Hamminkeln. Die Stadt Hamminkeln macht immer mehr Schulden. Trotzdem stimmte der Rat dem Haushalt 2022 mit klarer Mehrheit zu. Das sagen die Fraktionen.

849 Seiten dick ist der Ordner. Sein Inhalt: Die Haushaltssatzung der Stadt Hamminkeln und der Haushaltsplan 2022. Das von der Verwaltung mit Kämmerer Robert Graaf und Bürgermeister Bernd Romanski Ende vergangenen Jahres zusammengestellte Zahlenwerk ist bis ins Detail ausgearbeitet. Bis zur Ratssitzung an diesem Mittwoch dürfte auch in den Fraktionen die eine oder andere Stunde mit angeregten Diskussionen ins Land gegangen sein. Letztendlich aber beschloss der Rat den Haushalt mit 29:3-Stimmen, sicherlich mit Bauschmerzen an der einen oder anderen Stelle.

Haushaltsdebatte in Hamminkeln: Das sagen die Fraktionen

Die Grünen um Fraktionschef Johannes Flaswinkel führen die schwierigen Rahmenbedingungen an, die den Haushaltsentwurf begleiten: Die Kosten der Coronakrise, die ungerechte Finanzierung und Ausstattung der ländlichen Kommunen, die Kosten für Hochwasserschutz, steigende Baukosten im Sanierungs- und Neubaubereich, der Unterhalt der Wirtschaftswege und vollkommen unzureichende Landesförderung im Schulbaubereich. „Der Spielraum in diesem Haushalt war mehr als gering“, so Flaswinkel.

Einen hohen Anteil der Gesamtkosten auch in diesem Haushalt nähmen die Personalkosten ein, betonen die Grünen. „Der Stellenplan ist kein „Wünsch-dir-was“, sondern unterliegt der politischen Betrachtung und Beschlussfassung.“ Flaswinkel betonte auch im Rat nochmals, dass die kritische Auseinandersetzung kein Angriff auf die Verwaltung oder Mitarbeiter sei.

Auch die SPD mit dem Fraktionsvorsitzendem Jörg Adams stimmte dem Haushalt zu, der eindeutig die Handschrift ihres Kommunalwahlprogrammes 2020 trage - nämlich Bildung auszubauen, Wohnraum zu schaffen, Finanzen zu stärken und das Klima zu schützen. „Hamminkeln bleibt eine Gemeinde, die hohe Anziehungskraft hat. Dafür verbessern wir auch dauerhaft unsere Infrastruktur und das kommt bei unseren Bürgern gut an.“

Auch die Sozialdemokraten beklagen, dass die Stadt keine Unterstützung durch das Land erfahre. „Dies ist eine der großen Stellschrauben, warum der Haushalt der Stadt weiter defizitär bleibt.“ Die Verwaltung müsse den Bürgern allerdings auch erklären, welche Konsequenzen es hat, wenn man Leistungen einschränkt. „Jede Einsparung hat einen direkten Einfluss auf die Lebensqualität in Hamminkeln. Wenn man anklagt, muss man auch den Mut haben den Bürgern reinen Wein einzuschenken. Diesen Mut sehe ich nicht.“ Wenn die freiwilligen Leistungen zurückgefahren würden, würde der Haushalt deutlich entlastet. „Dafür wird die Lebensqualität deutlich verschlechtert. Auf lange Sicht wird das zum Bumerang, in einer solchen Stadt will keiner leben.“

Friedhofshalle ist wichtiges Thema für die USD

Die USD mit Helmut Wisniewski betonte, dass auch der Haushalt 2022 „durch die Corona-Hilfen geschönt“ sei: Die über fünf Jahre möglichen Coronaabschreibungen würden zwar zunächst helfen, müssten dann aber über 50 Jahre zurückgezahlt werden. „Wir werden den von der Verwaltung erstellten Haushalt mittragen, auch wenn wir wieder mal nicht davon ausgehen, dass alle geplanten Investitionen umzusetzen sind“, so Wisniewski. Weiterhin wichtige Themen für die USD seien die Friedhofshalle, die Bebauung der Grundstücke am Sportplatz Dingden und der Ausbau regenerativer Energieflächen am Klärwerk.

