Wesel. Mit Sorge blickt Pfarrer Stefan Sühling auf eine mögliche Spaltung in der Gesellschaft. Pastor Thomas Bergfeld appelliert an die Verantwortung.

Die aktuelle Corona-Situation stellt unsere Gesellschaft auf eine große Herausforderung. Die beiden großen christlichen Kirchen in Wesel blicken einerseits mit Sorge auf Spaltungstendenzen, andererseits fordern sie zur Solidarität auf. „Die Pandemie breitet sich dramatisch aus. Deshalb sind wir zur Solidarität verpflichtet und müssen deshalb alle unsere Kontakte zurückfahren. Es darf nicht noch mal dazu kommen, dass Kindergärten und Schulen wieder schließen müssen“, sagt Stefan Sühling, der Pfarrer von Sankt Nikolaus Wesel.

Ankündigungen könnten Wirkung zeigen

Der 56-Jährige hat aber die Hoffnung, dass „die Androhung von 2G“ in weiten Teilen des öffentlichen Lebens Wirkung zeige und die bisher Impfunwilligen sich jetzt einen Rück geben. „Man sieht ja in Bayern, dass es wirkt: Direkt nach der Ankündigung von 2G haben sich lange Schlagen vor den Impfzentren gebildet“, ergänzt Sühling.

Stefan Sühling, Pfarrer von Sankt Nikolaus Wesel
Stefan Sühling, Pfarrer von Sankt Nikolaus Wesel © Bistum Münster | Christian Breuer

Es brauche eigentlich gar keine Impfpflicht, so der Pfarrer, schon „das Aufzeigen der Konsequenzen für Ungeimpfte“ werde eine spürbare Wirkung zeigen. Für die katholische Kirche sagt er: „Wir – und auch ich als Pfarrer – rufen gerne dazu auf, sich impfen zu lassen. Gerade das Aufkommen der neuen Omikron-Variante nötigt uns diese Solidarität ab!“ Andererseits macht sicht Stefan Sühling Sorgen über einen „Riss in unserer Gesellschaft“. Er befürchtet „einen wachsenden Unmut der Ungeimpften“ – dies stimme ihn „äußerst nachdenklich“.

Verantwortung übernehmen

Thomas Bergfeld von der evangelischen Kirchengemeinde Wesel sieht viele Dinge ganz ähnlich. Der Pastor vom Weseler Willibrordi-Dom appelliert an das Verantwortungsgefühl – nicht nur das der Christen. „Wir sollten uns alle fragen, was wir selber tun können, um die Pandemie einzudämmen. Das gilt gleichermaßen fürs Reduzieren nicht unbedingt notwendiger Kontakte wie auch für das Tragen der Maske und natürlich fürs Impfen.“

Der 51-Jährige erklärt: „Wir sind bei uns in der Gemeinde jetzt wieder in Richtung Vorsicht unterwegs.“ Unter anderem sei die beliebte Seniorenadventsfeier abgesagt worden. Viele der ursprünglich Eingeladenen, hätten vorher schon sicherheitshalber dankend abgesagt.

Bergfeld erinnert daran, dass zur christlichen Nächstenliebe auch der Schutz des Lebens und die Unversehrtheit anderer gehöre. Das müsse jeder gerade jetzt bei alle seinem Handlen stets mitbedenken. Der Geistliche rät auch zu freiwilligem, aber „echten“ Verzicht und kritisiert in diesem Zusammenhang so manche Fastenaktion: „Teilweise ist das ja nur symbolisch, wenn man sieben Wochen keine Schokolade isst oder sagt, man wolle mal sieben Wochen ohne Lügen oder ohne Angst leben.“

Kein Recht auf Konsum und Vergnügen

Ab und zu mal auf etwas verzichten, würde uns allen guttun, ergänzt der Pastor. Davon sei auch schon in der Bibel an mehreren Stellen die Rede: Paulus habe beispielsweise darauf hingewiesen, dass durch Verzicht an anderer Stelle neue Freiheiten gewonnen werden könnten. Übertragen auf die aktuellen Corona-Einschränkungen sagt Thomas Bergfeld dazu: „Ein Recht auf Konsum und Vergnügen ist mir zu hochgegriffen.“ Der Geistliche hofft, dass Veranstaltungen zur Ausübung des Glaubens weiter unter 3G-Bedingungen möglich sind. „Sich mindestens testen zu lassen, sollte für jeden zumutbar sein“, so Bergfeld.