Wesel. Es ist das Abenteuer ihres Lebens: über 50 Tage im Boot über den Ozean. Das verlangt den Männern viel ab. Weihnachten soll trotzdem schön werden.

Die Sonne strahlte vom wolkenlosen Himmel über Pasito Blanco auf der spanischen Insel Gran Canaria. Und im La Punta Yacht Club westlich von Maspalomas strahlte auch der aus Wesel stammende York Hovest. Er ahnte schon ein bisschen, was da in den nächsten Tagen auf die dreiköpfige Crew zukommen könnte.

Hohen Seegang prophezeite der Weselaner am 1. Dezember, dem Starttag in ein ganz besonderes Abenteuer. York Hovest (Jahrgang 1978), Rainer Ballwanz aus Frankfurt (Jahrgang 1959) und Andreas Stollreiter aus München wollen mit eigener Muskelkraft in einem knapp zehn Meter langen Ruderboot den Atlantik überqueren, um auf die Probleme der Weltmeere aufmerksam zu machen (die NRZ berichtete).

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Auf dem Starnberger See und der Ostsee hatte das Trio kräftig trainiert und sich auch sonst äußerst sorgfältig auf die außergewöhnliche Reise vorbereitet. Dass der Ozean den drei Männern gleich zu Beginn einiges abverlangen würde, gehörte dabei nicht unbedingt zum Plan. Bis zu acht Meter hohe Wellen rüttelten die Helden der Meere durcheinander, an Schlaf war gar nicht zu denken.

Rauf aufs offene Meer. Außer Delfinen und Fliegenden Fischen ist das Trio bislang noch niemandem begegnet.  
Rauf aufs offene Meer. Außer Delfinen und Fliegenden Fischen ist das Trio bislang noch niemandem begegnet.   © saskia hovest

York Hovests Ehefrau Saskia hält den Kontakt unter anderem via Satellitentelefon aufrecht, aber auch das funktioniert nicht immer. Doch Saskia Hovest weiß: „Es geht den Männern wirklich gut.“ Wenn man von fiesen Blasen an Händen und Füßen, die heftig weh tun, ramponierten Schienbeinen, Gesäßschmerzen und klammen Klamotten einmal absieht.

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Starker Sturm und hohe Wellen stoppten den anfänglichen Elan. Das Boot konnte zeitweilig nicht mehr im Tracking gesichtet werden, die Verfolgung des Boots wurde von München aus wieder aktiviert. Die Verankerungen des Steuerruders brachen im Sturm, York Hovest reparierte den Schaden. Und auch die Steuerungsautomatik fiel aus. Doch danach glitt das Boot zügiger übers Wasser. Sieben Kilometer in der Stunde ließen sich zeitweilen auf dem Tracker im Netz ablesen.

Karamellbonbons für zwischendurch

„Sehr gut“, sagt Saskia Hovest, die ihrem Mann 65 Essensrationen gepackt und immer mit einer kleinen Überraschung versehen hat, etwa mit Yorks geliebten Karamellbonbons. Klar, dass jedes Päckchen hochkalorische Expeditionsnahrung enthält, denn 5500 Kalorien sind ein Muss für jeden Tag, um bei Kräften zu bleiben.

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Gut 50 Tage hatten die Ruderer für die 5000 Kilometer lange Strecke ursprünglich kalkuliert, doch die Ankunft am 22. Januar kann vermutlich nicht eingehalten werden, zu schlecht waren anfangs die Verhältnisse und was noch kommt, weiß niemand. Gerudert wird übrigens ständig, sagt Yorks Vater, der Weseler SPD-Politiker Ludger Hovest: „Zwei rudern, einer schläft.“ Das war zunächst nicht gerade leicht, berichtet Saskia Hovest, denn die Wellen schlugen gegen die Kabine, dazu dann ein permanentes Rauschen. Mittlerweile habe sich aber auch das eingespielt, zumal die Schlafzeiten von zwei zunächst auf drei und nun auf sechs Stunden erhöht wurden, um dem Körper die nötigen Tiefschlafphasen zu bescheren.

Das Hightech-Boot hat zwei Kabinen, wobei eine ausschließlich für den Notfall gedacht ist. Bei extrem starkem Seegang richte sich das Boot von selbst wieder auf. Dabei ist jeder kleinste Raum ausgenutzt. Allein die 25 Kilo an Medikamenten nehmen viel Platz weg. Doch sie müssen sein, sind die drei Bezwinger des Atlantiks doch ohne jegliche Begleitung unterwegs. Für den Notfall hat man sich an der Helios-Klinik in Cuxhaven vorbereitet. Und so sind alle drei in der Lage, sich einen Tropf zu legen oder einen offenen Beinbruch zu schienen.

Rotwein unterm Sternenhimmel

Momentan genießen es die drei immer wieder, wenn Delfine sie auf ihrem Weg begleiten und sie springend eskortieren. Auch Fliegende Fische landen manchmal auf dem Boot, einer sogar am Kopf von York Hovest. Und da ist noch etwas, was den Weselaner tief beeindruckt: der unglaubliche Sternenhimmel. So viele Sternschnuppen in einer Nacht hat er noch nie gesehen. Vielleicht fallen sie auch in der Heiligen Nacht vom Himmel, die York Hovest, Rainer Ballwanz und Andreas Stollreiter gemeinsam auf engstem Raum verbringen, ein Erlebnis, das sie ganz sicher nie vergessen werden.

Für ein Gläschen Rotwein für jeden hat Saskia Hovest gesorgt und dazu gibt’s auch etwas Besonderes: Confit de Canard, in Fett gekochtes Entenfleisch.

Erster Vortrag in Wesel

Wenn York Hovest von seinem Ozean-Abenteuer wieder zurück ist, wird er in seiner Heimatstadt Wesel seinen ersten Vortrag darüber halten.

Im Scala-Kulturspielhaus, Wilhelmstraße 8, berichtet der Umweltaktivist am Freitag, 28. Februar, 20 Uhr, über das Abenteuer Atlantik. Dabei steht das Projekt „Helden der Meere“ zur Rettung der Ozeane im Mittelpunkt. 5000 Kilometer von Gran Canaria bis Barbados – die Besucher dürfen sich auf eindrucksvolle Schilderungen und Bilder freuen.

Eintrittskarten sind an den Scala-Vorverkaufsstellen für 18 Euro zu haben, an der Abendkasse kosten sie drei Euro mehr. Auch über eventim.de können Karten bezogen werden.