Wesel. Wenn es im Wald brennt, ist das für die Feuerwehr Wesel eine besondere Herausforderung. Doch nicht die Löscharbeiten sind das größte Problem.
Rund ein Zehntel des Weseler Stadtgebiets sind Waldflächen: 15,7 der 122,6 Quadratkilometer nämlich. Somit gehören potenzielle Waldbrände zu Szenarien, auf die die Weseler Feuerwehr vorbereitet sein muss, zumal die Waldbrandgefahr gerade bei Stufe 3 (von 5) liegt, ab Mitte der Woche sogar auf Stufe 4 ansteigt. Vorbereitet ist die Feuerwehr auch darauf, dennoch ist die Bekämpfung eines Feuers im Wald eine besondere Herausforderung für die Einsatzkräfte.
Feuer breitet sich in der Regel über den Waldboden aus
Das liegt vor allem an den Gegebenheiten. „Waldbrände, bei denen oben die Kronen brennen, haben wir hier eigentlich nicht“, erläutert Wesels Feuerwehr-Chef Thomas Verbeet. „Hier fehlt das brennbare Material, um das Feuer von Boden zur Krone zu bringen.“ Was viel öfter vorkommt: Feuer, das sich über den Waldboden ausbreitet. Besonders im Frühjahr, erklärt Verbeet weiter, denn dann fehlt an den Bäumen noch das Blattwerk, das den Boden vor der Sonnenstrahlung schützen würde. Zugleich gibt es dort noch wenig frische Vegetation, wohl aber noch übrig gebliebenes Laub aus dem Herbst, herabgefallene Äste, Reisig, das dann schnell trocken wird – somit natürlich leicht entzündet werden kann. Durch Menschenhand wohlgemerkt.
Auch jetzt gibt es Stellen in Wesels Wäldern, die ziemlich trocken sind. So zum Beispiel im Naturschutzgebiet Diersfordter Wald. Sehr deutlich ist das zu bemerken bei einem Besuch vor Ort, nahe des Wasserwerks in Flüren. Zwar sind hier die ersten paar Zentimeter der obersten Bodenschicht nach dem Regen der vergangenen Tage etwas feucht, darunter ist es aber bis zum sandigen Boden trocken. Und der liegt gut zwei Hand breit unter dieser losen Schicht. „Wenn einmal Feuer drin ist, zieht das durch“, sagt Thomas Verbeet. Nicht einmal durch die Flammen, sondern durch die abstrahlende Hitze entzündet sich die trockene Umgebung, außerdem werden Glutnester immer wieder durch Wind angefacht.
Orientierung im Wald ist die größte Herausforderung
Doch das Löschen ist nicht das größte Problem bei solchen Bränden, wenngleich das ein enormer Kraftakt für die Feuerwehrleute ist. Denn wenn es im Wald brennt, dann meist abseits der Wege – manchmal hunderte Meter weit im Dickicht. Schon in Zivilkleidung ist es schwierig und anstrengend durchs Unterholz zu kraxeln, in voller Einsatzmontur mit meterweise Schlauch erst recht.
Doch zuvor muss die Brandstelle erst einmal gefunden werden. „Im Wald müssen wir arbeiten wie die Pfadfinder“, fasst Thomas Verbeet zusammen. „Wenn Sie einen Entstehungsbrand haben, dann sieht man das wunderschön von außen an der Rauchsäule“, so der Feuerwehr-Chef. Doch sobald es nur noch im Unterholz schwelt, ist auch die Rauchsäule weg – es fehlt die Orientierung.
So war es auch im Mai 2020. Damals hatte ein Sportpilot ein Feuer „in der Nähe des Schwarzen Wassers“ beim Überfliegen entdeckt und gemeldet. Die Feuerwehr rückte mit großem Aufgebot aus – und musste dann erst einmal suchen. Zum Einsatz kam damals eine Drohne, gesteuert von Feuerwehrleuten aus Ginderich, ebenso deren für solche Arbeiten eigens umgebautes Quad. Letztlich gefunden hatte das Feuer dann der Löschzug aus Bislich, weil der Rauch vom Wind durch Büsche geweht wurde.
Feuerwehr hat eigene Waldbrandkarten erstellt
Damit sich die Feuerwehr in solchen Fällen im Wald orientieren kann, hat sie die beiden größten Waldgebiete in Wesel – Diersfordter Wald und Aaper Busch – eigens kartographiert. Im Wald gibt es eben keine Straßennamen oder Hausnummern. Diese „Waldbrandkarten“ unterteilen die Gebiete in jeweils ein mal einen Kilometer große Quadrate, und diese wiederum in hundert mal hundert Meter große Flächen. Mit entsprechenden Symbolen sind Löschbrunnen und Hydranten markiert, in lila die Waldwege eingezeichnet, die theoretisch befahrbar wären.
Und das ist schon der nächste Fallstrick, auf den die Einsatzkräfte vorbereitet sein müssen. Denn nur weil ein Weg da ist, heißt es nicht, dass er seit der letzten Kontrolle nicht zugewachsen ist, durch einen Baum versperrt oder zwischenzeitlich unbefahrbar geworden ist. „Man kann sich nicht Eins zu Eins vorbereiten“, hält Thomas Verbeet fest. Natürlich könne man Karten schreiben, die Abläufe optimieren, das passende Gerät vorhalten. Aber: „Man muss sich jedes Mal einen neuen Plan machen.“
So läuft die Wasserversorgung im Wald
Die eigentliche Wasserversorgung wiederum ist in Wesels Wäldern erstaunlich gut. „Alle ein bis anderthalb Kilometer haben wir eine Wasserentnahmestelle“, erklärt Thomas Verbeet. Der Blick auf die Waldbrandkarte bestätigt das. Dennoch bemüht sich die Feuerwehr, auf alle Eventualitäten vorbereitet zu sein.
So wurde zum Beispiel der Unimog, der 2007 nach dem Sturm Kyrill angeschafft wurde, gleich mit 1200 Meter fertig zusammen gestecktem Schlauch ausgerüstet. Diese selbst ausgetüftelte Ausstattung spart im Ernstfall Zeit – zum Beispiel dann, wenn ein Brand hunderte Meter weit im Unterholz schwelt. Bei Waldbränden rückt der Unimog deshalb standardmäßig mit aus.
Ebenfalls getüftelt wird derzeit an einem anderen Feuerwehr-Fahrzeug, das mit einer Mulde ausgestattet und vor kurzem als Logistik-Fahrzeug angeschafft wurde. Hier sollen demnächst Kupplungen für die Feuerwehrschläuche angeschweißt werden, sodass hiermit nicht nur Schutt weggeräumt, sondern auch 20.000 Liter kurzfristig nutzbares Löschwasser transportiert werden können.