Wesel. Abgesagte Weihnachtsfeiern, immer weniger Gäste: Die Corona-Welle trifft Gastronomen wie Heinz und Diana Müller aus Wesel mit voller Wucht.
Heinz Müller nimmt kein Blatt vor den Mund, wenn er über seine aktuelle Situation spricht. „Es ist eine Katastrophe, 98 Prozent der Umsätze sind weg“, sagt der Gastronom, der zusammen mit seiner Frau Diana das Restaurant „Zum Yachthafen“ in Wesel betreibt. Abgesagte Weihnachtsfeiern und Geburtstagsessen, Kegelclubs, die sich aufgrund der angespannten Corona-Lage nicht mehr treffen – all das macht seinem Betrieb derzeit zu schaffen.
Eigentlich bringen diese Feierlichkeiten die Müllers in normalen Jahren über den Winter, denn der Yachthafen macht seinen Hauptumsatz in der hellen Jahreszeit. Weil trotz 2G-Regeln immer weniger private Gäste kommen, reduziert das Restaurant seine Karte, schränkt die Öffnungszeiten noch weiter ein.
Der Betrieb ist kein Einzelfall: Die Gastro- und Hotelbranche in Wesel wird von der zugespitzten Pandemie-Lage erneut hart getroffen. „Die vierte Corona-Welle schlägt voll durch. Dazu kommt die Corona-Variante Omikron. Das sorgt für weniger Weihnachtsfeiern, für immer weniger Gäste in Restaurants, für leere Hotelbetten. Und das bedeutet mehr Kurzarbeit“, sagt Karim Peters von der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) für den Kreis Wesel.
Gastro im Kreis Wesel wird hart von der Pandemie getroffen
In kaum einer anderen Branche seien die Auswirkungen wirtschaftlich so zu spüren, meint Peters. Kreisweit würden rund 7200 Menschen im Hotel- und Gaststättengewerbe arbeiten, die Gewerkschaft macht sich Sorgen um deren Jobs. Das Geschäft werde zwar nach der Krise weitergehen, so Peters: „Aber die Durststrecke bis dahin ist das Problem. Wer in Kurzarbeit geschickt wird und mit 60 Prozent seines Lohnes klarkommen muss, der macht das, was jeder machen würde: Der guckt sich woanders um. Viele Beschäftigte seien bereits in andere Branchen abgewandert – oder würden eine klare Perspektive vermissen. Laut NGG haben vor der Pandemie noch 8660 Menschen im Kreis in der Gastro gearbeitet.
Heinz Müller hat derzeit alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter freigestellt, abgesehen von einer Aushilfe. Auch er hat die Erfahrung machen müssen, dass sich Angestellte eine andere Arbeit suchen. „Zum Glück habe ich einige Leute, die den Job aus reiner Freude machen und nicht auf das Geld angewiesen sind“, sagt der Weseler Gastronom.
Weseler Gastronom beklagt kurzfristige Corona-Regeln
Dass die Corona-Regeln angesichts der vielen Neuinfektionen verschärft werden mussten, dafür hat Müller vollstes Verständnis. „Wir sind selbst sehr vorsichtig“, sagt er. „Unseren Weihnachtsmarkt am ersten Adventswochenende haben wir vorsorglich abgesagt, weil wir Sorge hatten, dass die Leute uns überrennen, wenn sonst nichts los ist.“ Eine solche Veranstaltung habe sich nicht gut angefühlt.
Was ihn aber stört, sind die unterschiedlichen und kurzfristigen Ansagen der Politik. „Wir brauchen eine Vorlaufszeit. Wenn der Keller voll ist, muss ich die Sachen auch bezahlen“, so Müller. Konkret bezieht er sich auf die Beschlüsse der vergangenen Bund-Länder-Runde, nach der Clubs und Diskotheken bei einer Sieben-Tage-Inzidenz von über 350 schließen müssen. Einen Tag nach dieser Ankündigung, gab Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst bekannt, dass diese Regel in NRW unabhängig von der Inzidenz gelten wird.
Festzelt in Lackhausen: Müller hält an Plänen erstmal fest
Im Prinzip wäre für Müller ein harter Lockdown, wie es ihn im vergangenen Winter gegeben hatten, sogar die bessere Variante – so wüsste er immerhin ganz klar, woran er ist. Weil die Restaurants weiter offen bleiben dürfen, erhalten die Gastronomen dieses Mal keine Corona-Hilfen. „In den Lockdowns konnten wir besser planen“, sagt Müller.
Sicher scheint: Die unsichere Situation wird sich bis ins nächste Frühjahr ziehen. Ab Februar wollen die Müllers ihr Festzelt in Lackhausen aufstellen, mehrere Karnevalsveranstaltungen sollen dort über die Bühne gehen. Selbst wenn die Vereine ihre Sitzungen jetzt absagen, plant Müller erstmal weiter.
Seine in Eigenregie organisierten Veranstaltungen, wie die Altweiber-Feier und eine Damensitzung, sollen stattfinden, wenn es die Corona-Regeln zu lassen. „Es gilt 2G-plus und jeder muss sich direkt vor dem Einlass bei unserer Teststation testen lassen“, betont er. Statt 2400 Menschen, dürfen maximal 800 ins Zelt. Die Lage will Müller kurzfristig beurteilen – sollte die Situation im Februar solche Feierlichkeiten nicht zu lassen, ist er flexibel. „Absagen ist einfach“, sagt Müller. „Ich kann mir gut vorstellen, den Karneval in den Mai zu verschieben.“
Ans Aufgeben wollen er und seine Frau, die in Wesel zu den Urgesteinen der Gastroszene gehören, gar nicht denken. Ihre Zuversicht haben die beiden trotz der Dauerkrise nicht verloren, sagt Heinz Müller: „Wir werden da durchkommen.“