Wesel. Am Sonntag verabschiedet sich die Gemeinde von der Stadtkirche St. Mariä Himmelfahrt in ihrem gewohnten Erscheinungsbild. Der Umbau beginnt.

Wenn es am Sonntag heißt, Abschied von der alten Stadtkirche St. Mariä Himmelfahrt in der gewohnten Form zu nehmen, wird das coronabedingt nur im kleinen Rahmen möglich sein: Lediglich 80 Besucher sind zum feierlichen Gottesdienst zugelassen und die Plätze sind für Gemeindemitglieder reserviert. Pfarrer Stefan Sühling bittet daher darum, sich nicht spontan für einen Besuch zu entscheiden, „ich möchte niemanden fortschicken müssen“.

Es soll nicht der letzte Gottesdienst sein, sondern nur der „vorerst“ letzte. Nach dem Umbau werden im großen Kirchenschiff voraussichtlich noch an hohen Feiertagen wie etwa Weihnachten und Ostern Messen gefeiert. Für alle übrigen Gottesdienste steht die unterirdische Krypta bereit, die über einen Aufzug barrierefrei erreichbar sein wird.

Die Kirche war zu groß geworden für die Gemeinde

Die Nacht der Chöre in der St. Mariä Himmelfahrt Kirche im Rahmen der 17. Weseler Kulturnacht am Samstag, 15.09.2018 in Wesel. ***Local Caption*** Foto: Markus Joosten / FUNKE Foto Services
Die Nacht der Chöre in der St. Mariä Himmelfahrt Kirche im Rahmen der 17. Weseler Kulturnacht am Samstag, 15.09.2018 in Wesel. ***Local Caption*** Foto: Markus Joosten / FUNKE Foto Services © FUNKE Foto Services | Markus Joosten

Die Kirche war in einem traurigen baulichen Zustand und sie war schlicht zu groß geworden. Nach einem Architektenwettbewerb setzte sich 2017 der Entwurf von Franz-Jörg Feja vom Büro Büro „Feja + Kemper Architekten“ durch, der inzwischen modifiziert worden ist.

Herzstück ist ein verglaster Raum im Raum - geeignet für Konzerte, Ausstellungen und andere Veranstaltungen. Dazu gehört ein geräumiges Foyer, das Gelegenheit für Begegnungen bietet. Der Kirchturm soll künftig frei stehen, Pfarrhaus und Zentralrendantur – sie war zu klein geworden – sollen Ende August abgebrochen werden.

Letzter öffentlicher Stand der Planungen: Ein neuer, zweistöckiger Verwaltungsbau soll an der Antonistraße entstehen, durch einen gläsernen Gang mit der Kirche verbunden. Hier sollen Sanitärräume und eine Küche untergebracht werde, im zweiten Geschoss Sitzungsräume. Ob sich an dieser Planung noch wesentliches verändert hat, will Pfarrer Sühling in der kommenden Woche im Detail vorstellen.

Am Anfang stand ein Dominikanerkloster

Das Gotteshaus St. Mariä Himmelfahrt hat eine Geschichte, die bis in das Jahr 1291 zurückverfolgbar ist, als Graf Dietrich von Kleve den Dominikanern ein Grundstück zur Verfügung stellte. Es entstand an dieser Stelle ein Kloster, 1293 bis 1296 auch eine Kirche. Spätere Kirchenbauten ersetzten das Kloster, die im Laufe der Jahrhunderte ihr Gesicht änderten: zunächst gotisch, dann barock, schließlich neugotisch. Historisch an der heutigen Erscheinung des Gotteshauses sind lediglich Erdgeschoss mit Portalvorhalle geblieben: Alles andere mit Ausnahme der Krypta wurde im Bombenhagel des Zweiten Weltkriegs zerstört. Zwar blieb der Turm zum Teil stehen, aber er war so beschädigt, dass er 1961 abgebrochen werden musste. Architekt Rudolf Schwarz erbaute das Gotteshaus 1952 neu in der aktuellen Gestalt. Generationen von Weselern verbinden ganz persönliche Erinnerungen mit diesen Mauern, an Gottesdienste, Hochzeiten, Taufen, Kommunionsfeiern. Der Umbau soll nun Raum für Neues schaffen.

Die Krypta, nach dem Krieg und nun in Zukunft wieder Gottesdienstraum, ist in den 30er Jahren auf den Fundamenten einer sehr alten Krypta erbaut worden. Der Boden ist geschichtsträchtig. Laut einer Inschrift sind hier die Gebeine von Herzog Adolf II. von Kleve und seiner Frau Maria von Burgund beigesetzt, die ihr ursprüngliches Grab auf der Gravinsel gewählt hatten.

Gebeine des Herzogenpaars wurden umgebettet

Im Zuge der Wirren des Achtzigjährigen Krieges und nach der Zerstörung des dortigen Kartäuserklosters wurden die Gebeine 1590 hierher zu den Dominikanern überführt. Wo genau der Herzog und seine Frau ihre letzte Ruhe gefunden haben, ist nicht dokumentiert, auch ist es möglich, dass sich die Fundamente weiterer Vorgängerbauten hier im Erdreich finden. Die Arbeiten könnten spannend werden und den Bodendenkmalpflegern neuen Aufschluss über die Geschichte des Ortes bieten.