugendlichen gezielter und mit Hilfe von digitalen Medien auf die zentralen Prüfungsthemen vorbereiten, zum Beispiel anhand von Abituraufgaben aus den Vorjahren. Die Anforderungen selbst seien in den Prüfungen aber nach wie vor „hochkomplex“, stellt Westerhoff klar.
Doch der Erwartungshorizont sei für die Schüler klarer und transparenter, durch gezielte Rückmeldungen könnten Lehrer sie gut vorbereiten. Am AVG schneiden in diesem Jahr von 93 Abgängern gut 25 mit einer Eins vor dem Komma ab. „Wir sind stolz auf unsere guten Leistungen“, sagt sie, betont aber auch, dass sich die Abschlussnoten am AVG auf die komplette Bandbreite verteilen.
Schermbecker Schulleiter: Zentralabitur erleichtert die Abi-Vorbereitung
An der Gesamtschule Schermbeck haben dieses Jahr 22 von 76 Schülerinnen und Schülern eine Eins vor dem Komma, Gesamtschulleiter Norbert Hohmann zeigt sich zufrieden und stolz. Er betont, dass das Abitur nicht immer einfacher werde, ähnlich wie Westerhoff, verweist er auf die umfangreiche und abgestimmte Vorbereitung im Unterricht. Durch Muster- und Beispielaufgaben, sowie ein Vergleich mit den Abiturklausuren der letzten Jahre sei es möglich, sich gut auf das Zentralabitur vorzubereiten.
Die gelegentlich verbreitete Behauptung, Schulen würden bessere Noten verteilen, um ihr Image zu schönen, bezeichnet Hohmann als „absolut unzutreffend“. Zumindest an der Gesamtschule Schermbeck würden alle Benotungen und Korrekturen, wie auch vom Ministerium vorgegeben, „sachgemäß“ durchgeführt. Er ist sich sicher: „Bei uns ist es definitiv nicht so, dass Noten verschenkt werden.“
Im Schnitt erreichten im Schuljahr 2021/22 deutschlandweit 31,8 Prozent der Abiturientinnen und Abiturienten einen Notenschnitt zwischen 1,0 und 1,9, NRW liegt dabei mit 28,3 Prozent etwas darunter. Der Anteil der Jugendlichen, die sogar eine Bestnote von 1,0 schafften, stieg laut Kultusministerkonferenz in NRW zwischen 2019 und 2022 von 1,9 auf 3,2 Prozent, im Jahr 2006 erreichten nur 0,74 Prozent eine 1,0. Der allgemeine Notendurchschnitt der Abiturienten in NRW stieg laut dieser Statistik von 2,66 im Jahr 2006 auf 2,36 in 2022.