Am Niederrhein. Der VdK-Kreisverband fordert die Kreise Wesel und Kleve sowie die Stadt Duisburg auf, eine Sozialbilanz zur Pandemie zu erstellen.

Der VdK-Kreisverband am Niederrhein ist eine große Organisation – die Mitgliederzahlen des Sozialverbandes steigen auch in 2021 weiter an. Aktuell sind es 30.853 Mitglieder, die sich auf den Kreis Wesel mit 44 Prozent (13.618 Mitglieder), auf den Kreis Kleve mit 27 Prozent (8.537) und die Stadt Duisburg mit 28 Prozent (8.698) verteilen. Der Verband dürfte in den nächsten Wochen die Marke von 31.000 Mitgliedern überschreiten, auch wenn der Zuwachs mit 1,74 Prozent nicht so hoch wie in der Zeit vor Corona ist.

Momentan treibt Horst Vöge, Vorsitzender des Kreisverbandes und auch Landesvorsitzender, die Pläne zur Neukonzeption der trägerunabhängigen Pflegeberatung um. „Wir befürchten ein bürokratisches Monstrum“, so Vöge. Der Verband erwartet eine Einschränkung der Wahlfreiheit, „lediglich um Kosten einzusparen.“ Auch bei der Kreisverwaltung stehen die Pläne auf der Agenda, beispielsweise im Sozialausschuss am 24. November.

VdK wünscht eine unabhängige Beratung

Der VdK fragt sich, welche Rolle die Berater künftig haben werden und wie deren Beratung ausgestaltet sein wird: Haben sie eine medizinische Ausbildung, zu welchen Themenkomplexen können sie beraten? „Viele Fragen dazu werden seitens der Kreisverwaltung nicht beantwortet“, beklagt Vöge. Zudem liege die Vermutung nahe, dass eine eine doppelte Pflichtberatung vom Medizinischen Dienst und der Kommunalen Pflegeberatung angestrebt werde.

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„Wir wollen eine unabhängige Beratung, keine Zwangsberatung“, so Vöge. Hierzu habe er den Landrat angeschrieben, der das Thema bei der Fachtagung der „Kommunalen Konferenz Alter und Pflege“ am 30. November beraten will. 15 Minuten seien dafür angesetzt. „Das halten wir für minimal und einseitig - für uns ist das ein wichtiges Thema“, betont Vöge. „Wir wollen, dass es den zu Pflegenden gut geht.“

Vor diesem Hintergrund regt der VdK stattdessen eine Fachkonferenz zum Thema „Pflege, Beratung und Versorgung im Kreis Wesel“ an. Hier wären Politik, Träger und Sozialverbände einzubinden. Und die abschließenden Beratungen im Kreistag, so der VdK-Vorschlag, sollten unter Einbezug der Ergebnisse solch einer Konferenz 2022 stattfinden. Denn das Thema brennt unter den Nägeln: Derzeit gibt es rund 27.000 zu pflegende Bürger allein im Kreis Wesel, in NRW sind es rund eine Million.

Spannungsbogen zwischen Grundrechten und staatlicher Fürsorge

Eine wichtige Rolle spielt beim VdK derzeit auch das Thema „Corona und Pflege“ - vor dem Hintergrund der vierten Welle. Spätestens seit der Übertragung der Verantwortung und Beschränkungen aufgrund eines Anstiegs der Infektionsrate auf die Landkreise und kreisfreien Städte hätten diese wichtige Entscheidungen zu treffen in einem Spannungsbogen zwischen staatlicher Fürsorge und den Grundrechten. Der VdK-Kreisverband fordert die Kreise Wesel und Kleve sowie die Stadt Duisburg auf, „eine Sozialbilanz zur vorläufigen Bewältigung der Coronapandemie zu erstellen.“ Auf dessen Grundlage sollten Schlussfolgerungen für die künftige Gestaltung der Gesundheits- und Sozialpolitik gezogen werden.

Im Rahmen einer Maßnahmenanalyse sollten Stärken und Schwächen bei der Bewältigung der Pandemie herausgearbeitet werden. „Nur so können wir Änderungen vorantreiben“, betont Svenja Weuster, Geschäftsführerin des VdK-Kreisverbandes. Zudem sollte die Situation in so genannten kritischen Einrichtungen wie Krankenhäusern, Pflegeeinrichtungen, Bildungseinrichtungen und auch der Kommunalverwaltung begutachtet werden - inklusive der Situation des Personals dort.

Keine Erreichbarkeit am Wochenende

Weitere Punkte für den VdK sind das bürgerschaftliche Engagement (Vöge: „Man ruft lieber nach der Bundeswehr als nach den Bürgern“), der Schutz und die Hygiene, aber auch die Erreichbarkeit und Kommunikation in der Pandemie. „Nicht alle sind digital unterwegs, da muss man zweigleisig fahren“, findet Svenja Weuster. „Dazu gehört auch die Erreichbarkeit am Wochenende - der Kreis hat es immer noch nicht geschafft, das zu ändern.“

Politik und Kreis machten Ansagen, die nicht erfüllt würden. Man bräuchte vermehrt niedrigschwellige Impfangebote, statt großer Impfzentren. Vermehrt erreichten den VdK derzeit auch Anrufe von hilfesuchenden Bürgern. „Die Situation bedrängt und beängstigt uns“, sagt Vöge. „Aber wir erleben gerade einen Tiefpunkt der politischen Verantwortung.“