Schermbeck. Bürgerinitiative „Zwei Grundschule für Schermbeck“ stoppt das Klage-Verfahren gegen die Gemeinde. Das dürfte nicht nur den Bürgermeister erfreuen.
Auf diese Entscheidung haben viele in Schermbeck – allen voran Bürgermeister Mike Rexforth – sehnlichst gewartet. Nachdem die Bürgerinitiative „Zwei Grundschulen für Schermbeck“ nun ihre Klage gegen die Gemeinde wegen der rechtlichen Ablehnung des Bürgerbegehrens zurückgezogen hat, können die Planungen für die zukünftige Grundschul-Landschaft in Schermbeck fortgesetzt werden. Spätestens bei der kommenden Ratssitzung am 6. Oktober dürfte die Politik dafür nun die Weichen stellen.
Beim Erörterungstermin vor dem Verwaltungsgericht Düsseldorf hatte Bürgermeister Mike Rexforth die Bürgerinitiative „Zwei Grundschulen für Schermbeck“ inständig gebeten, das Klageverfahren wegen der Ablehnung des Bürgerbegehrens gegen den Abriss der beiden Grundschulen zu beenden.
Dem hat die Bürgerinitiative nun entsprochen und beim Verwaltungsgericht den Abschluss des Verfahrens beantragt.
Ratbürgerentscheid im Sommer 2020
„Wir folgen der Argumentation des Anwalts der Gemeinde, dass ein weiteres Bürgerbegehren lediglich eine Wiederholung des Ratsbürgerentscheids vom vergangenen Sommer wäre“, so die Bürgerinitiative. 75 Prozent der teilnehmenden Schermbecker hatten sich damals gegen einen Neubau einer großen Grundschule auf einem freien Grundstück an der Weseler Straße entschieden.
„Insofern war unser Bürgerbegehren für den Erhalt der beiden Grundschulstandorte gleich mitbeantwortet“, so Thomas Bolte für die Bürgerinitiative.
Es sei schließlich unwahrscheinlich, dass sich bei einer weiteren Bürgerbeteiligung auf einmal eine Mehrheit für einen Abriss der katholischen Bekenntnisschule und den Neu- und Umbau der bisherigen Gemeinschaftsgrundschule zu einer neuen großen Schule aussprechen würde.
Aber auch drei weitere Gründe habe die Bürgerinitiative zur Beendigung des Verfahrens bewegt: Erst im Juli dieses Jahres hatte das Verwaltungsgericht erklärt, dass bis zu einer endgültigen Entscheidung der rechtlichen Fragen rund um die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens zwei weitere Jahre ins Land ziehen könnten. Ein nächster Termin in Düsseldorf sei für September angesetzt, werde nun vermutlich aber nicht mehr stattfinden.
„Das Verfahren hatte rechtlich ohnehin nie aufschiebende Wirkung. Und die Aussicht, vielleicht erst in zwei Jahren ein im Grunde bereits beantwortetes Bürgerbegehren durchführen zu können, ist für den Großteil unserer rund 100 Mitstreiterinnen und Mitstreiter keine ernsthafte Perspektive – vor allem, weil ihre eigenen Kinder längst auf weiterführende Schulen gehen oder bereits in ein, zwei Jahren dorthin wechseln“, so Bolte. Die kritische Auseinandersetzung mit der Grundschulpolitik in Schermbeck sei nun „Aufgabe der nächsten Generation“.
Schermbecks Finanzssituation mitentscheidend
Ein zweiter Grund sei die Tatsache, dass Schermbecks Finanzsituation momentan ohnehin keinen Abriss werthaltiger Bausubstanz und teure Neubauten zulasse. „Es kommt ja nicht von ungefähr, dass der stets mahnende Kämmerer der Verwaltung zum Jahresende das Handtuch wirft. Da erübrigen sich alle Warnungen zu fragwürdigen Millionenprojekten“, so die Bürgerinitiative.
Höhere Grundsteuern für alle Schermbecker seien vermutlich bereits nicht mehr vermeidbar, ließen sich aber durch eine diszipliniertere Ausgabenpolitik auf einem noch erträglichen Niveau halten.
Dazu sei aber eine ehrliche Abwägung entbehrlicher Projekte nötig. Die Baukosten seien auf einem Rekordniveau, die Baufirmen in NRW die nächsten Jahre mit dem Wiederaufbau in den Gebieten der Flutkatastrophe beschäftigt. „Wir haben immer empfohlen, an beiden Grundschulstandorten schrittweise Sanierungen und Umbauten mit Fördergeldern vorzunehmen, wie es andere Städte tun, um die Belastungen für die Gemeindefinanzen und kommende Generationen so gering wie möglich zu halten. Das bleibt für die nächsten Jahre vernünftiger denn je.“
Ein dritter Grund sei die Tatsache, dass es angesichts der zunehmenden Klimakatastrophen kein „Weiter so“ und auch kein „Höher, schneller, weiter“ mehr geben dürfe – auch nicht in Schermbeck. Beton sei einer der größten Klimakiller.
Im Sinne der Nachhaltigkeit
Wenn der Kampf gegen den Klimawandel in Schermbeck kein reines Lippenbekenntnis bleiben solle, müsse Nachhaltigkeit vor Ort endlich auch jenseits reiner Symbolprojekte wahrhaftig gelebt werden. Dazu zähle der schonende Umgang mit knappen Ressourcen und die Vermeidung unnötiger CO2-Emissionen. Das CO2, das die Baubranche vor allem über die Herstellung von Zement jährlich ausstoße, sei für knapp 40 Prozent der Emissionen von Kohlenstoffdioxid weltweit verantwortlich. Bezahlbarer und energieeffizienter neuer Wohnraum sei nach wie vor nötig – bei allen anderen Bauprojekten sei aus Sicht von Nachhaltigkeitsexperten aber immer die CO2-Bilanz abzuwägen. „Abreißen und neu bauen ist hier die schlechteste Alternative fürs Klima. Egal wie energiesparsam ein Neubau auch ist, die CO2-Bilanz bleibt wegen der immensen grauen Energie beim Bau für viele, viele Jahrzehnte tiefrot.“
Erhalt und Sanierung beider Grundschulstandorte
Insbesondere mit Blick auf die vielen Vorteile, die laut unzähligen Studien kleine, familiäre Grundschulen für Schüler bieten, hält die Initiative „Zwei Grundschulen für Schermbeck“ einen Erhalt und eine Sanierung der beiden Grundschulstandorte mit Fördermitteln weiterhin für zielführend, kosteneffizient, klimafreundlich und nachhaltig.
„Leider ging es in der Schulfrage oft lediglich darum, was verwaltungstechnisch effizienter ist und wie sich etwa der hervorragende innerörtliche Standort der ehemaligen Maximilian-Kolbe-Grundschule als Baugrundstück nutzen lässt.“
Die Initiative geht davon aus, dass das Ergebnis des Ratsbürgerentscheids vom Sommer 2020 sowie eine Berücksichtigung der immer drängenderen klimarelevanten und finanziellen Aspekte auch ohne weiteren Bürgerentscheid zu einer Neubewertung in der Grundschulfrage führen dürfte. „Letztlich sind wir über jeden Tag froh, an dem die Schermbecker Kinder noch eine glückliche Schulzeit an kleinen, familiären Grundschulen erleben dürfen“, so die Initiatoren.