Hünxe/Wesel. Eine Reaktivierung der Trasse Drevenack-Wesel hätte ihren Reiz, ist aber kaum realistisch. Schienen erinnern an die Eisenbahn-Geschichte.

Für Hans-Peter Weis hätte der Gedanke, dass irgendwann wieder Züge am alten Bahnhof Peddenberg in Drevenack einfahren, seinen Reiz. „Mein Okay hätte eine Wiederbelebung“, sagt der Hobby-Heimatforscher und lacht, während er allerdings gleich einschränkt: „Ich befürchte allerdings, das wird nicht bezahlbar sein.“

Auch er kennt die Schienen, die – teils sehr versteckt, weil völlig zugewachsen – neben dem Radweg zwischen dem Ortskern von Drevenack und der Autobahn liegen. Und nicht nur die alten Gleise sind stumme Zeugen, dass hier bis Ende des vergangenen Jahrhunderts Züge entlang ratterten und Drevenack eine Verkehrsanbindung hatte, von der viele heute nur träumen könnten. „Mit dem Zug von Drevenack direkt nach Wesel zu fahren, wäre natürlich eine komfortabele Angelegenheit“, sagt Heimatforscher Weis, der in diesem Zusammenhang erwähnt, dass der Ort durch den Nahverkehr nicht gerade verwöhnt sei.

Bahnhof Peddenberg: Flair des vergangenen Jahrhunderts

Auch der Gedanke, dass der ehemalige Bahnhof Peddenberg so wieder in den Blick geraden würde, hätte für Hans-Peter Weis einiges für sich, umgebe ihn doch „das Flair des vergangenen Jahrhunderts“. Wie berichtet, soll das gesamte Bahnhofsumfeld unter Denkmalschutz gestellt werden. Von 1979 bis 1989 setzte der Historische Schienenverkehr Wesel noch Sonderzüge nach Drevenack ein, wenn dort Schützenfest und Herbstkirmes gefeiert wurde, nachdem die Hamburg-Venloer Bahn bereits 1974 den Betrieb auf dieser Strecke offiziell eingestellt hatte.

Rund um den Bahnhof an der Bahnstraße findet man noch einige  Relikte, die an die Eisenbahn erinnern, wie dieser Hebel an den Schienen direkt hinter dem Edeka-Markt Kirsch. 
Rund um den Bahnhof an der Bahnstraße findet man noch einige Relikte, die an die Eisenbahn erinnern, wie dieser Hebel an den Schienen direkt hinter dem Edeka-Markt Kirsch.  © Johannes Kruck

Danach wurde es still um die ehemaligen Anlagen, die seitdem in eine Art Dornröschenschlaf gefallen zu sein scheinen. Und doch hätten sie ihren Wert für Drevenack, erklärt Heimatforscher Weis: „Wenn man an den Schienen vorbei radelt, wird man auch heute noch daran erinnert, dass hier früher mal Züge fuhren – das sind schon geschichtliche Erinnerungsstücke.“

Hünxe-Drevenack: Bahnhof Peddenberg ist beliebtes Fotoobjekt

Bahnnostalgiker zieht es heute gelegentlich in die Bahnhofstraße nach Drevenack. Hier und im Umfeld der beiden bereits denkmalgeschützten Gebäude nahe der Hünxer Straße halten immer mal wieder Radfahrer an und fotografieren, was noch von der einstigen Bahntrasse zu sehen ist. Auch der Bahnhof Peddenberg sei für viele ein interessantes Bildmotiv, berichten Anwohner der Bahnstraße.

Auch die Warnschilder der Deutschen Bahn sind in die Jahre gekommen.
Auch die Warnschilder der Deutschen Bahn sind in die Jahre gekommen. © Johannes Kruck

Einer, der sich gut mit der Bahngeschichte auskennt, ist Marcus Abram aus Wesel-Büderich. Sein besonderes Interesse für die ehemaligen Bahnstrecken rührt daher, dass sein Vater Bahnbeamter war.

Er erklärt: „Die Bahntrasse zwischen Wesel und Drevenack war ein kleiner Abschnitt der Bahnstrecke Venlo-Geldern-Wesel-Dorsten-Haltern, die wiederum Teil einer transkontinentalen Eisenbahnverbindung zwischen Paris und Hamburg war, der sogenannten Paris-Hamburger-Bahn.“

Durch die Zerstörung der Eisenbahnbrücke zwischen Wesel und Büderich im März 1945 sei ein wesentlicher Teil der Verbindung zerstört worden. Durch die Teilung Deutschlands und Europas nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges ließ die Bedeutung des West-Ost-Verkehrs allgemein nach, die Rheinbrücke wurde nicht wieder aufgebaut, die einzelnen Streckenabschnitte zwischen Venlo und Haltern wurden nach und nach stillgelegt.

Der Personenverkehr auf der Strecke Wesel-Haltern wurde 1962 stillgelegt, der Streckenabschnitt Wesel-Schermbeck wurde noch bis 1974 für den Güterverkehr genutzt, die Streckenabschnitte zwischen Schermbeck, Dorsten und Haltern noch bis in die 1980er Jahre.

Auch Abram erinnert sich: „Zum 150-jährigen Jubiläum der Eisenbahn in Deutschland befuhr der Adler im Jahr 1985 noch als historischer Sonderzug die Strecke Wesel-Haltern.“ Heute fehle es nördlich des Ruhrgebietes an einer West-Ost-Verbindung im Schienenverkehr. Am gesamten Niederrhein und im benachbarten Münsterland gibt es ausschließlich Nord-Süd-Strecken.

CDU hatte 2021 die Reaktivierung angeregt

„Das hat die CDU Wesel vor zwei Jahren dazu bewegt, die Reaktivierung Strecke von Wesel über Dorsten nach Haltern anzuregen“, so der Christdemokrat, der selbst Kreistagsmitglied ist. Doch auch er weiß, dass es wohl ein Wunsch bleiben dürfte, dass Züge noch mal irgendwann den Bahnhof Peddenberg ansteuern: „Die Strecke ist weitgehend entwidmet, in Drevenack und Schermbeck ist sie in kleinen Teilen überbaut, so dass entweder ein Rückbau der auf der Strecke entstandenen Gewerbebauten oder eine Neutrassierung erforderlich wäre“, so Abram.

Der Bahnhof Peddenberg in Hünxe-Drevenack ist ein beliebtes Fotomotiv bei Bahn-Fans.
Der Bahnhof Peddenberg in Hünxe-Drevenack ist ein beliebtes Fotomotiv bei Bahn-Fans. © NRZ | Johannes Kruck

Der Kreistag hatte im März 2021 den Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR) und den Zweckverband Nahverkehr Westfalen-Lippe (NWL) um eine Einschätzung bezüglich einer Reaktivierung der Strecke Wesel-Dorsten-Haltern gebeten. „Während der NWL sich durchaus interessiert gezeigt hat, hat der VRR eher eine negative Beurteilung abgegeben“, sagt Abram, der als Fazit daraus zieht: „Auch wenn derzeit die Signale für eine Reaktivierung der Strecke noch auf rot stehen, hat die Diskussion über die fehlende West-Ost-Verbindung dazu beigetragen, dass künftig wenigstens sogenannte Expressbus-Linien eingerichtet werden.“