Wesel. Die Feuerwache in Wesel bietet nicht die besten Arbeitsbedingungen, zugleich tobt der Kampf um Fachkräfte. Immer öfter wandern Feuerwehrleute ab.

Eines der größten Probleme der Weseler Feuerwehr kann man am Donnerstagvormittag schon von außen sehen: Drei Rettungswagen stehen vor den Toren der Fahrzeughalle. Doch als dann, gegen 10 Uhr ein Notfall gemeldet wird, ist es keiner dieser drei Wagen, der ausrückt, sondern ein vierter, der sich aus der Halle an den anderen vorbeischlängeln muss.

Platzmangel und schlechte Ausstattung

Warum das so ist? Ganz einfach: Insgesamt verfügt die Feuer- und Rettungswache am Kurfüstenring über fünf Rettungswagen. Einer steht gerade in der Werkstatt – ist also nicht verfügbar. Ein zweiter hat einen technischen Defekt, sodass dessen Ausstattung auf einen dritten Wagen umgeräumt werden muss – das ist das, was gerade vor den Hallentoren passiert. Der vierte, der hier ebenfalls steht, wäre zwar startklar, darf aber nicht ausrücken, weil er von der Kreisleitstelle heute nicht dafür eingeteilt wurde. Bleibt also nur der Wagen in der Halle.

Diese Szenerie erfasst sinnbildlich die Kernprobleme der Feuerwehr: Platzmangel und schlechte Ausstattung. Die baulichen, räumlichen und technischen Voraussetzungen behindern die Arbeitsabläufe der Feuerwehrleute an praktisch jeder erdenklichen Stelle. Es ist zu eng für die Fahrzeuge und zu eng für das Personal, es fehlen Parkplätze, Lagerflächen und Personalräume.

Auch in der Halle stehen die Feuerwehr-Fahrzeuge eng an eng und in mehreren Reihen. Regelmäßig muss hier umgeparkt werden.
Auch in der Halle stehen die Feuerwehr-Fahrzeuge eng an eng und in mehreren Reihen. Regelmäßig muss hier umgeparkt werden. © FUNKE Foto Services | Markus Weißenfels

Für die Feuerwehrleute, die hier ihren Dienst tun, bedeuten diese Faktoren unnötige und umständliche Mehrarbeit – zum Beispiel wenn regelmäßig Fahrzeuge umgeparkt werden müssen, weil sie wegen des Platzmangels im Weg stehen. Das führt zu Frust bei den Mitarbeitern und daraus folgend zu Problemen in der Personalentwicklung bei Feuerwehr-Chef Thomas Verbeet.

Feuerwehrleute wandern zur Leitstelle ab

Die ist ohnehin schon schwierig, denn der Kampf um Fachkräfte tobt auch bei Feuerwehren. Städte in der Nähe locken mit höheren Besoldungsgraden und schnellen Beförderungen und auch an die Kreisleitstelle verliert er Personal. Alleine vier Feuerwehrleute sind im Jahr 2022 dorthin abgewandert. „Diese vier Leute haben eine Lücke hinterlassen und die kriege ich nicht gefüllt“, sagt Verbeet.

Das Ärgerliche daran: Ausgebildet wird bei den kommunalen Feuerwehren, bei der Leitstelle nicht. Und so eine Ausbildung kostet Zeit und Geld. 18 Monate Feuerwehr-Ausbildung müssen die Einsatzkräfte zuerst absolvieren, dann folgen etwa drei Jahre Zeit im Dienst, bevor dann noch einmal 2,5 bis 3 Jahre Notfall-Sanitäter-Ausbildung anschließen. Macht rund sieben Jahre bevor die Feuerwehrleute soweit qualifiziert sind, dass sie sich – zum Beispiel zur Kreisleitstelle – wegbewerben können. Und bis dahin hat die Ausbildung (inklusive Gehalt) knapp eine Viertelmillion Euro gekostet.

Zuletzt, sagt Verbeet, habe die Kreisleitstelle auch Einsatzkräfte ohne den (eigentlich notwendigen) Gruppenführer-Lehrgang eingestellt. Sie werden dann nachgeschult, was aber wieder dazu führt, dass Plätze in solchen Lehrgängen für die Weseler Feuerwehrleute fehlen. „So kann man keine moderne und erfolgreiche Personalentwicklung betreiben“, beklagt Verbeet. „Und die Leute stimmen nachher mit den Füßen ab.“ Heißt: Sie gehen dorthin, wo die Perspektiven gut sind.

Mit Geld locken kann die Weseler Feuerwehr nicht – es ist weder politisch gewünscht, noch von der Verwaltung vorgesehen, die Besoldungsgruppen anzuheben. Und auch Thomas Verbeet hält es für nicht sinnvoll, nicht zielführend, nicht nachhaltig. Was bleibt also?

Neue Feuerwache steht immer noch nicht im Haushalt

Einen attraktiven Arbeitsplatz zu schaffen – beispielsweise. Doch der ist gerade nicht in Sicht. Denn dass es für die Feuerwehr in der in den 1980er-Jahren am Kurfürstenring erbauten Wache zu eng ist, ist kein Geheimnis. Schon als Verbeet 2011 sein Amt angetreten hat, war es hier zu eng. Damals gab es 42 Stellen bei der Weseler Feuerwehr. Mittlerweile sind es mehr als doppelt so viele Stellen, doch die Ruhe-, Schulungs-, Büro- und Sozialräume sind nicht mehr geworden. Drei der Ruheräume sind sogar verloren gegangen, weil sie umgebaut worden sind, beispielsweise in Sanitär- und Spinträume für weibliche Einsatzkräfte, die bei der ursprünglichen Planung in den 1980ern noch nicht mitgedacht worden waren.

Zwar ist eine neue Feuer- und Rettungswache schon länger im Gespräch, auch der politische Wille ist da und bereits 2020 wurde die Neubauabsicht an der Emmericher Straße neben den Stadtwerken im Rat kundgetan. Passiert ist seitdem: Nicht viel. Raumplanungen wurden erstellt, Skizzen angefertigt, doch die Mühe einer konkreten Planung scheint sich seither niemand gemacht zu haben, geschweige denn einer Kostenberechnung. Im Haushalt für 2023 taucht die neue Wache jedenfalls nicht auf, auch nicht im Investitionsplan bis 2026.