Wesel. Marion Barche erkrankte schwer an Covid-19. Dennoch hält die Kita-Leiterin es für richtig, dass die Tagesstätten zum Regelbetrieb zurückkehren.

Das Corona-Jahr hat auch die Fachkräfte in den Kitas besonders gefordert. Marion Barche kann ein Lied davon singen. Die Leiterin des Familienzentrums am Lutherhaus verfügt eigentlich über eine robuste Gesundheit. Auch sie hat anfangs gedacht, Covid-19 sei eine Art Grippe, räumt sie ein. Bis sich das Virus trotz aller Vorsicht in der Kita ausbreitete und die 49-jährige schwer erwischte. Vier Wochen war sie außer Gefecht, kämpfte danach noch lange mit den Folgen.

Die Einrichtung blieb zeitweise wegen der Infektionen geschlossen. Noch heute, Monate später, sie Angst, dass sich das Virus erneut einschleicht, sagt Marion Barche. Dass die Tagesstätten in den eingeschränkten Regelbetrieb gestartet sind, hält sie dennoch für richtig.

Kita-Fachkräfte können keinen Abstand halten

Die Arbeit in der Kita hat sich für die 13 pädagogischen Fachkräfte verändert. Untereinander dürfen sie in den Gruppen nicht aushelfen, was bei Erkrankungen zu Problem werden kann. 46 Kinder besuchen die Einrichtung am Lutherhaus, die jüngsten sind gerade 12 Monate alt. Da ist Abstand halten nicht möglich, auch Masken tragen die pädagogischen Kräfte in den Gruppen nicht. „Die Kinder sollen Normalität erfahren“. Und sie brauchen körperlichen Kontakt, „Beziehungsarbeit ist unsere Hauptaufgabe.“

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Es war Ende Oktober, als das Virus in die Kita kam und trotz aller Maßnahmen durch alle Gruppen wanderte. Zunächst meldete sich an einem Dienstag eine Alltagshelferin krank. Freitags erhielt Marion Barche die Nachricht, dass die Frau positiv ist. „Am Samstag bekam ich die ersten Symptome“. Nach wenigen Tagen war klar: Auch die Leiterin ist infiziert. „Da brach für mich eine Welt zusammen.“ Sie begab sich daheim mit Ehemann Jens und Sohn Til (13) in Quarantäne.

Auch den pflegebedürftigen Vater angesteckt

Während die beiden ohne Symptome blieben, ging es der Hamminkelnerin immer schlechter. In der zweiten Woche war sie schwer krank mit Luft- und Atemproblemen, starken Gliederschmerzen, Fieber. „Ich war so schlapp, mir was alles egal. So bin ich sonst nicht.“ Nicht einmal telefonieren konnte die 49-Jährige. Auch nicht zum Arzt. Insgesamt acht Mitarbeiterinnen der Kita erkrankten und mindestens drei Kinder, wahrscheinlich mehr. Die Tagesstätte musste für zwei Wochen schließen.

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Ihren pflegebedürftigen Vater hatte Marion Barche angesteckt – trotz Abstands und Maske. Der 75-Jährige lag im Krankenhaus, erhielt drei Wochen Sauerstoff, überstand aber die Infektion glücklicherweise. Auch Marion Barche kam nach drei Wochen halbwegs wieder auf die Beine. Doch die Schlappheit hielt noch viele Wochen an. Einige Symptome sind heute noch spürbar: „Der Geruchssinn ist nicht komplett wieder da und der Geschmackssinn hat sich verändert“. Gerichte schmecken einfach anders.

Kita-Öffnung war nötig: Familien sind am Limit

Wie sich das Virus in der ganzen Kita verteilen konnte, obwohl die Betroffenen keinen Kontakt untereinander hatten, weiß Marion Barche nicht. Trotz dieser Erfahrung findet sie es richtig, dass die Tagesstätten nun wieder für alle geöffnet sind – selbst im Notbetrieb waren täglich im Schnitt 20 der 46 Mädchen und Jungen da. „Die Kinder können nicht mehr länger zu Hause bleiben“, weiß sie. Denn viele Familien sind durch Homeoffice und Fernunterricht am Limit. Schwieriger werde es, wenn der Regelbetrieb bald wieder auf bis zu 45 Stunden die Woche ausgeweitet wird, derzeit sind es noch zehn Stunden weniger: „Ohne eine Gruppendurchmischung geht das nicht.“ Aktuell dürfen Erzieherinnen und Kinder nur in der gleichen Gruppe bleiben.

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Bei aller Sorge um die Gesundheit der Kinder und Mitarbeiter ist Marion Bache überzeugt: „Es muss wieder zur Normalität übergehen. Wir müssen mit Corona leben lernen.“ Das verspricht sie sich von der Impfung. Noch um März hofft sie, wird es soweit sein für ihre Berufsgruppe. Da schrecken auch die Diskussionen über heftige Reaktionen beim Impfstoff Astrazeneca nicht ab – alles ist besser als Corona. „Das möchte ich auf keinen Fall noch einmal haben.“

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