Hamminkeln. Die NRZ hat den drei Hamminkelner Bürgermeisterkandidaten einige Fragen gestellt. Hier sind die Antworten von Johannes Flaswinkel.
Drei Kandidaten bewerben sich in Hamminkeln um das Amt des Bürgermeisters. Die NRZ hat Johannes Flaswinkel (Grüne), Andreas Lips (CDU) und Amtsinhaber Bernd Romanski (SPD/USD/FDP) einige Fragen gestellt. Hier kommen die Antworten. Den Anfang macht Johannes Flaswinkel, der Bürgermeisterkandidat der Hamminkelner Grünen.
Warum kandidieren Sie in Hamminkeln? Ich möchte gemeinsam mit den Bürgerinnen und Bürgern die Zukunft unserer Stadt nachhaltig gestalten, mit mehr und früherer Bürgerbeteiligung und einem offenen Ohr für ihre Anliegen. Auf Augenhöhe mit ihnen und im Teamwork mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Rathaus will ich für eine offene, soziale und ökologische Stadt arbeiten. Ich verfüge über eine qualifizierte Ausbildung, über 30 Jahre politische Erfahrung und ich bin in der Lage über Partei- und Fraktionsgrenzen hinweg zu sehen und zu arbeiten.
Was gefällt Ihnen an Hamminkeln? Ich bin hier aufgewachsen und lebe hier seit mehr als 61 Jahren, Hamminkeln ist meine Heimat. Die Stadt mit ihren 7 Dörfern ist einzigartig, wie die Menschen die hier leben. Mir gefällt besonders die Vielfalt in unseren Orten. Jeder Ort hat bis heute seine Eigenarten bewahren und ausbauen können und doch sind alle Dörfer langsam zu einer attraktiven Stadt zusammengewachsen.
Wo sehen Sie Defizite? Defizite ist vielleicht nicht ganz das richtige Wort. Wir müssen uns kontinuierlich weiterentwickeln. Dazu benötigen wir passenden Wohnraum für Jung und Alt, Arbeitsplätze vor Ort, ausreichende Kindertageseinrichtungen und ein gutes Bildungssystem, eine gute Infrastruktur und attraktiv gestaltete Orte! An vielen dieser Punkte arbeiten wir gerade. Seit vielen Jahren arbeiten wir auch an der verträglichen Ausgestaltung der Betuwe-Linie! Hier kann man vielleicht am ehesten noch von einem echten Defizit sprechen. Die Menschen in ganz Mehrhoog warten hier auf eine städtebaulich sinnvolle und nachhaltige Lösung!
Welche Projekte wollen Sie im Falle einer Wahl als erstes angehen? Es ist und bleibt auch nach der Wahl vieles zu tun. Zentrale Themen für mich sind die Haushaltskonsolidierung, eine schlanke und effektive Verwaltung, ein Personalkonzept der Zukunft, die Fortschreibung und Umsetzung des integrierten Klimaschutzkonzeptes und ein „Runder Tisch Landwirtschaft“!
Wo sehen Sie die Stärken der Kommune? Eine ganz besondere Stärke unserer Stadt ist das hohe und außergewöhnliche ehrenamtliche Engagement unserer Bürgerinnen und Bürger in allen Orten. Dieser Einsatz z.B. in den Sportvereinen, den Bürgervereinen, den Bürgerbusvereinen, den Dorfentwicklungsvereinen, bei Essen auf Rädern, bei der Flüchtlingshilfe, im Guge-Laden, im Musikverein, in Schützenvereinen, in Initiativen, bei der freiwilligen Feuerwehr, in Fördervereinen, usw. ist mit Geld nicht zu bezahlen. Wir müssen sorgsam darauf achten, dass wir die erforderlichen Rahmenbedingungen für all diese Ehrenamtlichen aufrechterhalten und erforderlichenfalls ausbauen.
Ein großer Diskussionspunkt ist die geplante Bebauung am Rathaus. Welchen Politik vertreten Sie? Nachdem man fast vier Jahre fast untätig war, wurde der Politik und der Bürgerschaft plötzlich ein Kastenbauwerk vorgestellt, ohne auf Befindlichkeiten zu achten. Wir haben die Thematik inhaltlich zügig aufgegriffen und zu einer Bürgerversammlung eingeladen. Für uns und mich war von Anfang an der Erhalt des Stadtbild prägenden Evangelischen Gemeindehauses und seiner großen Rotbuchen wichtig. Des Weiteren stand und steht die vorhandene Obstbaumwiese für mich nicht zur Disposition. Auch wünsche ich mir eine kleinteiligere und attraktivere Bauweise. Die große Versiegelung durch die zahlreichen Parkplätze sehen wir auch sehr kritisch, hier wäre mehr Grün zwingend erforderlich. Zudem sollten Ladestationen für E-Bikes und E-Autos, sowie ausreichende und überdachte Abstellanlagen für Fahrräder und Lastenräder heute Standard sein. Viele dieser Bedenken sind in den vergangenen Monaten in die aktualisierte Planung eingeflossen. Eine große Frage ist aber immer noch ungeklärt, die der Verkehrsführung.
