Hünxe. Endlich ist das neue 18-Millionen-Projekt fertig, das eine wichtige Verbindung der Region ein Jahr unterbrochen hatte. Grund genug für eine Feier
Timo Kempendorf hatte keine Kosten und Mühen gescheut und sogar ans Begrüßungsgeld bei der „Hünxer Wiedervereinigung“ gedacht: Auf den braunen Geldscheinen mit dem Prägung „Fünfzig Dreve Mark“ prangte sein Konterfei sowie das der Drevenacker CDU-Ratsfrau Ingrid Meyer. Die beiden von der Gruppe „Ein Herz für Drevenack“ hatten zusammen mit rund 20 weiteren Unterstützern eine Wiedervereinigungsfeier auf der neuen Brücke über den Wesel-Datteln-Kanal auf die Beine gestellt. Damit ist die Gemeinde Hünxe wieder vereint und zugleich eine wichtige Verkehrsverbindung in der Region wieder hergestellt.
Kleiner Scherz: Begrüßungsgeld gegen Südfrüchte
Mitten auf dem nagelneuen Bauwerk überreichte Kempendorf am Freitag Hünxes Bürgermeister Dirk Buschmann, der von der anderen Kanalseite auf ihn zukam, das Begrüßungsgeld. Das Gemeindeoberhaupt passte sich den geschichtlichen Ereignissen der deutschen Wiedervereinigung von 1990 an und übergab um Gegenzug dem engagierten Drevenacker die seinerzeit vor allem im Osten sehr begehrten Südfrüchte – drei Mandarinen und vier Bananen.
100 Jahre Garantie auf die neue Brücke
Hünxes Hauptamtsleiter Klaus Stratenwerth blickte noch einmal ganz weit zurück: Im Juni 2011 wurde die alte Kanalbrücke abgerissen, weil bei einer Prüfung fehlerhafter Stahlbeton festgestellt wurde: „Die Polizei hatte uns dann damals angerufen, wir müssten die Brücke sofort sperren“, erinnert sich Stratenwerth. Zehn Jahre lang verband dann eine Behelfsbrücke die beiden Seiten des Kanals. Und wie lang wird jetzt die neue Brücke halten? Da muss Bauüberwacher Stefan Hackmann lachen: „Das Bauwerk ist auf 100 Jahre ausgelegt – mindestens!“
Die Feier war vor allem für die insgesamt rund 70 Bauarbeiter gedacht, die an den Arbeiten beteiligt waren, welche am 13. September 2021 mit dem ersten Spatenstich begonnen hatten. „Hand in Hand für Amand“ hatte Organisator Kempendorf das Motto für die Fete zur Wiedervereinigung ausgegeben. „Sowas haben wir noch nie erlebt, das ist eine tolle Wertschätzung“, freute sich Bauleiter Yannik Hahn stellvertretend für seine Mitarbeiter über das von den Drevenackern organisierte Grillfest mitten auf der Baustelle.
Auch einige Krudenburger und Drevenacker kamen zu der Feier, die das Ende der Trennung vom Rest der Gemeinde Hünxe besiegelte. Sie wollte mit eigenen Augen sehen, worauf sie lange gewartet hatten: Die neue Brücke über den Wesel-Datteln-Kanal wurde nach fast zwölf Monaten Bauzeit fertig und kann wieder für den Verkehr freigegeben werden. „Endlich! Darauf haben wir Jahrzehnte gewartet“, sagte ein Rentner an der Baustelle.
„Nur“ eine Million Euro teurer als geplant
Am Freitagmittag herrschte noch reges Treiben auf der Dinslakener Straße: Sowohl an der Brücke über den Kanal selber als auch an der restaurierten Lippebrücke waren dutzende Bauarbeiter mit letzten Restarbeiten beschäftigt. Bauzeit und Kosten hatten sich nur minimal erhöht, stellten alle Beteiligten erleichtert fest: Statt der anvisierten 17 Millionen Euro waren es am Ende laut Straßen NRW 18 Millionen Euro, weil die Preise für Stahl und Asphalt angestiegen seien.
Mit mehreren Herausforderungen hatten die Brückenbauer zu kämpfen: Während Bauleiter Yannik Hahn den spektakulären Einschub der Brücke erwähnt, ergänzt Stefan Hackmann von der Bauüberwachung noch Corona, Personalmangel und den Ukraine-Krieg als Hindernisse, die aber glücklicherweise alle lösbar waren. „Hätten wir ein halbes Jahre später begonnen, hätte vieles anders ausgesehen“, gibt Hahn zu bedenken.
„Ab 16 Uhr räumen wir die Sperren weg“, berichtete Bauleiter Yannik Hahn am Mittag erfreut und ergänzte, dass die Amand-Arbeiter trotzdem noch ein paar Tage in Hünxe zu tun haben: Nach der Öffnung werden noch bis Ende des Monats einige Restarbeiten – unter anderem unter der Brücke - durchgeführt, diese dürften aber den Verkehrsfluss nicht mehr beeinträchtigen, berichten die Verantwortlichen.
Philosophischer Bürgermeister Buschmann
Der Hünxer Bürgermeister wählte in seiner Dankesrede an die Brückenbauer fast schon philosophische Worte: „Ich danke für die hervorragende Arbeit: Brücken sind wichtige Verbindungen zwischen den Menschen – auch in anderen Bereichen müssten viel mehr Brücken gebaut werden, damit Spalten überwunden werden. Hier ist das vorbildlich gelungen: Der Kanal ist solch eine Spalte in unserer Gemeinde, die jetzt dank der neuen Brücke wieder überquert werden kann.“