Wesel. Einsamkeit, Langeweile und hohe Belastung: Viele Suchtkranke sind gefährdet. Die Fachleute in Wesel hören sich ihre Sorgen täglich an

Lockdown, das ist für manche Suchtkranke besonders hart. Sie leiden unter der Einsamkeit und dem Druck. "Auf Belastung reagieren etliche mit dem Wunsch, die negativen Gefühle für eine Zeit zu betäuben", erläutert Martin Peukert von der Weseler Drogenhilfe. Manche ihrer Klienten waren auf einem guten Weg, haben zum Teil Arbeit gefunden - Minijobs, die dem Leben eine Struktur geben. Sie haben ihre Stelle nun verloren, sind wieder auf sich gestellt. Allein mit sich und der Angst.

"Substituierte mit Voererkrankungen wissen, dass das Coronavirus für sie lebensgefährlich ist", erläutert Peukert: Die Chronisch Obstruktive Lungenerkrankung, die unter anderem durch das Rauchen von Heroin verursacht wird, macht sie besonders verletzlich in der Pandemie. "Aus Angst vor Ansteckung gehen sie nicht mehr vor die Tür. Besonders die Feiertage, die ohnehin mit Erinnerungen verbunden sind, und die Zeit zwischen den Jahren waren da sehr schwierig." Viele Suchtkranke hatten keine harmonische Kindheit, entsprechend negativ sind solche Erinnerungen an Weihnachten. Corona und der Lockdown können Lebenskrisen auslösen.

Sorge, dass das Geld für die Droge fehlt - oder auch die Droge selbst

Neben der Angst um die Gesundheit gibt es auch die Furcht, nicht mehr an Drogen heranzukommen. Einige betteln in der Fußgängerzone, um ihre Sucht zu finanzieren. Derzeit ist das aussichtslos, die Fußgängerzone ist leer. "Es gab auch die Sorge, dass der Drogenhandel zusammenbricht", so Peukert. Dass die Droge, von der sie abhängig sind, einfach nicht mehr zu haben wäre. Das allerdings ist nicht geschehen, "es ist alles noch verfügbar".

Sucht ist ein Thema in allen Generationen. Der aktuell älteste Suchtkranke, den die Drogenberatung betreut, ist 81. "Die jüngsten sind 13, 14, auch mal erst 12", sagt Peukert. Jugendliche seien in dieser Zeit auch mehr als gewöhnlich gefährdet. Langeweile, fehlende Kontakte, Druck durch Onlineunterricht und Unzufriedenheit, fehlende Bewegung - all das seien Faktoren, die dazu verleiten können mit Drogen herumzuexperimentieren. Meist kommen dann die Eltern zur Drogenberatung, "es geht darum, dass die Jugendlichen nicht auf den Geschmack kommen".

Viele reden sich die Sorgen bei den Drogenberatern von der Seele

Die Drogenberater versuchen zu helfen wo sie können. Sie telefonieren viel, direkter Kontakt ist schwerer als noch im ersten Lockdown. "Da konnten wir uns treffen und beim Reden spazieren gehen", sagt Peukert. Kälte und Nässe machen das derzeit wenig angenehm. Dabei ist der Redebedarf enorm, Hauptthema der Telefonate ist Corona und die Anrufer sind häufig froh, sich mit jemandem aussprechen zu können. Viele werden seit Jahren von der Drogenhilfe betreut, man kennt sich. Jetzt heißt es erstmal durchhalten, "wir müssen den Winter hinter uns bringen."