Hamminkeln. Bei der Ratssitzung in Hamminkeln machten viele Bürger ihrem Unmut Luft. Über den Schulbusverkehr und die Windelentsorgung.
„Freizeit? Nein, ich sitze noch im Bus!“ Stand auf einem Plakat. „Warum müssen die Buskinder nachsitzen?“ auf einem anderen. Oder: „Lange Wege, kurze Beine!“ Eltern aus dem Umkreis von Dingden-Berg hatten ihre Ankündigung wahr gemacht und waren mit ihren Kindern am Mittwoch vor das Hamminkelner Rathaus gezogen. Kurz vor der Ratssitzung reckten sie dort ihre Plakate in die Höhe. Weil sie noch immer an zwei Tagen der Woche über eine Stunde unterwegs sind. Schon lange im Vorfeld wurde gemunkelt, dass ungewöhnlich viele Hamminkelner an diesem Tag das Rathaus ansteuern wollten, um ihrem Unmut auch über andere Themen wie der Windelentsorgung Luft zu machen. Dass es letztendlich dann so viele sein würden, die sich hinten im Saal zu Beginn der Sitzung positionierten, hätte man dann aber doch nicht erwartet. Über Facebook hatte ein Hamminkelner am Tag zuvor ein Aufruf gestartet, „Gesicht zu zeigen gegen den neuen Inkontinenzbeschluss“. Die Politik sei von den Bürgern gewählt, so hieß es, und sollte auch für die Bürger gute Entscheidungen treffen. „Lieber Bürgermeister und liebe Ratsmitglieder, bitte kehren sie zum alten System zurück.“
Und der Hamminkelner ergriff auch in der Einwohner-Fragestunde das Wort: „Was für wissenschaftliche Daten liegen da zugrunde?“ Und wollte vom Bürgermeister wissen: „Was sagen Sie zum Unmut in der Bevölkerung?“ Er wünsche sich den alten Beschluss zurück, der sei familienfreundlicher. Dafür gab’s Beifall von den versammelten Bürgern. Keine leichte und auch ungewohnte Aufgabe für Bernd Romanski, da gleich in den ersten Minuten schon die Wogen glätten zu müssen. Wissenschaftliche Studien gäbe es nicht, mit Ärzten habe er gesprochen und Facebook verfolge er nicht - konterte der Bürgermeister kurz und knapp. „Ich bin da, um Beschlüsse umzusetzen. Sie werden sehen, wie ich da später abstimme.“
Bestandsaufnahme im September
Und als die Politik dann über den CDU-Antrag zur Windelentsorgung - eine Abkehr vom Holsystem und die Wiedereinführung einer stationären Windelannahme - abstimmte, ging es emotional weiter. Die zahlreichen Wortmeldungen zeigten, so Marcel Opladen von der CDU, dass es kein Komfortgewinn sei. Johannes Flaswinkel (Grüne) erklärte, dass man noch nachbessern werde. Jörg Adams (SPD) und Elke Neuenhoff (FDP) wollten „keine Rolle rückwärts“, die USD mit Helmut Wisniewski fand das System ebenfalls gut. Letztendlich stimmten Grüne, SPD, FDP und USD gegen den CDU-Antrag bei drei Enthaltungen der FWI. Deren Vorschlag, die Altersgrenze von drei auf vier Jahre anzuheben, wurde indes abgelehnt. Allerdings war die Mehrheit im Rat auf Anregung der SPD dafür, im Bauausschuss Mitte September nochmals eine Bestandsaufnahme zu machen.
Das wichtigste Thema kam zum Schluss - der Haushalt 2023. Und der stand nach den Ankündigungen von CDU und FWI, ihn ablehnen zu wollen, durchaus auf der Kippe. Vielleicht auch wegen dieses drohenden Szenarios ergriff Bürgermeister Romanski das Wort und hielt noch vor den einzelnen Fraktionschef eine eigene Haushaltsrede. „Wir brauchen Entschlossenheit und Ehrlichkeit.“ Den Haushalt abzulehnen, „halte ich für verantwortungslos und in dieser Zeit für fatal.“ Letztendlich konnten der Chef und die Verwaltung durchatmen: Mit 21:14-Stimmen wurde der Haushalt verabschiedet (Bericht folgt).