Wesel. Im Weseler Tafelladen ist die Situation derzeit schwierig. Schon seit Juni gilt ein Aufnahmestopp. Eine weitere Entwicklung erschwert die Arbeit.
Mehr Kunden, weniger Waren: Die Situation an der Weseler Tafel ist in den vergangenen Wochen schwieriger geworden. Schon im Juni hat der Verein einen Aufnahmestopp für Neukunden verhängen müssen – und das wird noch eine Weile so bleiben, berichtet der zweite Vorsitzende Manfred Lauth im NRZ-Gespräch. Auf der anderen Seite erhält die Tafel deutlich weniger Waren gespendet.
Um rund 30 Prozent haben die Lieferungen von Kühlware, Obst und Gemüse abgenommen. Über die Gründe kann Manfred Lauth nur spekulieren: Von einer großen Supermarktkette habe er erfahren, dass die Märkte einfach genauer kalkulieren – da bleibt weniger über. Auch die Retter-Tüten mit Waren kurz vor dem Verfall, die so mancher Laden inzwischen anbietet, können ein Grund sein, meint er. „Das hatten wir noch nie, das hat eine neue Qualität“, stellt der zweite Vorsitzende fest. Speziell Butter, Joghurt, Aufschnitt und Käse finden seltener den Weg in die Ausgabestelle. Nur bei Brot bleibt das Angebot durch die Lieferungen örtlicher Bäckereien gut.
Für manche Kunden der Tafel in Wesel bleibt kaum was übrig
Rund 400 Kunden versorgt die Tafel derzeit mit Lebensmitteln. Rechnet man die Familienmitglieder mit, sind es geschätzt 1200 Personen – darunter sind auch rund 130 Bedarfsgemeinschaften aus der Ukraine. Die Warenknappheit führt dazu, dass für Kunden, die zuletzt mit dem Einkauf an der Reihe sind, nicht mehr viel übrig bleibt, obwohl die Mitarbeiter schon die Lebensmittel-Menge pro Familie reduziert haben. Es reicht oft nicht für alle, berichtet Lauth. Da bleibt dann manchmal nur ein Brot und ein paar Bananen.
Um den Kunden einmal wieder die Taschen ausreichend füllen zu können, hat die Weseler Tafel beschlossen, in der ersten Oktoberwoche den Laden nicht zu öffnen. Eingesammelt werden die Lebensmittel aber trotzdem: „So haben wir darauf die Woche genug.“ Die Arbeit ist für die Mitarbeiter stressiger geworden: Mehr Kunden, aber nicht alle können ausreichend versorgt werden. „Das ist nicht schön für die Mitarbeiter.“ Die bedürftigen Menschen bleiben aber größtenteils geduldig.
Immer wieder müssen die Tafel-Helfer Anfragen von Neukunden abweisen – darunter in jüngster Zeit auch häufiger von Rentnern oder Personen mit kleinerem Einkommen, die vor den Preissteigerungen noch gut über die Runden kamen. Eine Warteliste erstellt die Weseler Tafel nicht, die Bedürftigen werden gebeten, sich erneut zu melden. Frühestens in zwei Monaten, so Lauth, werden Neukunden wieder eine Chance haben. Was helfen könnte, wären Lebensmittel-Sammelaktionen nach dem Motto „Ein Teil mehr für die Tafel“, wie sie gelegentlich vor Supermärkten von Organisationen oder Gruppen durchgeführt werden.
Tafel in Mehrhoog erhält auch weniger Lebensmittel
In Hamminkeln-Mehrhoog ist die Lage weniger dramatisch, aber die Tendenz kann Tafel-Leiterin Bärbel Schäfer bestätigen: Um rund 50 Prozent ist die Zahl der Kunden gestiegen, rund 120 Familien versorgen sich an der Bahnhofstraße mit Lebensmitteln. Auch Schäfer berichtet, dass weniger Waren aus den Supermärkten kommen, sie nennt ebenfalls Molkereiprodukte als Beispiel. Ihre Erklärung: „Die Leute schauen verstärkt nach heruntergesetzter Ware.“ Das sind die Artikel, die später bei der Tafel landen.
Dennoch reicht das Angebot in Mehrhoog noch für alle Kunden – auch, weil etwas weniger Ware pro Einkauf ausgegeben wird. Bei Obst und Gemüse ist die Mehrhooger Tafel in einer glücklichen Situation: Örtliche Produzenten stellen regelmäßig Frisches zur Verfügung, selbst die Anwohner spenden, wenn sie im Garten etwas übrig haben. Seit zwei Jahren gibt es die Tafel in Mehrhoog und Bärbel Schäfer stellt fest: „Wir sind angekommen, man hat uns bemerkt.“