Wesel. Auch aus Gründen des Tierwohls ist der Heilige Mann beim Martinszug in Wesel-Feldmark aufs Fahrrad umgestiegen. So kam das Experiment zustande.

Da werden sich sicher einige Passanten verwundert die Augen gerieben haben. Haben sie da wirklich an der Spitze des Martinszuges in Wesel-Feldmark den Heiligen Mann in voller Montur auf einem Fahrrad gesehen? Ja – und das war keine optische Täuschung, sondern ein zugegeben recht ungewöhnliches Experiment des Katholischen Kindergartens St. Nikolaus Feldmark.

Wie kommt man denn auf solch eine Idee? „Das hat zweierlei Gründe: Einerseits das Tierwohl und andererseits war es ein Missverständnis“, sagt Kita-Leiterin Sarah Rochel und holt ein wenig aus: „Bisher hatten wir beim Martinszug immer ein richtiges Pferd von einer Mitarbeiterin vom Pferdehof. Doch dann hatten wir gehört, das Pferd sei gestorben – also haben wir uns Gedanken gemacht, was nun?“

An dieser Stelle kommt Sebastian Püthe ins Spiel. Der 30-jährige Schermbecker ist Erzieher in dem Weseler Kindergarten und hatte spontan diese Idee: „Ich bin Mitglied der Fähnchenschützengilde Buschhausen in Schermbeck. Die haben ein Fahrrad zu einem Pferd umgestaltet, das könnte man doch alternativ nehmen“, berichtet er. Sankt Martin auf dem Fahrrad? „Warum eigentlich nicht? Das klingt doch gut“, hätten daraufhin Kita-Leiterin Rochel und die anderen Erzieherinnen gesagt.

Martinszug: Pferd soll der Stress erspart bleiben

Hinzu sei gekommen, dass man auch den Gedanken des Tierwohls im Blick hatte: „Solch ein Umzug bedeutet für das Pferd doch sehr viel Stress – die ganzen Lichter und die vielen Leute“, so Rochel. Auch Sebastian Püthe sieht das so: „Pferde sind ja Fluchttiere: Die wollen in solch einer Situation eigentlich nach vorne wegrennen, können aber nicht. Umzüge sind für sie sicher nicht schön.“

Viele Aspekte, die also fürs Fahrrad als „Transportmittel“ für Sankt Martin sprachen. „Wir hatten zwar zunächst ein wenig Sorge, wie die Kinder und die Eltern darauf reagieren, aber die Resonanz war durchweg positiv“, berichtet die Leiterin, die sich gleich an die Arbeit machte, um den radelnden Sankt Martin bei seiner Premiere auch passend auszustatten: Klassischer Umhang, Ritterhelm und Spielzeugschwert. Die Kinder waren sogar besonders gespannt auf das Experiment“, berichtet die 31-Jährige.

Der Umzug führte zunächst zur Senioreneinrichtung St. Lukas und endete dann im Steinkreis des Kindergartens. Hier sangen die Kinder vor der Weckmann-Ausgabe das traditionelle Martins-Lied: „Sankt Martin ritt durch Schnee und Wind, sein Ross, das trug ihn fort geschwind.“ Doch passt das überhaupt, wenn Sankt Martin auf dem Fahrrad kommt? „Ja klar“, versichert Sarah Rochel lachend, ein Fahrrad habe ja auch einen Sattel und man spreche ja gelegentlich von „Stahl-Ross“.

Glückliches Ende eines Missverständnisses

Und was hat es mit dem Missverständnis auf sich? Sarah Rochel klärt auf: „Als wir der Frau vom Reiterhof berichteten, wir hätten jetzt glücklicherweise eine Alternative für das verstobene Martinspferd gefunden, sagte sie uns: Das Pferd ist doch gar nicht tot! Da hatte jemand offenbar etwas falsch verstanden.“