Hamminkeln. Der Spanier aus Sevilla will versuchen, den Spuren des verstorbenen Bruders seiner Großmutter am Niederrhein zu folgen. Ihm bleiben vier Monate.
Auf Schloss Ringenberg wird in den kommenden vier Monaten Spanisch geschrieben. Denn Álvaro Parrilla Álvarez, der dort am 1. März als neuer Stipendiat eingezogen ist und sich am Dienstag den Medien vorgestellt hat, stammt aus dem andalusischen Sevilla. Im Rahmen des Projekts „stadt.land.text NRW“ soll er die Region erkunden, ihre Menschen kennenlernen und seine Eindrücke und Begegnungen schriftlich festhalten. Er ist einer von zehn Autorinnen und Autoren, die bis Ende Juni in den verschiedenen Regionen Nordrhein-Westfalens unterwegs sind. Sie sollen ihre Impressionen in Blog- und Social-Media-Einträgen festhalten und daraus soll dann ein Sammelband entstehen.
Damit Álvaro Parrilla Álvarez´ Texte auch allen zugänglich sind, wird die Literaturübersetzerin Freyja Melsted sie ins Deutsche übertragen. „stadt.land.text NRW“ ist ein Projekt der nordrhein-westfälischen Kulturregionen und des NRW-Ministeriums für Kultur und Wissenschaft. Álvaro Parrilla Álvarez, Jahrgang 1983, ist nicht nur Schriftsteller, sondern auch Drehbuchautor und Regisseur mehrerer Kurzfilme. So werden seine Begegnungen in Hamminkeln und am Niederrhein nicht nur in Texte einfließen – Ziel ist es auch, sie später filmisch umzusetzen.
Jede Woche zwei bis drei Seiten im Netz
Er hat in Sevilla Medienwissenschaften studiert, kam aber bereits 2014 nach Köln, für seinen Kurzfilm „Goldfische“. Bereits im vergangenen Oktober war er einmal auf Schloss Ringenberg, erzählt er, um einen Kurzfilm vorzustellen. Einige Wochen später erfuhr er dann, dass er mit seiner Bewerbung für das Stipendium erfolgreich war. Sein Ziel ist es, künftig jede Woche zwei bis drei Seiten über seine Erlebnisse ins Netz zu stellen – auf Spanisch und Deutsch. Letzteres in der Übersetzung von Freyja Melsted.
Zwar kann sich der neue Schlossbewohner gut auf Deutsch verständlich machen, aber literarische Texte schreibt er dann doch besser in seiner Muttersprache. Wie er genau vorgehen will bei seiner Erkundung der Region, weiß er noch nicht. Er will sie auf sich wirken lassen. Einen Ansatzpunkt hat er jedoch: den verstorbenen Bruder seiner Großmutter, Manolo mit Namen. Der hat fünfzig Jahre lang als Gastarbeiter hier in der Gegend gelebt und Álvaro will sich auf seine Fährte begeben. Die Familie hatte zum letzten Mal 2007 mit ihm Kontakt, und niemand weiß genau, wie der Ort hieß, in dem Manolo gelebt hat.
Der Großonkel spielte Akkordeon
Parrilla Àlvarez hat lediglich zwei Anhaltspunkte: Der Großonkel hat in einer Glasfabrik gearbeitet und in seiner Freizeit Akkordeon gespielt. Parrilla Álvarez wird eine Art Reisetagebuch schreiben, in dem er alles festhält, was ihm auf seiner Spurensuche begegnet. Beginnen wird er mit seinen Erlebnissen im Schloss, so viel weiß er schon. Dass er womöglich gar nichts findet über Onkel Manolo, hat er auch einkalkuliert: „Dann kommt eben reine Fiktion dabei heraus“, sagt er.
Vielleicht inspirieren ihn die Nebel über der Issel, wünschte sich Rita Nehling-Krüger, bei der Stadt Hamminkeln für die Kultur zuständig, als sie den frischgebackenen Schlossbewohner den Medien vorstellte. Einen Gesprächstermin mit einem Hamminkelner Bürger hat er jedenfalls schon: Bürgermeister Bernd Romanski hat Álvaro Parrilla Álvarez ins Rathaus eingeladen.
Die Texte von Álvaro Parrilla Álvarez und den übrigen Autoren und Autorinnen aus den zehn Kultur-Regionen von NRW sind künftig auf https://stadt-land-text.de nachzulesen.