Wesel. Jetzt gibt es drei Lösungsansätze, um den Stau an „fertigen“ Fahrschülern aufzulösen. Der Sprecher der Weseler Fahrschulen lobt die Pläne.
Eine Lösung des Terminstaus bei Prüfungen von fertigen Fahrschülern in Wesel und Umgebung, die wochenlang auf ihre praktische Prüfung warten müssen, ist jetzt in Sicht, wie Volker Freigang berichtet. Er ist Sprecher der Weseler Fahrlehrer und zugleich Vize-Vorsitzender der Fahrlehrer in der gesamten Region Nord.
Nach einem Gespräch mit Verantwortlichen des TÜV sieht er nun Licht am Ende des Tunnels: „Es gibt drei Lösungsansätze“, so Volker Freigang. Da das Problem der fehlenden Prüfer in der Region Rhein-Ruhr stärker auftrete, als anderswo, gebe es nun die Überlegung, Prüfer aus anderen Gebieten unter anderen zum Niederrhein zu schicken. Eine zweite Möglichkeit könne sein, auch an Samstagen Prüfungen zu ermöglichen. Außerdem würde darüber nachgedacht, ob es wirklich nötig ist, dass die theoretische Prüfungen von Maschinenbauingenieuren mit Zusatzqualifikation abgenommen werden müssten, die dann in dieser Zeit nicht praktisch prüfen könnten.
So entstand das Problem: Früher übte ein Fahrschüler solange in der Fahrschule, bis er sicher genug das Auto beherrschte, meldete sich dann zur Prüfung an und konnte meist kurze Zeit später sein Können unter Beweis stellen – und im günstigen Fall anschließend seinen Führerschein freudestrahlend entgegennehmen. Von dieser Idealvorstellung müssen sich zurzeit viele Schülerinnen und Schüler verabschieden, wie mehrere Fahrschulen aus Wesel übereinstimmend berichten.
Fahrschulen in Wesel und deren Schüler hatten geklagt
Denn die Wartezeit auf einen Prüftermin kann zurzeit bis zu acht Wochen betragen. Das sorgt nicht nur für mächtig Ärger, sondern verursacht meist erhebliche Mehrkosten, denn der Prüfling kann in der Zwischenzeit nicht einfach völlig aufs Fahrtraining verzichten, sondern belegt weitere Fahrstunden. „Sonst würde ja Erlerntes wieder verloren gehen“, erklärt Fahrlehrer Frank Schulten aus Wesel, der von einer „Welle an fertigen Fahrschülern“ spricht, die eher heute als morgen ihre praktische Prüfung ablegen würden, aber nicht können.
Was sind die Gründe dafür? Schulten klärt auf: „Die Prüfzeiten wurden verlängert, gleichzeitig aber nicht mehr Prüfer eingestellt.“ Die Rechnung ist verständlich: Wenn für die Führerschein-Klasse B jetzt 55 statt wie früher 45 Minuten geprüft wird, schafft der Prüfer an einem Prüftag nicht mehr wie früher elf, sondern meist nur noch neun Schüler.
Bei anderen Führerscheinarten sind die Prüfzeiten teilweise sogar verdoppelt worden. So entsteht ein regelrechter „Stau an Prüflingen“, den Sabine Freigang, die zusammen mit ihrem Mann Volker eine Fahrschule in Wesel und Hamminkeln betreibt, so beschreibt: „Das ist sehr unbefriedigend für alle: Wir sind der Prellbock und müssen uns mit den wütenden Schülern und den Anrufen erboster Eltern auseinandersetzen.“
Sie schildert die konkrete Situation in ihrer Fahrschule: Von den Heranwachsenden, die fertig ausgebildet sind und eigentlich in der ersten Oktoberhälfte ihre Prüfung ablegen möchten, kann sie weniger als ein Drittel dem Prüfer vorstellen, da ihr vom TÜV viel zu wenige Termine ermöglicht werden. „Es ist ziemlich frustrierend, dann auszuwählen, wem man zu- und wem man absagt.“
Fahrlehrer aus Wesel zum Krisengespräch beim TÜV
Wie Freigang weiter berichtet, habe es aber bereits Gespräche mit der Landesregierung um dem TÜV Nord gegeben, um die missliche Lage zu lösen. Am Montag war ihr Mann, der Fahrlehrer Volker Freigang, auf dem Weg nach Dortmund zu einem Krisengespräch mit dem TÜV, „weil es ja so nicht weitergehen kann“, wie die Fahrschul-Chefin weiter ausführt. Sie fordert: „Das muss anders ausgestaltet werden!“
Die Weselerin berichtet von einer schon fast aberwitzigen Situation: Ihr Mann ist seit 1981 Fahrlehrer und darf aufgrund seiner Qualifikation zwar Fahrlehrer prüfen, nicht aber Fahrschüler. „Das ist doch nicht zu verstehen!“, sagt Sabine Freigang und ergänzt, dass die Prüfer der Fahrschüler in der Regel Maschinenbauingenieure mit Hochschulstudium seien.
Steckt vielleicht die Politik dahinter?
Doch warum hat man die Prüfungsbedingungen geändert, ohne auch die Rahmenbedingungen entsprechend anzupassen, also mehr Prüfer bereitzustellen? Darüber kann Frank Schulten, der auch für die CDU im Weseler Stadtrat sitzt und deren verkehrspolitischer Sprecher ist, nur spekulieren: „Vielleicht möchte man ja seitens der Politik so für weniger Verkehr sorgen. Wenn weniger Leute ihre Führerscheinprüfung ablegen, wird es auch weniger Autofahrer geben.“
Der 56-Jährige, der für deutliche Worte bekannt ist, ergänzt zu den veränderten Prüfbedingungen: „Einerseits könnte man sagen, eine verlängerte Prüfung sorgt für zusätzliche Sicherheit im Verkehr – das würde ich natürlich begrüßen. Doch ich erkenne nach fünf Minuten, ob jemand das Auto beherrscht“, so Schulten, der seit 1989 Fahrlehrer ist und genauso wie seine Kollegen Sabine und Volker Freigang darauf hofft, dass die Gespräche mit dem TÜV Nord zu einer Verbesserung führen. Sonst könnte es auch in Wesel wie schon unter anderem in Krefeld und Bocholt dazu kommen, dass Fahrlehrer zu Protestkundgebungen aufrufen, um ihren Unmut (und natürlich den ihrer Schüler und deren Eltern) publik zu machen.
Doch jetzt schient ja eine Lösung in Sicht, wenngleich Fahrlehrer Freigang davor warnt, die Prüfungskriterien aufzuweichen: „Die Sicherheit im Straßenverkehr steht natürlich an erster Stelle.“