Hamminkeln. Nur die Hamminkelner Grünen wollen weiter vor Gericht, wenn die Halbtroglage in Mehrhoog nicht kommt. Das wurde im Planungsausschuss klar.
Vor 30 Jahren wurde zwischen Deutschland und den Niederlanden der Staatsvertrag zur Betuwe-Linie unterschrieben. Seitdem protestieren viele Mehrhooger gegen die Planung, die die Bahn für ihr Dorf vorsieht – und sind damit nicht allein. Überall an der Strecke von Oberhausen bis Emmerich regte sich Widerstand. Doch wie es so ist, wenn sich ein Projekt über Jahrzehnte wie Kaugummi zieht - irgendwann ist die Luft raus. Das glaubt zumindest die Hamminkelner SPD.
Deshalb hatte sie den Antrag gestellt, die Verwaltung zu beauftragen, „auf geeignete Weise“ die von der Bahn vorgelegte „Öhrchenlösung“ in das noch laufende Planfeststellungsverfahren des Eisenbahnbundesamts einzubringen. Hintergrund des Antrags ist ein Ratsbeschluss aus dem Jahr 2013, durch den die Stadt verpflichtet ist, gegen das Eisenbahnbundesamt als planfeststellende Behörde zu klagen, sollte diese im Zuge des zur Zeit laufenden Planfeststellungsverfahrens keine Halbtroglage für den Bereich Bahnhof Mehrhoog einplanen. Darüber debattierte am Mittwochabend der Ausschuss für Umwelt, Planung und Stadtentwicklung.
Ehemals einheitliche Front existiert nicht mehr
Schnell wurde deutlich, dass die ehemals einheitliche Front gegen die Pläne der Bahn in Mehrhoog nicht mehr existiert. Bereits vor zwei Jahren hatte die USD gefordert, auf die Klage zu verzichten und damit die Widerstandsmauer schon ein wenig ins Wanken gebracht. Jetzt folgte die SPD und während der Ausschusssitzung wurde deutlich, dass die Grünen mittlerweile allein auf weiter Flur stehen mit ihrer Forderung nach der Halbtroglage und der daraus resultierenden Klage, falls diese nicht kommt.
Die SPD begründet ihre Wende mit der Sorge, dass die Bahn die bisher ausgehandelten Kompromisse zurückdrehen und nur noch die „Nulllösung“ bauen könnte. Der Kompromiss beinhaltet „öhrchenförmige“ Rampen für Fahrradfahrer und Rollstuhlfahrer an der Unterführung Bahnhofstraße und einen Aufzug neben einer Treppe zum Mittelbahnsteig sowie eine halbtransparenten Lärmschutzwand zu beiden Seiten der Bahnsteige.
Erfolgsaussicht gering, finanzielles Risiko groß
Michael Möllenbeck, selbst Mehrhooger und jahrelang aktiv gegen den Ausbau, verglich die Situation mit einem Pokerspiel: „Wir haben hoch gepokert, jetzt müssen wir all in gehen, um das Spiel zu Ende zu bringen. Wenn wir das Blatt überreizen, bekommen wir die Nulllösung.“ Seine Partei glaube, dass die Mehrhooger des Themas überdrüssig seien und endlich eine Lösung wollten. Die Erfolgsaussichten einer Klage schätzt die SPD als gering ein, das finanzielle Risiko allerdings sei groß.
Auch Matthias Holtkamp erklärte für die CDU, dass seine Partei das Risiko einer Klage nicht mittragen wolle. „Mit der Öhrchenlösung haben wir eine Verbesserung erreicht“, so Holtkamp und erinnerte an die Probleme mit dem hohen Grundwasserspiegel in Mehrhoog bei einer Halbtroglage: „Das wissen wir seit 2016.“ Die Stadt solle lieber über die bestmögliche Lösung verhandeln. Auch Dieter Stiller (USD), Armin Marth (FDP) und Daniel Puckert (FWI) sprachen sich für eine Kompromisslösung aus. Puckert allerdings wollte die Option einer Klage aufrecht erhalten, wie es auch die Verwaltung gefordert hatte.
Nur die Grünen halten die Klage für richtig
Einzig die Grünen lehnten gestern den SPD-Antrag im Ausschuss ab. Thomas Becker wies darauf hin, dass die Halbtroglage schon ein Kompromiss für Mehrhoog sei. Schließlich habe man jahrelang - und hier erwähnte er noch einmal speziell die SPD - eine komplette Troglage gefordert. Auch der Ausschussvorsitzende, Johannes Flaswinkel (Grüne), der sich seit der Stunde Null bei der Bürgerinitiative zur Betuwe engagiert, konnte seinen Unmut bei allen Neutralitätsgeboten als Ausschussvorsitzender kaum verhehlen: „Es fällt mir schwer nachzuvollziehen, warum wir unser Pfund wegwerfen. Das macht mir Sorgen.“
Ein Klageverzicht ist mit der Abstimmung am Mittwoch aber nicht erfolgt. Der Ratsbeschluss aus dem Jahr 2013 gilt immer noch. Sollte also das Eisenbahnbundesamt jetzt einen Planfeststellungsbeschluss fassen, der keine Halbtroglage beinhaltet, muss die Stadt automatisch innerhalb von vier Wochen Klage einreichen.