Wesel. Bäckereien gehören zu den energieintensiven Betrieben. Sie stellen die explodierenden Preise vor Probleme. Zum Jahresende könnte es eng werden.
Fast jeder klagt über die hohen Energiepreise. Aber einige Gewerke trifft es besonders hart. Die Bäckereien beispielsweise sind mit ihren Kühlungen und Backöfen extrem energieintensiv. Und das bekommen die Betriebe zur Zeit besonders heftig zu spüren. Oliver Hertrampf von der gleichnamigen Bäckerei aus Wesel ist einer von ihnen.
„Wir haben schon vor ein, zwei Monaten die Preise für Brot angehoben“, erzählt der Juniorchef. Zwar habe er keine Angst vor Gasknappheit, weil er seine Öfen mit Heizöl heizt, aber „die Preise haben sich auch da verdoppelt“, erzählt der Bäcker. Nun hat ihm auch noch sein Stromversorger zum Jahresende gekündigt, weil das Unternehmen die Preise für die Kunden nicht mehr halten kann. „Mal sehen, ob ich einen neuen Vertrag bekomme“, blickt der Unternehmer in eine unsichere Zukunft.
Bäckereibetriebe tragen Verantwortung für Mitarbeiter
3000 Euro zahlt er im Monat allein für Strom. „Das kann man nicht alles auffangen“, so Oliver Hertrampf. Schließlich trage er ja auch die Verantwortung für die Mitarbeiter, die bei ihm in Lohn und Brot stehen. Die wollen auch bezahlt werden.
Dabei haben die Bäckereien mit einem weiteren Problem zu kämpfen. Die Rohstoffpreise sind enorm gestiegen. Mehlpreise beispielsweise haben sich bei Hertrampf mal eben verdoppelt. Und auch viele andere Zutaten kosten inzwischen 80 Cent mehr pro Kilogramm. „Das läppert sich“, kommentiert der Weseler die Preissteigerungen. Zumal eine Entspannung nicht in Sicht sei. „Schön ist das nicht mehr“, sagt der Bäcker ein wenig resigniert.
Bei einigen Bäckern steigen schon die Brötchenpreise
Bei Hertrampf kosten die normalen Brötchen aktuell 40 Cent. Er kennt allerdings auch Kollegen, die bereits 45 Cent nehmen. Wenn dann Kunden kommen und sagen: „Aha, der Bäcker möchte wieder in Urlaub fahren“, findet der Juniorchef das nicht mehr lustig. Wie er die Kostensteigerungen auffangen kann? „Vielleicht kann man beim Kuchenpreis noch etwas nach steuern“, sagt Oliver Hertrampf und hört sich dabei etwas ratlos an.
„Man könnte ja auch alles billiger herstellen, aber das geht an die Qualität.“ Da will der Bäckermeister keine Kompromisse eingehen: „Sonst können die Kunden ja direkt zum Discounter gehen.“
Gaslieferungen: Bäcker sind noch nicht systemrelevant
Der Meister der Bäckerinnung im Kreis Wesel, Johannes Gerhards, kennt die Probleme. „Viele Betriebe machen sich ernsthafte Sorgen“, weiß er. Spätestens zum Jahresende könnte es eng werden, da liefen viele Versorgungsverträge aus. Er blickt noch etwas weiter voraus. „Ob Bäcker überhaupt das nötige Gas bekommen“, sorgt er sich. Im Gegensatz zum Lockdown in Coronazeiten gelten Bäcker beim Energiekostendämpfungsgesetz zur Zeit noch nicht als systemrelevant. Gerhards: „Bäcker sind im Moment in den Listen nicht vorgesehen.“
Er befürchtet, dass kleinere und mittlere Betriebe von der Gasversorgung abgeschnitten werden könnten. „Einige rüsten zur Zeit ihre Brenner um, damit sie mit mehreren Energiearten betrieben werden können“, sagt der Kenner der Branche. Die Mehrkosten könnten eigentlich nur über die Preise weitergegeben werden, „aber woher sollen dann die Kunden das Geld nehmen?“ Er selbst müsse sich über diese Probleme keinen Kopf mehr machen. Gerhards geht zum 31. August in Rente. Froh darüber? „Ja“.