Wesel. Das BZNW wird 50 Jahre alt – die Pflegeausbildung in Wesel gibt es noch länger. So blickt der Schulleiter auf die aktuelle Lage der Branche.

Aus den Fenstern der ehemaligen Martini-Hauptschule kann Schulleiter Andreas Bock in die Vergangenheit schauen: Direkt gegenüber, auf der anderen Straßenseite des Herzogenrings, steht das Karolinenheim. Hier war zwischen 1986 und 1996 die Krankenpflegeschule Niederrhein untergebracht – bis sie aus allen Nähten platzte und der Umzug in die Schule am Hansaring anstand. Auch dieser Standort ist mittlerweile Geschichte. Seit Anfang des Jahres werden die Auszubildenden des Bildungszentrums Niederrhein Wesel (BZNW) nun in den modernisierten Räumen der früheren Hauptschule unterrichtet.

Am 30. September feiert das BZNW sein 50-jähriges Bestehen mit einem Tag der offenen Tür. Unter diesem Namen gibt es die Ausbildungsstätte seit 2001, zuvor fungierte sie seit ihrer Gründung 1972 als Pflegeschule Niederrhein. Begonnen hatte die Geschichte im Magishaus am Großen Markt, gegründet wurde die Einrichtung als Zentralschule für das Marien-Hospital, das Willibrord-Spital Emmerich und das Clemens-Hospital Geldern. Die Pflegeausbildung in Wesel ist jedoch noch mal zehn Jahre älter, denn bereits 1962 entstand am Evangelischen Krankenhaus eine Krankenpflegeschule, 2001 folgte der Zusammenschluss – seitdem gibt es das BZNW. Die drei Krankenhäuser in Wesel und Emmerich sind bis heute die Gesellschafter der rechtlich eigenständigen Schule, das Hospital aus Geldern hatte sich schon im Jahr 2000 aus dem Verbund gelöst.

Soweit zur Geschichte – für Schulleiter Andreas Bock sind die Herausforderungen der Gegenwart groß. Die Pflege steht unter Druck: Personalmangel, Diskussionen über die Arbeitsbedingungen, die Belastung für die Pflegerinnen und Pfleger in der Corona-Krise. Im Kreis Wesel ist das Thema ein besonders relevantes, denn kaum irgendwo anders in Nordrhein-Westfalen sind die Menschen so alt: Der Bedarf nach Pflege im Alter ist massiv gestiegen und das wird sich in Zukunft sogar noch verschärfen.

Pflegeschule in Wesel: Der größte Ausbildungsbetrieb im Kreis

„Wir sind die größte Ausbildungsstätte im Kreis“, sagt Andreas Bock – und meint das branchenübergreifend. 485 Auszubildende werden nach dem Start der neuen Klassen im Oktober am BZNW unterrichtet. Erstmals hat die Schule nicht alle Plätze besetzen können. Für Bock ist das aber kein spezifisches Problem der Pflege: „Alle Ausbildungsbetriebe haben diese Schwierigkeiten“, sagt er.

Das Bildungszentrum Niederrhein ist seit Anfang des Jahres in der ehemaligen Martini-Hauptschule untergebracht.
Das Bildungszentrum Niederrhein ist seit Anfang des Jahres in der ehemaligen Martini-Hauptschule untergebracht. © FFS | Markus Joosten

Eine der größten Herausforderungen für Bock und seine Kolleginnen und Kollegen findet Ende des Monats einen Abschluss: Bei der Jubiläumsfeier werden die letzten Jahrgänge der alten Ausbildungsgänge verabschiedet. Denn seit 2020 gibt es ausschließlich die generalistische Ausbildung zur Pflegefachkraft – vorher war die Ausbildung in Krankenpflege, Kinderkrankenpflege und Altenpflege unterteilt. Die Umstellung erforderte viel Arbeit, so der Schulleiter: „Das ist eine komplett neue Ausbildung, die Qualität ist deutlich angehoben worden.“

Sorgen macht den Gesundheitsexperten weiterhin die gesellschaftliche Anerkennung des Berufes. Obwohl der Berufsstand in der Corona-Krise zeitweise in den Mittelpunkt der öffentlichen Aufmerksamkeit gerückt ist, ist Bock von der Politik enttäuscht: Bisher habe sie nichts getan, um die Bedingungen für die Pflegekräfte zu verbessern. „Der Applaus ist alles, was von der Krise geblieben ist.“ Ein guter und wichtiger Schritt sei jedoch die Einrichtung einer Pflegekammer in NRW gewesen, die im Oktober ihre erste Kammerversammlung wählt.

Hintergrund: Das ist am Tag der offenen Tür geplant

Am 30. September wird das Jubiläum mit einem Tag der offenen Tür im Bildungszentrum an der Pastor-van-der-Giet-Straße 1 gefeiert. Nach Fachvorträgen und einem offiziellen Empfang, ist das BZNW von 15 bis 18 Uhr für die Öffentlichkeit zugänglich. Die Angebote der Pflegeschule werden unter anderem in verschiedenen Workshops präsentiert.