Kreis Wesel. Im Osten Deutschlands sind sie schon fast nichts Besonderes mehr, in Nordrhein-Westfalen schon: Seeadler. Das einzige Paar brütet in Xanten.

Ornithologen nennen sie „Das fliegende Brett“, weil sie mit ihren Flügeln so gerade durch die Lüfte segeln wie eben ein Brett. Und dieses Brett ist ziemlich groß. Bis zu 2,50 Meter misst die Spannweite der seltenen Seeadler, die die lateinische Bezeichnung Haliaeetus albicilla tragen. Seit 2017 gibt es ein Brutpaar auf der Bislicher Insel bei Xanten, das im Frühjahr im dritten Jahr in Folge jeweils zwei Junge bekam.

Das Seeadlerpärchen ist das einzige in Nordrhein-Westfalen, so dass der Kreis Wesel zurecht stolz darauf sein kann. Denn nicht nur die Bislicher Insel, wo die großen Greifvögel ihre Heimat gefunden haben, weil es hier Ruhe und reichlich Nahrung gibt, ist ihr Revier. Immer wieder werden die imposanten Tiere zum Beispiel auch auf der rechten Rheinseite gesehen, etwa in Bislich und in Diersfordt. Doch das Elternpaar kehrt treu wieder zum Jahr für Jahr weiter wachsenden Horst auf einer Pappel zurück.

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Hans Glader, der lange bei der Biologischen Station am Freybergweg in Wesel gearbeitet hat und für seine Naturfotos bekannt ist, hatte schön des Öfteren Begegnungen mit den Seeadlern (siehe Foto). Mit ein bisschen Glück entdeckt man einen von ihnen nahe der Mulde, die direkt an der Niederrheinroute zwischen dem Informationszentrum Bislicher Insel und Werrich am Eyländer Weg liegt. Dort bauen häufig Vogelkundler und Hobbyornithologen ihre Ferngläser auf, um die vielen Wasservögel zu beobachten.

Sender zeigen die Flugrouten an

Jemand, der mehr über die jungen Seeadler wissen möchte, die in diesem Jahr geschlüpft sind, ist Michael Jöbges. Der Recklinghäuser, der sich auch in der Storchenstiftung NRW engagiert, ist für die Vogelwarte Helgoland tätig und an zehn Tagen im Jahr 3000 Kilometer unterwegs, um Vögel zu beringen. Diesmal waren auch die beiden Jung-Seeadler dran, ein weibliches und ein männliches Tier. Keine ganz so einfache Sache wie bei den Störchen, doch nachdem sie mit einem Tuch ruhig gestellt wurden, funktionierte auch das. Zusätzlich zu den Ringen gab es einen Sender an den Körper, der zeigen soll, wo es die Vögel hinzieht und wo sie am Ende - mit sechs oder sieben Jahren - eine Familie gründen.

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Momentan ist die Seeadlerfrau am Rheindelta in den Niederlanden unterwegs, sagt Jöbges, während es ihren Bruder Richtung Süden, in die Eifel, lockte. Der Ornithologe könnte sogar genau sagen, auf welchem Baum das Tier momentan sitzt, doch das möchte er nicht. Schließlich brauchen Seeadler ihre Ruhe und kein Rudel von Menschen, das sie fotografieren möchte.

Der größte Greifvogel Europas, der vielerorts in Deutschlands Osten zu finden ist, schätzt totes Holz und mag Fische genauso gern wie nahezu sämtliche Wasservögel, angefangen beim Blässhuhn über die Ente und die Gans bis hin zum Silberreiher, sagt Glader. Wenn er vor Sonnenaufgang auf der Bislicher Insel ist, um Fotos zu machen, und auf einmal alle Gänse auffliegen, dann weiß er: „Der Adler geht frühstücken.“ Das löst bei den grasenden Gänsen Panik aus und sie suchen zu Tausenden das Weite.

Viele Brutpaare in den Niederlanden

Die benachbarten Niederlande freuen sich übrigens über 14 Brutpaare in Gebieten, die viel Wasser, Ruhe und Futter bieten. Kein Wunder, dass für den Seeadler ein ähnlicher Name wie hier gefunden wurde. Unsere Nachbarn sprechen nicht von einem fliegenden Brett, sondern von einer fliegenden Tür.

Im Reich der Seeadler

„Im Reich des Seeadlers“, heißt der Vortrag, den Hans Glader immer wieder mal hält, zuletzt in der Sonderausstellung im LVR-Niederrheinmuseum. Wer mehr über die imposanten Vögel erfahren möchte, sollte sich den 18. Februar vormerken. An diesem Dienstag ist der gebürtige Österreicher ab 19 Uhr im Hofladen der Saftkelterei van Nahmen in Hamminkeln, Diersfordter Straße 27, zu Gast. Da die Teilnehmerzahl begrenzt ist, wird um Anmeldung gebeten: 02852/960990. Der Eintritt beträgt acht Euro.