Wesel. Die Weseler Drogenberater nutzen einen bundesweiten Aktionstag, um auf die Probleme vor Ort hinzuweisen. Corona und der Herbst verschlimmern sie.
„Suchtberatung kommunal wertvoll“ war am Mittwoch das Thema des bundesweiten Aktionstags Suchtberatung: Es geht darum, Aufmerksamkeit auf die häufig nicht bemerkte Arbeit der Suchtberater zu lenken. Dabei gibt es viel zu tun, wie Martin Peukert, Barbara Lübbehusen und Susanne Sobik von der Weseler Drogenberatung berichten: 398 Menschen haben sie im vergangenen Jahr beraten, darunter 38 Minderjährige und 116 Kunden unter 25 Jahren.
Die Jungen, erläutert Peukert, haben sehr unter Corona gelitten: Sie konnten sich kaum mit Gleichaltrigen treffen, es gab keinen Vereinssport. „Für viele war die Onlinebeschulung ein Problem.“ Im Ergebnis leiden sie unter Frust, Langeweile, mitunter Depression.
Manche griffen erneut zur Droge, manche zum ersten Mal – weiteres Problem ist ein exzessiver Medienkonsum. Auch das ist ein Thema für die Suchtberatung. „Und jetzt kommt die dunkle Jahreszeit, hinzu die Vorweihnachtszeit.“ Viele Suchtkranke verbinden mit Weihnachten keine guten Erinnerungen. Jetzt ist die Zeit, in der Depressionen sich verstärkten, die Betreuer die Menschen auffangen müssen.
Aktivitäten für Kinder und ihre Familien sind aktuell sehr gefragt
Das tun sie – und kümmern sich auch um die Kinder der Suchtkranken, die häufig Leidtragende der Situation sind. Susanne Subik berichtet von den „Fit Kids“-Aktivitäten: Eine Ferienfreizeit in der Eifel in einem Haus mit Pool war zweifellos einer der Höhepunkte für die Kinder. Hinzu kamen Ausflüge mit der gesamten Familie, eine Eselwanderung in Goch und eine Kajaktour mit fünf Familien.
Das Irrland in Kevelaer war Ziel eines Tagesausflugs, an dem trotz starken Regens 45 Kinde rund Eltern teilnahmen. Bastelbrunch, Weihnachtswunschbaumaktion, Adventsmarkt und mehr stehen in den kommenden Wochen an. Dass die Fachleute Suchtkranke beraten, ist weitgehend bekannt. Doch auch Erzieher, Tagespflegeeltern, Lehrer und anderes Fachpersonal, das mit dem Thema in Kontakt kommt, kann sich schulen lassen.
Ein Anlass zum Rückblick für die Drogenberatung Wesel
2021 ist für die Suchtberatung ein Anlass zum Rückblick: Es ist 25 Jahre her, dass der Kreis Wesel mit der Substitutionsberatung begonnen hat. Seinerzeit gab es vier Beratungsstellen, die jeweils zehn Klienten betreuen konnten: Moers, Kamp-Lintfort, Wesel und Dinslaken - ein Tropfen auf den heißen Stein aber ein Anfang.
Die Szene war anders als heute, erinnert sich Martin Peukert: „Damals gab es viele Heroinabhängige, die Alltagsarbeit war anders.“ Weil es kaum Substitution gab, haben sich Frauen und auch Männer prostituiert, um an Geld für die Droge zu kommen. Viele Abhängige landeten im Gefängnis, weil sie kriminell wurden. Allerdings hatte man damals geglaubt, die Süchtigen würden durch die Substitution ‘geheilt’, sagt Barbara Lübbehusen – das das nicht so ist, wurde schnell klar, die Betreuung erweitert. „Die Menschen leben und sterben mit Substitution.“
Dennoch hat sie viel gebracht: Die Kriminalität ist rückläufig, Prostitution spielt keine große Rolle mehr. „Viele können heute einer Arbeit nachgehen, zum Teil auch im Ersten Arbeitsmarkt“, erläutert Peukert. „Sie können ihren Alltag bewältigen, ihre Kinder erziehen und die Familien bleiben zusammen.“ Allerdings gibt es nach wie vor zu wenig Ärzte, die substituieren.