Wesel. Seit drei Wochen versuchen die Schulen, Lernstoff auf digitalem Weg zu vermitteln. Doch nicht alle Schüler können das Angebot gleich gut nutzen.
Die Osterferien haben begonnen, daheim sind die Schüler aber schon seit drei Wochen. Durch die Kontaktbeschränkungen waren die Schulen gezwungen, ganz neue Wege zu gehen. Das Andreas-Vesalius-Gymnasium ist – bedingt durch einen Corona-Verdachtsfall – sogar schon vier Wochen geschlossen. Lernfrei bedeutet das aber keineswegs. Welche Erfahrungen haben die Schulen gesammelt?
„Es ist nicht optimal, aber wir haben die Zeit gut genutzt“, lautet die Bilanz von Schulleiterin Dorotheé Brauner. Ihre Kollegin Karen Schneider vom Konrad-Duden-Gymnasium (KDG) sieht zumindest die Abiturienten gut vorbereitet, während Gesamtschulleiter Dirk Timmermann beim digitalen Lernen Nachholbedarf in Sachen Chancengleichheit anmahnt.
Prüfungen für Abiturienten sollen am 12. Mai beginnen
Noch weiß keiner, in welcher Form es nach den Ferien weitergeht. Darüber will das Land am 15. April informieren. Das Schulministerium hatte am Freitag noch in Aussicht gestellt, dass es für die Abiturienten in den drei Wochen bis zum Prüfungsbeginn am 12. Mai unterrichtliche Angebote geben könnte. Ob es so kommt, ist offen.
Dorothee Brauner würde es begrüßen, wenn es wenigstens eine Regelung für die 119 Abiturienten geben gäbe. Zum Beispiel die Möglichkeit, dass sich kleinere Gruppen zum Unterricht treffen dürfen. So könnten die Schüler vor der Prüfung mit den Lehrern Fragen klären, die beim Lernen daheim offen geblieben sind. „Das wäre schon gut, für die Schüler geht es schließlich um den Abschluss“.
„Wir sind nicht als Fernschule ausgelegt“
Das Lernen wurde am AVG vor allem über die Schulcloud organisiert. Über einen Messenger konnten Schüler, Lehrer und Eltern kommunizieren und Aufgaben weitergeben. 1240 Teilnehmer sind dort mittlerweile angemeldet, so Brauner. Pädagogen hätten auch die Möglichkeit genutzt, Webinare und Lernvideos anzufertigen oder Videokonferenzen anzubieten. Die Mehrheit verfüge zwar über Handy oder Tablet, dennoch sei das Lernen ohne persönlichen Kontakt nicht optimal: „Wir sind einfach nicht als Fernschule ausgelegt“.
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Auch Karen Schneider von KDG sieht das digitale Lernen mit gemischten Gefühlen: Einerseits konnten die 120 Abiturienten über kostenlose Apps Webinare ihrer Lehrer verfolgen und mit ihnen kommunizieren. Schneider: „Wir haben das Beste herausgeholt“. Inhaltlich sieht sie die Abiturienten – die am KDG in den letzten drei Wochen im Fokus standen – gut vorbereitet. Andererseits ersetze das Digitale nicht die persönliche Begegnung: „Da geht auch viel verloren. Schule ist nun mal ein Ort, an dem man sich begegnet“.
Nicht alle Familien sind digital gleich ausgestattet
Noch kritischer sieht das digitale Lernen ihr Kollege Dirk Timmermann vom der Gesamtschule Am Lauerhaas. Er sieht vor allem ein Problem: Die Chancengleichheit ist noch nicht erreicht. Denn die Möglichkeit, auf digitalen Wegen zu lernen, hänge noch stark von der privaten Ausstattung in der Familie ab, da die Schulen den Kindern keine Endgeräte zur Verfügung stellen können. Er würde es begrüßen, wenn alle Schulen gleich ausgestattet würden, sodass jedes Kind ein digitales Gerät, etwa ein Tablet,nutzen kann. „Mein Wunsch wäre, dass man ein Konzept erstellt, das Chancengleichheit auch in solchen Zeiten herstellen kann“. Hier gibt es mehr aus Wesel, Hamminkeln und Schermbeck
An der Gesamtschule wurden die Aufgaben per Mail an Schüler oder Eltern verschickt, „die Kollegen geben sich größte Mühe“. Der Lernerfolg werde sich jedoch erst zeigen, wenn der Unterricht wieder beginnt. „Ich bin gespannt auf die Evaluation“, sagt Timmermann. Wie es nach den Ferien weitergehen könnte, auch für die 65 Abiturienten, dazu wagt der Gesamtschulleiter keine Prognose: „Wir haben für alle Varianten Pläne in der Tasche“.