Wesel. Die Gemeinde Bislich-Diersfordt-Flüren plant, ab Oktober ihre Kirchen zu schließen, um Gas zu sparen. Wie andere Gemeinden in Wesel das sehen.
„Ich weiß, dass es ein heikles Thema ist, aber wir haben da als Kirche auch eine Verantwortung“. Winfried Junge, Pfarrer der evangelischen Kirchengemeinde Bislich-Diersfordt-Flüren, ist sich bewusst, dass seine Idee ein gewisses Aufregerpotenzial birgt. Angesichts der explodierenden Preise und einer drohenden Versorgungsknappheit will die Gemeinde massiv Gas einsparen – Junge plant deshalb, über die Wintermonate die Kirchen in den drei Weseler Ortsteilen in den Wintermonaten zu schließen. Gottesdienste sollen dann zwischen Oktober und März ausschließlich im Gemeindesaal in Flüren gehalten werden – eine Ausnahme sollen die Weihnachtstage bilden, an denen die Gotteshäuser vorübergehend beheizt werden könnten.
„Wir stehen auch unter Kostendruck“, sagt Junge, der seinen Vorschlag, über den noch das Presbyterium abstimmen muss, aber nicht nur als (finanzielle) Sparmaßnahme sieht. Sollte es tatsächlich zu einer Gasnotlage kommen, würde die Energie an anderer Stelle wohl dringender gebraucht als in einem Kirchengebäude. Die Temperatur dort könnte bis auf acht Grad abgesenkt werden. Noch kälter darf es allerdings nicht werden, sonst könnten die Orgeln einen dauerhaften Schaden nehmen. „Das haben wir schon mit einem Orgelsachverständigen abgesprochen“, sagt Junge. Außerdem dürfte die Luftfeuchtigkeit nicht über 70 Prozent steigen, sonst droht eine Schimmelbildung. Dass der Wert nicht überschritten wird, soll durch regelmäßige Messungen sichergestellt werden.
Vor Weihnachten soll die Heizung kurzfristig wieder angemacht werden
Normalerweise herrscht in den Kirchen in der kalten Jahreszeit eine Temperatur zwischen 16 und 20 Grad, eine Absenkung auf acht Grad würde also mindestens die Hälfte der Heizenergie einsparen – das genaue Einsparpotenzial hängt auch von der Außentemperatur ab. Eine Woche vor den Weihnachtstagen könnte die Heizung für einen kurzen Zeitraum angemacht werden, damit sich die Kirchen bis zu den Feiertagsgottesdiensten langsam wieder aufwärmen können.
Junge will seine Idee bei der Presbyteriumssitzung in der nächsten Woche ausführlich mit den Gemeindevertretern diskutieren, denn geschlossene Kirchen sind eben heikles Terrain. „Wir hatten ja gerade erst Corona und jetzt kommt wieder so eine Situation“, sagt der Pfarrer. In den Hochphasen der Pandemie waren die drei Gotteshäuser ebenfalls zu, im Normalzustand ist die Gemeinde immer noch nicht angelangt. Einige Gläubige würden weiterhin lieber die Live-Übertragung im Internet verfolgen, die aus der Kirche in Flüren möglich ist. Ansonsten gibt es ein rotierendes System, die Gottesdienste werden abwechselnd in Flüren, Bislich und Diersfordt gehalten.
Was sagt die evangelische Kirchgemeinde in Wesel?
So weit wie die Gemeinde Bislich-Diersfordt-Flüren wird die evangelische Kirchengemeinde Wesel wohl nicht gehen, doch auch hier steht das Thema Energiesparen auf der Tagesordnung. „Wir fangen gerade mit den Beratungen an“, sagt Pfarrer und Presbyteriumsvorsitzender Thomas Bergfeld. Dabei stehen mehrere Überlegungen im Raum: Die Absenkung der Temperatur in Kirchen und Gemeindehäusern steht da ganz oben – wobei völlig offen ist, um wie viel Grad es kühler werden soll.
Auch die Frage, wie Nutzungen der Gebäude gebündelt und möglicherweise Gottesdienste zusammengelegt werden können, soll diskutiert werden. „Erst einmal müssen wir aber ein Ziel finden“, sagt Bergfeld mit Blick auf die Einsparungen. Tatsache ist, einige Gebäude und Gotteshäuser wie zum Beispiel der Willibrordi-Dom werden mit Gas beheizt. Mit Blick auf den Klimawandel stand die Frage, wie die kirchlichen Häuser künftig mit Wärme versorgt werden, ohnehin zur Debatte. Denn die Rheinische Kirche hat sich zum Ziel gesetzt, bist zum Jahr 2035 klimaneutral zu werden. Daher müssen sich die Gemeinden auch über den kommenden Winter hinaus Gedanken über alternative Energien machen.
Gassparen: Katholische Gemeinde St. Nikolaus Wesel berät noch
„Diese Frage steht auch bei uns im Raum“, sagt Stefan Sühling, leitender Pfarrer der Kirchengemeinde St. Nikolaus. Beschlüsse für den kommenden Winter sind aber noch nicht gefasst. „Das Thema ist sehr komplex.“ Vorgaben, wie hoch die Temperatur in den Kirchengebäuden sein muss, gebe es nicht, außer: „Das Gebäude darf keinen Schaden nehmen.“ Mit Fachleuten aus dem Kirchenvorstand, möglicherweise externen Beratern und mit Blick auf eventuelle Vorgaben aus Münster will die katholische Gemeinde das Sparkonzept für die sieben Kirchengebäude, die Pfarrheime und Büros festlegen. Die Himmelfahrt- und die Herz-Jesu-Kirche sind wegen Umbauarbeiten ohnehin derzeit geschlossen.