Hamminkeln. Am Dienstag Abend brachte Hamminkelns Kämmerer Robert Graaf den Haushaltsentwurf in den Rat ein. Corona hat Folgen für das Zahlenwerk.
Traditionell bringt Hamminkelns Kämmerer Robert Graaf in der letzten Dezembersitzung des Rates den Haushaltsentwurf für das kommende Jahr ein und berichtet über das vergangene Jahr. Das war auch am Dienstag Abend in der Bürgerhalle Wertherbruch nicht anders. Trotz Corona und der Beschränkung auf 22 Ratsmitglieder. Aber wegen Corona hatte er einige schlechte Nachrichten im Gepäck.
Eines vorweg. Den Erträgen von 63,3 Millionen Euro stehen Aufwendungen von 63 Millionen Euro im nächsten Jahr gegenüber. Dabei hat die Stadtverwaltung bereits Ansatzkürzungen von rund zwei Millionen Euro vorgenommen, die sich vor allem auf Unterhaltungsaufwendungen beziehen. "Wir fahren auf Verschleiß", kommentiert der Kämmerer diese Maßnahme.
Steuererhöhung politisch nicht durchsetzbar
Das ist nach Ansicht des Kämmerers dringend nötig. Denn Gewerbe- oder Grundsteuern erhöhen, hält er politisch für nicht durchsetzbar, auch wenn er haushaltstechnisch dazu durchaus Grund hätte.
Normalerweise geißelt Robert Graaf bei jeder Einführung des Haushalts ausführlich die Einwohnerveredelung, die aus Sicht von Hamminkeln ungerechte Verteilung der Sozialausgaben und die nicht auskömmliche Erstattung für die Versorgung von Flüchtlingen. Das alles kritisiert er immer noch, wenn auch in sehr kurzer Form.
Der Kämmerer im Coronablues
Doch diesmal stimmt er vor allem den Coronablues an. Er macht das zum Beispiel am Gewerbesteuerausgleichsgesetz des Landes fest. Für 2020 rechnet er ab. Geplant waren 9,5 Millionen Euro Einnahmen aus der Gewerbesteuer. Durch Corona gab es von Hamminkelner Unternehmen Herabsetzungsanträge in der Veranlagung und für die 2021er Vorauszahlung in Höhe von 4,8 Millionen Euro.
Verluste, die man sich eigentlich nach diesem Gesetz vom Land erstatten lassen könnte. Wären da in diesem Jahr in Hamminkeln nicht Nachzahlungen aus 2018 und 2019 erfolgt, die zu Einnahmen von 11,3 Millionen Euro in 2020 führten. Das heißt, Hamminkeln blickt, bis auf einen kleinen Beitrag von knapp 300.000 Euro, bei den Erstattungen in die Röhre.
Ärger über Verhalten von Großstädten
Ganz anders, so der Kämmerer, hätten das einige Großstädte gehandhabt. Die hätten, nachdem der Städtetag als Lobby im Mai diese Information gehabt und "durchgesteckt" habe, einfach keine Bescheide mehr verschickt und so ein dickes Minus auf der Einnahmenseite zu verzeichnen, dass nun vom Land ausgeglichen wird. Diese Praxis ärgert Robert Graaf maßlos. Auch den Ratsmitgliedern war Ärger und Fassungslosigkeit anzumerken.
Der zweite Punkt, der ihm die Zornesröte ins Gesicht treibt, ist die Vorgehensweise, wie diese Coronaverluste abgeschrieben werden sollen. Nämlich isoliert ab 2025 über die nächsten 50 Jahre. Auch das hat für Hamminkeln gravierende Folgen, wie die Berechnung für 2020 zeigt.
Bilanz hat nichts mit Wirklichkeit zu tun
Eigentlich hatte die Kämmerei ein Defizit von 100.000 Euro für dieses Jahr eingeplant. Weil aber die Coronakosten in Höhe von 3,6 Millionen Euro nicht in den regulären Haushalt einfließen, gibt es jetzt einen Überschuss von 3,5 Millionen Euro. "Das hat aber mit der Wirklichkeit nichts zu tun", so der Kämmerer. Denn in der Kasse fehlt das Geld trotzdem.
So geht das auch in den nächsten Jahren weiter. Robert Graaf geht von Coronaverlusten in Höhe von 21,7 Millionen Euro bis 2025 aus, die ab dann jährlich mit 434.000 Euro pro Jahr über die nächsten 50 Jahre abgestottert werden müssen. Dieser Betrag entspricht ungefähr dem, was die Stadt jährlich für freiwillige Leistungen wie Bücherei, Bürgerbusse oder der Hilfe für Sportvereine bezahlt.
Graaf wird mehr Kredite aufnehmen müssen
Um Liquiditätsengpässe zu vermeiden, geht Graaf deshalb davon aus, dass er kurzfristig verstärkt Kassenkredite aufnehmen muss. Auch die Neuverschuldung sieht er weiter ansteigen. Das kann ihm als Kämmerer einfach nicht schmecken.