Wesel. Seit 50 Jahren gibt es die Pumpennachbarschaft „Ale Sonnenopgang“. Warum deren Pumpe kein Wasser fördert, das Land aber ihr Nachbarschaftsfest.

Sie steht vor einem Haus an der Ecke Donaustraße/Elbestraße und fällt eigentlich gar nicht so sehr auf. Für ein Stück Gartendekoration könnte man sie halten, doch sie ist viel mehr. Die Schwengelpumpe, um die es geht, steht hier als Symbol der Pumpennachbarschaft „Ale Sonnenopgang“, die am vergangenen Wochenende ihr 50. Jubiläum gefeiert hat.

Pumpennachbarschaften sind typisch niederrheinisch

Pumpennachbarschaften gibt es in Büderich mehrere. Sie sind ganz typisch für den Niederrhein. Früher einmal, als es flächendeckend noch kein fließendes Wasser gab, bildeten sich um die wenigen Pumpen in den Orten Gemeinschaften. Auf die gehen auch die heutigen Nachbarschaften zurück, wenngleich mittlerweile jeder Haushalt in Wesel an das Wassernetz angeschlossen sein sollte.

„Nach dem Krieg wurden diese Nachbarschaften ganz massiv gegründet“, weiß Hans-Joachim Eisengräber, der seit 22 Jahren Pumpenmeister seiner Nachbarschaft „Ale Sonnenopgang“ ist. Warum genau, das weiß er nicht. „Vielleicht musste das Kind einfach einen Namen haben, um gesellig zusammenzusitzen“, mutmaßt er. Denn darum geht es bei der Pumpennachbarschaft eigentlich und genau das machen sie, seit 50 Jahren schon. Die Nachbarschaft „Ale Sonnenopgang“ umfasst die Elbe-, Donau- und Emsstraße sowie einen Teil des Perricher Wegs. 54 Mitglieder hat sie, ein paar von ihnen sind sogar seit der Gründung dabei. Das älteste Mitglied ist 93 Jahre alt. Mitmachen darf jeder, der im entsprechenden Bereich wohnt und es auch möchte.

Hochzeit, Geburtstag, Beerdigung – die Nachbarn sind da

Bei besonderen Geburtstagen – dem 75. und dem 80. und danach jedes Jahr – kommt die Nachbarschaft zum Gratulieren, bei Hochzeiten oder Hochzeitsjubiläen übernehmen die Nachbarn das Kränzen. Traditionell wäre es bei Beerdigungen an den männlichen Nachbarn, den Sarg zu tragen, während die Nachbarinnen für den Kaffee-Ausschank zuständig sind. Das ist mittlerweile allerdings nicht mehr ganz so üblich. Auch sieht man sich nicht mehr so häufig, einfach weil die Lebensführung eine andere ist: „Heutzutage gehen ja meistens beide arbeiten und die Kinder sind den ganzen Tag in der Schule“, hält der Pumpenmeister fest. „Es wandelt sich schon etwas, aber das ist normal.“

Einen festen Platz im Kalender hat allerdings nach wie vor das jährliche Nachbarschaftsfest, wie es am vergangenen Samstag gefeiert wurde. Da haben sich fast alle Nachbarn samt Kindern an der Pumpe getroffen und danach gemeinsam in einer Doppelgarage gefeiert. Ein Foodtruck war da, der die Nachbarn mit klassischen Imbissgerichten verköstigt hat, für die Kinder gab es außerdem eine Hüpfburg und ein Trampolin. Auch eine Tombola oder Rätselraten gehört üblicherweise dazu.

Geplant und organisiert wird das vom Festausschuss, der auf der ebenfalls jährlichen Nachbarschaftsversammlung gewählt wird. Genauso wie der Pumpenmeister, dessen Stellvertreter und ein Kassierer. Denn eine Nachbarschaft, wie die Pumpennachbarschaft „Ale Sonnenopgang“, ist mehr als eine Ansammlung von Menschen, die zufällig nebeneinander wohnen. Sie ist ein Kulturgut, das Pflege und Organisation benötigt. Und das bewahrenswert ist. Das sieht auch das Land NRW so und hat das Fest der Pumpennachbarschaft „Ale Sonnenopgang“ mit 1000 Euro Fördermitteln bedacht.