Kreis Wesel. Bisher wurden nur Schutzmaßnahmen für Gehegewild gefördert. Der Kreis Wesel plant nun auch Rinder- und Pferdehalter zu unterstützen.

Gute Nachrichten vor allem für Rinder- und Pferdehalter im Wolfsgebiet Schermbeck: Der Kreis Wesel plant ein Projekt, mit dem künftig auch Schutzmaßnahmen vor dem Wolf für deren Tiere finanziell unterstützt werden. Bisher war Förderung auf „Gehegewild“ (also Schafe, Ziegen und Damwild) beschränkt. Nun scheint eine Ausweiterung der Tierarten kurz bevorzustehen.

Zum Hintergrund erklärt Klaus Horstmann, Fachbereichsleiter für Naturschutz, Landwirtschaft, Jagd und Fischerei beim Kreis Wesel: „Wir haben, was die Finanzierung und die Förderung von Herdenschutz bei Schafen und Ziegen angeht, die Voraussetzung dafür geschaffen – diese Möglichkeiten haben wir aber nicht bei Rindern und bei Pferden.“

Er ergänzt: „Das Land ist damit zu Gange, zu gucken, ob diese Weidetiertarten auch in die Fördermaßnahmen mit aufgenommen werden. Aber solange kein richtiger Übergriff auf Rinder oder Großpferde stattfindet, können keine Fördermittel zur Verfügung gestellt werden.“

Klaus Horstmann, von der Unteren Naturschutzbehörde im Kreis Wesel, erklärt Sicherungssysteme für die Tierhaltung im Wolfsgebiet.
Klaus Horstmann, von der Unteren Naturschutzbehörde im Kreis Wesel, erklärt Sicherungssysteme für die Tierhaltung im Wolfsgebiet. © FFS | Markus Weissenfels

Doch nun wolle der Kreis Wesel einen Sonderweg gehen, nachdem er sich mit einem Kollegen aus einem Wolfsgebiet in Niedersachsen ausgetauscht habe, wo ebenfalls Schutzmaßnahmen für Rinder und Pferde gefördert werden: „Wir haben da ein bisschen antizipiert und wir wollen über ein kleines Projekt hier im Wolfsgebiet in einzelnen Betrieben Herdenschutz für Mutterkühe und Pferde mal exemplarisch umsetzen, weil wir im Moment keine Fördermöglichkeiten des Landes haben“, so Horstmann.

Hilferufe von Weidetierhaltern

Er werde sich mit seiner Behörde jetzt darum bemühen und sei optimistisch, dass er„den einen oder anderen Financier“ bekomme, der den Kreis dabei unterstütze. Kühe- und Pferdehalter hätten sich mit Hilferufen an den Kreis gewendet.

Viele Schafsherden sind mittlerweile gut geschützt: So auch die Schafe von Züchterin Christiane Rittmann am Elsenweg in Schermbeck-Gahlen.

Allerdings hat sie in den vergangenen Jahren ständig aufrüsten müssen. Jetzt sieht sie ihre Herde gut geschützt, sagt aber rückblickend: „Im April 2018 wurde das erste Schaf gerissen – am Anfang hat alles viel zu lange gedauert, das war echt schlecht. Zuletzt ging es jedoch wirklich flott, als wir die Hunde gefördert bekommen haben“, so die Züchterin. Sie erläutert, dass der Wolf es trotz eines 1,20 Meter hohen Zaunes geschafft habe, in das Gehege einzudringen. Jetzt ist der Zaun sogar 1,40 Meter hoch – sechs Litzen mit 2500 Volt sollen zudem dem Wolf „den Appetit auf Schaf“ mit einem ordentlichen Stromschlag gründlich vermiesen.

Ein Elektrozaun mit 2500 Volt sichert eine Weide für Schafe in Schermbeck-Gahlen.
Ein Elektrozaun mit 2500 Volt sichert eine Weide für Schafe in Schermbeck-Gahlen. © FFS | Markus Weissenfels

Doch richtig ruhig schlafen kann Christiane Rittmann erst, seit sie die beiden Pyrenäenberghunde als Beschützer ihrer Herde bekommen hat. Die Anschaffung beider Hunde wurde gefördert – immerhin kostet jedes Tier 6000 Euro, ergänzt die Gahlenerin erleichtert.

Unterhalt der Hunde wird nicht gefördert

Allerdings müsse sie pro Hund jährlich zwischen 1800 bis 2000 Euro für die Unterhaltung ausgeben, was leider nicht gefördert werde.

Kuriosum am Rande: Das Hundepaar hat – obwohl es eigentlich nicht hätte sein sollen – inzwischen sogar dreifachen Nachwuchs bekommen. Einer der Welpen wurde schon verkauft, die beiden anderen unterstützen jetzt die Alttiere bei der Bewachung der Schafe.

Wanderschäfer Maik Dünow aus Wesel-Lippedorf, der sogar 2.500 Euro Jahres-Unterhalt pro Hund errechnet hat, berichtet von noch anderen Problemen mit den Herdenschutzhunden: „Die Bevölkerung reagiert auf Herdenschutz mit Befremden, weil das für alle etwas Neues ist. Die Hunde müssen Gefahr verbellen - und das machen sie auch mitten in der Nacht, wenn eine Katze, ein Mader oder ein Fuchs an der Weide vorbeiläuft.“

„Bevölkerung muss Herdenschutz zulassen“

Der Schäfer ergänzt: „Wir Weidetierhalter müssen uns in den nächsten Jahren mit dem Wolf arrangieren, wir haben keine andere Chance: Wir müssen unsere Herde mit Hunden beschützen.“ Aber die Bevölkerung müsse den Herdenschutz auch zulassen.

Zur Aufklärung werden jetzt an den Schafweiden Schilder aufgestellt, die über die Herdenschutzhunde informieren. Doch noch lange nicht alle Schafzüchter haben überhaupt Anspruch auf diese teuren Schutzhunde.

Auch viele andere Fördermaßnahmen zum Schutz vor dem Wolf seien mit dem „geringen Etat für Naturschutz“ im Land NRW leider nicht zu stemmen, kritisiert Christian Chawallek, Vize-Landesvorsitzender des Naturschutzbundes.

Immerhin: Der Kreis Wesel versucht, zu beraten und zu helfen, wo es geht. Kreiszüchterberater Ludwig Hermanns steht dafür unter 0174-9897312 mit Rat und Tat zur Verfügung.