Wesel. In Wesel sollte ein Schulgebäude aus dem 3D-Drucker entstehen. Im Stadtrat stimmte die Mehrheit von CDU, FDP und Grünen nun überraschend dagegen.

Die Verwaltung hatte auf den ganz großen Wurf gehofft: Ein Vorzeigeprojekt mit Signalwirkung weit über Wesel hinaus sollte der Anbau der Konrad-Duden-Realschule werden, erstellt aus Beton mit einem 3D-Drucker. Weltweit soll es bisher kein vergleichbares Gebäude dieser Größe geben, das in diesem innovativen Verfahren gebaut wurde. Doch aus der Traum von Wesel als Vorreiter-Stadt: Der Rat lehnte die Pläne am Dienstag überraschend mit der Mehrheit von CDU, FDP und Grünen ab.

Dabei hatten sich die Parteien des Jamaika-Bündnisses - abgesehen von den Grünen - bisher durchweg positiv über das Projekt geäußert. So lobte die FDP-Fraktion in der im Dezember auf ihrer Internetseite veröffentlichen Haushaltsrede die innovativen Ansätze der Verwaltung beim Schulbauprogramm, hob dabei besonders das geplante Gebäude aus dem 3D-Drucker hervor und sicherte die volle Unterstützung zu. Ähnlich äußerte sich CDU-Fraktionschef Jürgen Linz bereits Ende November im Gebäudeausschuss. Auch bei den Klausurtagungen der Parteien im vergangenen Herbst wurde das Projekt von Dezernentin Annabelle Brandes vorgestellt und sei auf Zustimmung gestoßen.

Nun also die Kehrtwende. „Ich halte das nach wie vor für eine innovative Idee, aber es gibt zu viele offene Fragen und Unwägbarkeiten“, sagte Linz am Mittwoch auf Anfrage der Redaktion. Neben einem aus ihrer Sicht hohen Prüfungsaufwand bei den Materialien ließen bei der CDU letztlich Klima- und Umweltaspekte die Entscheidung für ein Nein reifen. Für die Beton-Bauweise wird Kies benötigt – „und wir wollen die Abgrabungen am Niederrhein begrenzen“, so Linz. Zudem weist die von der Verwaltung als Alternative vorgeschlagene Holzständerweise die bessere Ökobilanz auf, wenngleich auch der 3D-Druck nach den Berechnungen der Stadt eine positive Bilanz aufgewiesen hätte.

Politik in Wesel: CDU und FDP schließen sich den Grünen an

Damit hat sich die Mehrheit der CDU am Ende der Argumentation der Grünen und dem Umweltverband BUND angeschlossen, der im Vorfeld schon deutliche Kritik an der Idee geäußert hatte. Ulrich Gorris, Fraktionschef der Grünen, war der einzige aus der Reihe der Bündnispartner, der die Ablehnung im Rat begründete. Der Bau aus dem Drucker sei nicht zukunftsweisend und nachhaltig, betonte er. „Der entscheidende Punkt ist für uns nicht die Energiebilanz, sondern die gravierende Kiesdiskussion im Kreis.“ Dem konnte sich auch die FDP anschließen, wenngleich der Fraktionsvorsitzende Michael Oelkers am Mittwoch von einer Entscheidung sprach, „die wir mit schwerem Herzen getroffen haben.“

Für die zuständige Dezernentin Brandes kam das Votum der Ratsmehrheit „sehr überraschend“, wie sie im Gespräch mit der NRZ sagte. Sie bedauert das Ergebnis der politischen Abstimmung : „Der Bau wäre ein Alleinstellungsmerkmal für Wesel gewesen.“ Die Planungen waren bereits ein gutes Stück vorangeschritten, ein Ingenieurbüro beauftragt – auch weil die Verwaltung von einer grundsätzlichen Zustimmung der politischen Mehrheit zu dem Projekt ausgegangen war.

Nun muss neu geplant werden, für den Bau mit Holzständern braucht es unter anderem neue Ingenieure. Welche zusätzlichen Kosten für die Stadt anfallen, konnte Brandes noch nicht beziffern. Fest steht jedoch: Die Schülerinnen und Schüler der Konrad-Duden-Realschule müssen länger auf ihren Anbau warten. Mindestens sechs bis neun Monate zusätzlich sind veranschlagt.