Wesel. Das Interesse an einer Mahnwache anlässlich einer AfD-Veranstaltung mit Stephan Brandner war groß. Der soll angeblich in Voerde gewesen sein.
Der Aufruf zur Mahnwache kam sehr spontan, doch das hielt die Menschen aus Wesel und Umgebung nicht davon ab, am Samstagmittag auf dem Bahnhofsvorplatz zu erscheinen. Mehr als 300 Personen versammelten sich in Sichtweite des Kaiserhofes, um gegen Rechts zu demonstrieren.
In dem Hotel, so hatte der AfD-Kreisverband vorab angekündigt, sollte der stellvertretende AfD-Bundessprecher Stephan Brandner eine Rede halten. Vertreter aller Ratsparteien und diverser Gruppierungen waren erschienen, zum Teil mit Transparenten wie „AfD, Finger weg von Wesel“ – aber auch Einzelpersonen, um „zu zeigen, dass wir mehr sind, dass wir lauter sind als die“, wie es ein Teilnehmer ausdrückte.
Hausverbot für Brandner in Weseler Hotel
Während die Sprecher der Ratsparteien ihre Grußworte verlasen, blieb es am Kaiserhof ruhig. Keine Spur von einer Veranstaltung. Schon am Donnerstag hatte der Hotelinhaber wie berichtet dem AfD-Mann nach eigenen Angaben ein Hausverbot erteilt.
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Er habe nicht gewusst, wer bei der Veranstaltung sprechen soll, so seine Begründung. Am Samstagnachmittag brüstete sich Stephan Brandner dann per Twitter mit der Behauptung, die Veranstaltung habe in Voerde stattgefunden, sie sei nie in Wesel geplant gewesen und höhnte mit dem Hashtag „Antifareingefallen“.
Am Samstagabend meldete sich dann in den sozialen Medien die Wirtin einer Voerder Gaststätte per Video zu Wort, entschuldigte sich und erklärte, sie habe nicht geahnt, welche Gruppe erst am Tag zuvor bei ihr einen Raum gemietet habe. Die Reservierung sei unter einem unverfänglichen Namen erfolgt.
Rechtsextremes Gedankengut bereitet Boden für den Terror
Den Teilnehmern am Bahnhof war es egal, wo der AfD-Politiker, der dem rechten Parteiflügel zugeordnet wird und nach verbalen Entgleisungen als Vorsitzender des Rechtsausschusses im Bundestages abgewählt worden war, seine „provokativen Äußerungen“ (O-Ton AfD) zum Besten gibt. Sie nutzten die Mahnwache, um sich gegen Hass, Intoleranz und rechte Parolen zu stellen – egal von wem sie kommen.
So zeigte Bürgermeisterin Ulrike Westkamp als Rednerin für die SPD auf, wohin rechtsextremes Gedankengut führen kann: Die NSU-Morde und die Attentate auf den Regierungspräsidenten von Kassel, die Synagoge in Halle und Menschen in Hanau nannte sie als Beispiele für rechtsmotivierten Terror. „Wir stehen in Wesel für Vesalia Hospitalis“, rief sie den Menschen zu, also das gastfreundliche Wesel. Integrationsratsvorsitzende Halyna Fritz lobte, dass „so viele Leute ein Zeichen setzen“ und zeigte sich erschrocken über immer mehr nationalistische Tendenzen.
Menschen in Wesel wollen sich nicht durch Rassismus spalten lassen
Vertreter aller Parteien betonten, dass sich die Menschen in Wesel nicht vom Rassismus spalten lassen, dass alle willkommen sind – egal welche Muttersprache sie sprechen, wie Sebastian Hense (CDU) sagte. Die Teilnehmer der Mahnwache unterstützten die Statements durch ihren Beifall. „Das war gut, dass alle Parteien etwas gesagt haben“, lobte ein Mann anschließend.
Organisatoren zeigen sich zufrieden mit der Mahnwache in Wesel
Viele Menschen hatten durch die Medien von der Mahnwache erfahren und sich spontan entschlossen, mitzumachen. „Es ist wichtig, sich gegen Rechts zu stellen“, „Man sollte den Rechten keine Plattform bieten“ oder „Wir sind hier eine multikuturelle Gesellschaft“ – so begründeten die Weseler ihr Kommen.
Die Organisatoren der Ratsparteien zeigten sich nach einer dreiviertel Stunde zufrieden mit der Veranstaltung, die laut Polizei ohne Zwischenfälle verlief. Positiv fiel auf, dass nicht nur ältere, sondern auch jüngere Altersgruppen sich am Bahnhof versammelt hatten. Ludger Hovest versicherte abschließend: „Wenn notwendig, werden wir wieder parteiübergreifend aufrufen“.