Wesel/Hamminkeln. Nahrungsmittel verteuerten sich innerhalb eines Jahres um 11,1 Prozent. Ändern Menschen in Wesel und Hamminkeln ihr Einkaufsverhalten?
Auf dem Parkplatz des Edeka-Marktes Komp in Lackhausen herrscht am Montagmorgen reger Betrieb. Doch vollgepackte Einkaufswagen sind eher die Ausnahme, die meisten Kunden tragen ihre Einkäufe in den Händen oder in einer Tasche aus dem Supermarkt. Hängt das mit den teils drastischen Preissteigerungen zusammen? Die NRZ fragte nach.
„Man muss schon die Augen offen halten“, sagt beispielsweise Barbara Mosters. Die 41-Jährige aus Wesel ist mit ihrer zehnjährigen Tochter Lena zur Julius-Leber-Straße gekommen und lädt gerade den etwa halb gefüllten Einkaufswagen in ihr Auto ein.
Einkaufen: Möglichst regional, gesund und preiswert
Bei der Auswahl der Lebensmittel seien drei Faktoren für sie wichtig: „Wir achten schon darauf, dass die Produkte aus der Region kommen und möglichst Bio sind“, erklärt die Mutter und zeigt dabei vier leuchtend rote Äpfel. Ihre Tochter durfte sich ihr Lieblingsmüsli aussuchen, auch dabei spiele der zweite Aspekt eine Rolle: Dass die Waren möglichst gesund sind. Und drittens schaue sie natürlich auch auf den Preis, so die 41-Jährige, die dann häufig bei den Gut-und-günstig-Produkten landet.
Vor allem der Preis scheint seit einigen Wochen, eine immer größere Rolle bei der Kaufentscheidung zu spielen, denn Nahrungsmittel verteuerten sich im Mai binnen Jahresfrist überdurchschnittlich um 11,1 Prozent, teilt das Statistische Bundesamt mit. Das ist schon ein gewaltiger Anstieg, wenn man berücksichtigt, dass zwischen 2005 und 2020 die Inflationsrate in Deutschland jeweils zwischen 0,3 und 2,1 Prozent lag.
Rentnerin aus Wesel: „Es wird nichts weggeworfen!“
Elke Beeking hat rund ein Dutzend Artikel in ihren Wagen geladen – unter anderem frische Stachelbeeren sowie ein Schälchen Johannisbeeren. Die 80-Jährige aus Flüren erklärt, dass sie ihr Einkaufsverhalten nicht geändert habe. „Ich kaufe schon immer bewusst ein“, sagt sie. Von ihrer Mutter habe die Seniorin schon gelernt, nur das einzukaufen, was man auch essen kann: „Lebensmittel wegzuwerfen, geht gar nicht: Das tut mir in der Seele weh“, ergänzt Beeking.
Timo Grütter verzieht leicht sein Gesicht, als er auf die Preissteigerungen von Lebensmitteln angesprochen wird und bestätigt, dass er sein Verhalten geändert hat: „Ja, man guckt schon mehr auf die Preise. Wenn ich früher Markenprodukte genommen habe, nehme ich jetzt schonmal die Discount-Artikel.“ Ein anderer Aspekt ist dem 41-Weseler aber ebenfalls wichtig: „Bei Gemüse achte ich darauf, dass es frisch aus der Region ist.“
Foodsharing in Mehrhoog gegen die Kostenexplosion
Vor dem Netto-Markt in Mehrhoog steht ein großes Schild mit der Aufschrift „Inflations-Stop“, der Discounter gibt dazu das Versprechen, die Preise bei 200 Produkten bis Ende Juli nicht zu erhöhen. Doch die Kunden überlegen hier an der Rheinstraße offenbar ganz genau, was sie in ihren Warenkorb legen. So wie ein 71-Jähriger Mehrhooger, der nur einen Stoffbeutel für seine Einkäufe benötigt: „Ich fress mich erstmal durch die Tiefkühltruhe“, sagt er mit besorgter Mine und ergänzt: „Die Preissteigerungen sind wirklich schon enorm.“
Den Prospekt habe er bereits „immer kontrolliert“, so der 71-Jähriger, der jetzt aber beim Foodsharing mitmacht. „Lebensmittel-Retten wird zum Glück auch in Mehrhoog angeboten – und hier nun massiv genutzt!“, sagt er. Von manchen Sachen, wie hochwertigem Schinken oder Räucherlachs, lasse er aktuell aber die Finger. „Man achtet eher auf die Preise und kauft weniger“, fasst er sein Verhalten zusammen.
Auch die Mehrhoogerin Anne Kaule bestätigt: „Man vergleicht die Unterschiede in den Läden und kauft nicht mehr so viel auf Vorrat.“ Die 70-Jährige hat bei sich selbst eine Änderung festgestellt: „Ich bin deutlich achtsamer geworden.“