Wie sieht Ihrer Meinung nach die Zukunft der Abfallentsorgung in Hamminkeln aus? Auch in Zukunft sollte das Wiegesystem die Grundlage des Abfallentsorgungssystems in Hamminkeln sein. Das heißt: grundsätzlich wird jeder mit den Kosten des vom ihm verursachten Restabfalls belastet. Müllvermeiden muss sich auch zukünftig lohnen! Das System der Papiertonnen hat sich bewährt, das gilt auch für Sperrgut und Sondermüll. Auch die in den Wohnquartieren aufgestellten Glascontainer werden auf kurzem Weg mehrheitlich gut angenommen. Diskussionen verursacht im Moment der „Gelbe Sack“. Von einigen Bürgerinnen und Bürgern wird dieser als zu dünn und zu empfindlich angesehen. Ob die gelbe Tonne hier ein Ersatz sein kann, muss aber kritisch hinterfragt werden. Die Gefahr der sogenannten Fehlwürfe ist nicht unerheblich, wie wir aus anderen Kommunen nur zu gut wissen. Die Grünschnittannahme und die Bioabfallcontainer werden von unseren Bürgerinnen und Bürgern sehr geschätzt. Gleiches gilt auch für die Windelannahmestelle. Zukünftig muss noch einmal darüber nachgedacht werden, wie man all diese Leistungen noch besser zusammenführen kann, z.B. in einem Wertstoffhof! Dort könnten dann auch noch weitere Angebote geschaffen werden.
Wie wollen Sie den Handel in Hamminkeln zukünftig aufstellen? Hier wäre die Einrichtung einer Stadtmarketinggesellschaft vielleicht eine zukünftige Alternative. Nicht nur als „Spassgesellschaft“ für Stadtfeste und Veranstaltungen, sondern als eine mit weiteren klaren Aufgaben und Zuständigkeiten. Ich habe bereits statt Einkaufsgutscheine eine größere Wirtschaftsförderung in die Diskussion gebracht. Diese war leider bis jetzt nicht mehrheitsfähig. Die Mittel könnten in diese Stadtmarketinggesellschaft fließen und durch diese weitergeleitet und eingesetzt werden.
Wie wollen Sie mehr Arbeitsplätze nach Hamminkeln holen? Dazu brauchen wir unter anderem mehr Gewerbegebiete. Wo wir nicht in die Umsetzung kommen können, müssen wir eventuell Flächen aufgeben, um sie an anderer Stelle wieder zu schaffen. Für den Erwerb zukünftiger Flächen sollten wir einmal über die Schaffung einer passenden Struktur nachdenken. Flächen sollten wir zukünftig nur dort ausweisen, wo ein Erwerb auch kurzfristig möglich ist. Vielleicht wäre auch die Ansiedlung eines Start-up-Zentrums für Hamminkeln interessant. Bei allen weitergehenden Überlegungen darf auf gar keinen Fall die Pflege und Betreuung der bestehenden Unternehmen vergessen werden!
Wie gedenken Sie die Bildungschancen für junge Menschen in Hamminkeln zu stärken? Der Ausbau und die Pflege des bestehenden Bildungssystems ist eine immerwährende und zwingend notwendige Aufgabe um die Bildungschancen für junge Menschen in unserer Stadt zu stärken. Mit dem Bau der Gesamtschule und die demnächst anstehende Zusammenführung an einem Standort in Hamminkeln, haben wir die Grundlage dafür geschaffen, dass es erstmals auch in Hamminkeln möglich ist das Abitur zu machen. Die digitale Ausstattung der Schulen rückt aktuell noch stärker in den Fokus. Hier besteht großer Nachholbedarf.
Wie sieht für Sie der Wohnungsmarkt in Hamminkeln aus? Was muss die Stadt in diesem Bereich tun? Wir benötigen in allen Orten preiswertes Bauland für junge Familien. An verschiedenen Stellen, wie z.B. in Hamminkeln, Dingden, Brünen und Wertherbruch haben wir Flächen ausgewiesen oder schaffen wir welche. In Mehrhoog besteht hierfür akuter Handlungsbedarf. Auch die Umnutzung bestehender Objekte z.B. durch „Jung kauft Alt“ muss weiter verfolgt werden. Des weiteren müssen auch ausreichende und preiswerte Wohnungen für Senioren, Familien, Alleinerziehende und Einzelpersonen in allen Orten gebaut werden. Wir sind eine attraktive Stadt und der Bedarf ist da.
Corona hat den städtischen Haushalt durcheinandergewirbelt. Welche Maßnahmen gedenken Sie zu ergreifen, damit Hamminkeln nicht in die Haushaltssicherung rutscht? Zunächst gilt es einmal einen Kassensturz zu machen, um zu sehen, wo wir aktuell stehen. Ob hierfür ein Nachtragshaushalt erforderlich ist, wird man sehen müssen. Unser eigener finanzieller Spielraum ist gering. Die sogenannten freiwilligen Leistungen betragen nur einen geringen Teil vom Haushalt, 0,6 % - ca. 530.000,00 Euro. Wichtig ist und bleibt sich dafür einzusetzen, dass unsere Stadt die Zuweisungen bekommt, die ihr zustehen! Das heißt: eine auskömmliche Erstattung für die Ausgaben der Flüchtlingsunterbringung, eine der Realität entsprechende SGB Abrechnung, der Wegfall der sogenannten Einwohnerveredelung und eine Weitergewährung der Integrationspauschale. Aber wir müssen auch bei uns anfangen. Die hohen Personalkosten, die höchsten seit vielen Jahren, sind kaum vertretbar. Ich habe sie auch nicht mitgetragen. Vieles muss auf den Prüfstand. Diese Diskussion muss absolut offen und transparent geführt werden. Wir leben auf Kosten unserer Kinder und Enkel.