Für die CDU mit Fraktionschef Johannes Bauhaus war es gut und richtig, „dass wir uns für wegweisende Entscheidungen wie den neuen Grundschulstandort Zeit genommen haben, um das Meinungsbild abzurunden.“ Sorgen bereit der Fraktion indes die Zunahme der Neuverschuldung, die Verbindlichkeiten würden Ende 2022 auf über 66 Millionen Euro steigen. „Die seinerzeit aufgestellte und von allen Fraktionen und der Verwaltung beherzigte und praktizierte Vorgabe, die Schulden abzubauen, wird nicht eingehalten und das Ziel ist somit weit verfehlt.“

Aufgrund der erheblichen Investitionen in Schulbauten, auch in OGS, sei eine weitere Zunahme dieser Verbindlichkeiten auch in den nächsten Jahren zu erwarten. Aber die Finanzierung dieser Investitionen müsse auf solider Grundlage stehen. „Deshalb fordern wir: Alle möglichen Förderungen durch Land und Bund oder sonstigen Geldgebern sind festzustellen und zu beanspruchen.“ Auf der anderen Seite stelle die Pandemie die Stadt auch vor „unkalkulierbare finanzielle Belastungen“. Hinsichtlich der Gründung des Wirtschaftswegeverbandes solle man einen neuen Anlauf wagen.

FDP Hamminkeln: Die Vernunft hat gesiegt

Die Vernunft hat gesiegt - leitet die FDP mit Fraktionschef Armin Marth ihre Haushaltsrede ein. Natürlich werfe der geplante Neubau der Grundschule Hamminkeln Fragen auf. „Können wir uns dieses ehrgeizige Projekt überhaupt leisten? Werden die anderen Stadtteile dadurch vernachlässigt? Will sich hier jemand ein Denkmal setzen?“ Fakt sei aber, dass man die Stadt auch in Zukunft attraktiv gestalten müsse. Investition in Bildung bedeute eben auch Investition in die Zukunft. „Schon zum Haushalt 2021 haben wir die Frage gestellt, ob die Verwaltung in der Lage ist, alle geplanten Maßnahmen abzuarbeiten und wollen nicht müde werden, dies auch in 2022 zu tun.“

Die Stadt habe sich ehrgeizige Ziele gesetzt, um die Infrastruktur zu erhalten, die Feuerwehr in ihrer Leistungsfähigkeit zu unterstützen, neue Baugebiete zu erschließen und die Stadt auch ökologisch für die Zukunft zu rüsten. Aber nur durch die Corona-Hilfe könne ein Haushaltssicherungskonzept vermieden werden, dass müsse jedem klar sein. Qualität von Politik sei aber auch im Umgang miteinander zu messen - und daran sollte die Politik arbeiten.

Martin Wente, Fraktionsvorsitzender der FWI, stimmte dem Haushalt nicht zu: „Der Haushalt entspricht nicht unserer Vorstellung von einer verantwortungsvollen Haushaltspolitik. Die Rekordverschuldung von 100 Millionen Euro schränkt in erheblichem Maße die Handlungsspielräume der nachfolgenden Generationen ein.“ Die Arbeit der anderen Ratsfraktionen sei keine generationengerechte, nachhaltige Finanzpolitik. „Ohne Gegensteuerungsmaßnahmen rutschen wir absehbar in die Haushaltssicherung ab. Das Jahr 2022 muss ein Jahr des Umdenkens und Umsteuern für Hamminkeln werden. Vorschläge der FWI-Fraktion liegen vor, werden von der Ampelkoalition bisher aber ignoriert.“