Wesel. Gastronomen in Wesel kämpfen mit Personalsorgen, viele Stellen sind unbesetzt, Beschäftige haben sich woanders umgesehen. Ein Betrieb gibt auf.

Die Lage in der Gastronomie bleibt angespannt – trotz der Lockerungen der Corona-Maßnahmen. Währen der Pandemie und der damit einhergehenden Unsicherheit haben viele Beschäftigte die Branche verlassen. Nun klagen Gastronomen aus Wesel, dass ihnen das Personal fehlt.

Ein Blick auf die Beschäftigtenzahlen im Kreis Wesel zeigt: Das sind keine Einzelfälle, sondern ein Problem der ganzen Branche. „Im Kreis Wesel sind aktuell 198 offene Stellen im Gastgewerbe gemeldet. Die Besetzung ist weiterhin schwierig, da die Zahl der gemeldeten Stellen das Angebot an Arbeitskräften deutlich übersteigt“, bestätigt Sabine Hanzen-Paprotta, Pressesprecherin der Arbeitsagentur Wesel. Insbesondere im Service sehe es so aus, „als ob Beschäftigte, die sich während der Lockdowns beruflich verändert haben, nicht mehr in die Gastronomie zurückkommen.“

Mit Thomas Krumme streicht nun der erste Weseler Gastronom deswegen die Segel. „Das Hauptproblem ist die Küche“, berichtet der 60-Jährige, der das Lokal mit Saal und Kegelbahnen im Leo’s am Schepersweg betreibt. Seitdem der angestellte Koch die Küche verlassen hat, haben zwar die langjährigen Küchenmitarbeiter die Küche weiter geschmissen, jedoch ist keiner von ihnen gelernter Koch – eine Dauerlösung konnte das also nicht bleiben. Zumal jeder Krankheitsfall in dieser Situation bedeutet hätte, die Küche schließen zu müssen.

Krumme Gastronomie hört nach 30 Jahren auf

„Wir haben auf allen Plattformen gesucht, es hat sich noch nicht mal einer vorgestellt“, verdeutlicht Krumme. Dabei haben sie wahrlich früh mit dem Suchen angefangen. Im Mai 2021 nämlich, als sich bereits abzeichnete, dass der Koch bald gehen würde. Ausprobiert haben Krummes alles – das Arbeitsamt, spezielle Plattformen für Gastronomie-Personal, Kontakte in der Branche, sogar im Ausland haben sie gesucht.

„Und irgendwann hört der Spaß auf“, sagt Thomas Krumme. Spätestens dann, wenn man nachts wach wird und Sorge hat, wie man die Gäste verköstigen soll. Darum haben seine Frau und er entschieden, ihr Lokal aufzugeben – zum 30. Juni dieses Jahres, fast auf den Tag genau 30 Jahre, nachdem sie an gleicher Stelle angefangen haben.

Dass es die Corona-Pandemie war, die den Personalmarkt so leer gefegt hat, da ist Krumme sicher. „In der Corona-Zeit haben viele gemerkt: Ich kann auch in einer Kantine oder im Krankenhaus arbeiten“, meint er. Und dort sind die Arbeitszeiten nun einmal angenehmer, als im Restaurant. „Ich kenn das ja von mir selber. Man arbeitet, wenn alle anderen frei haben, man ist immer ein bisschen außen vor.“

Weseler Gastronom Heinz Müller berichtet von ähnlichen Problemen

Ähnlich schätzt Gastronom Heinz Müller, der unter anderem das Restaurant am Yachthafen und das Weseler Veranstaltungszelt betreibt, die Situation ein. „Wir arbeiten immer, wenn alle anderen frei haben und feiern wollen“, sagt er. So könne eine Schicht auf der Kegelbahn schon einmal von 19 Uhr am Abend bis drei Uhr morgens dauern, gibt er ein Beispiel. Nicht gerade die schönsten Arbeitszeiten, wenn man etwas von seinem Feierabend haben will. „Das ist im Lebensmitteleinzelhandel schon anders“, sagt er. Denn dahin sind einige seiner Mitarbeiterinnen während der Pandemie abgewandert.

Gastronom Heinz Müller aus Wesel plagen ebenfalls Personalsorgen.
Gastronom Heinz Müller aus Wesel plagen ebenfalls Personalsorgen. © FUNKE Foto Services | Erwin Pottgiesser

„Ja, auch uns hat’s getroffen“, berichtet der 53-Jährige – allerdings nicht in der Küche, sondern im Service. Drei von sieben Mitarbeiterinnen sind gegangen und kommen auch nicht wieder. „Ich kann sie ja verstehen“, betont der Gastronom. „Die Pandemie war sehr lang.“ Schließlich seien die meisten Servicekräfte als Aushilfen beschäftigt, die mit den 400 oder 500 Euro im Monat nebenbei fest rechnen.

Er arbeite zu 95 Prozent mit Aushilfskräften und das, sagt er, sei fast überall so: „Und selbst wenn Sie welche suchen und in Vollzeit einstellen wollen, Sie finden keinen mehr!“ So müssen seine Töchter nun öfter einmal einspringen, wenn alle Stricke reißen auch seine Frau, die eigentlich einen anderen Hauptberuf ausübt. „Sie ist mein Jolly Joker, aber den muss ich öfter ziehen, als mir lieb ist.“ Zwar hat er mittlerweile auch eine neue Aushilfskraft gefunden, dies aber nur über persönliche Kontakte. „Alles andere brauchen Sie gar nicht erst versuchen.“