Kreis Wesel. Viele Privatkunden, Städte und Kommunen im Kreis Wesel müssen dann das Nachsehen haben. Die öffentlichen Aufträge sind zudem weniger lukrativ.
„So eine Auftragslage wie jetzt, habe ich schon seit Jahren nicht mehr erlebt“, schätzt Tischlermeister Günter Tellmann vom gleichnamigen Betrieb in Hamminkeln. Wenn Kunden schnell eine Küche gebaut haben wollen, kann es schon einmal passieren, dass Tellmann die Leute woanders hinschickt, weil er das nicht so schnell leisten kann: „Wir sagen dann ganz klar, in zwei Wochen geht das nicht, aber in fünf bis sechs Wochen würden wir das momentan hinkriegen.“
So passiert es mittlerweile vielen Privathaushalten, Firmen und auch Kommunen, dass sie für bestimmte Aufträge einfach nicht mehr rechtzeitig Handwerker finden. Die gute Auftragslage ist ein Resultat der günstigen Zinsen. Patrick Tellmann, der den väterlichen Betrieb in den nächsten Jahren mit seinem Bruder Bastian übernehmen wird, meint zudem: Die Küche hat das Auto als Statussymbol ersetzt“. Auf Küchen und den Innenausbau sind sie spezialisiert. Dabei hat das Tischlerhandwerk mit dem Nachwuchs noch Glück – die Hamminkelner finden bisher jedes Jahr Auszubildende. Dennoch fehlten bei sechs Mitarbeitern ein bis zwei Personen.
Städte können nicht mit der Privatwirtschaft mithalten
Größer ist die Not bei Edip Zaman. Der Weseler leitet die Firma Weseler Trockenbau. Er koordiniert derzeit 16 Mitarbeiter auf ganz verschiedenen Baustellen. Momentan bearbeitet er nur Großaufträge. Wenn neue Kunden zu ihm kommen, muss er sie auf den Oktober vertrösten – früher gehe es einfach nicht.
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Öffentliche Aufträge nimmt er derzeit gar nicht an: „Es lohnt sich nicht.“ Städte seien eigentlich attraktive Auftraggeber, weil das Geld für die Handwerker sicher ist. Derzeit gibt es aber so viel zu tun, dass die kommunale Sicherheit weniger lukrativ erscheint, als das schnelle Geld. Denn Zaman betont, Städte zahlen zum einen zu wenig und zweitens oft viel später.
1000 Euro für 20 Stunden
Der geringe Preis habe mit der günstigen Konkurrenz aus Osteuropa zu tun. Während die Weseler Trockenbaufirma den Angestellten durch Zahlungen an die Sozialkassen der Bauwirtschaft (Soka) für den eigentlich bauarmen Winter absichert, müssten osteuropäische Unternehmen diese Sicherheit nicht leisten. So sinkt der Preis bei öffentlichen Ausschreibungen. „Von dem, was Städte dann anbieten, könnte ich nicht mal den Mindestlohn zahlen“, so Zaman.
Der Betriebswirt erzählt auch, die Mitarbeiternot sei so groß, dass manche Firmen versuchten, die Angestellten weg zu werben: „Die rufen dann meine Mitarbeiter an und bieten das gleiche Geld für weniger Arbeit. Manchmal kommt auch das Angebot, sich im Urlaub schwarz was dazu zu verdienen.“ Er rufe dann in aller Regel den Zoll an.
Ohnehin sei Schwarzarbeit im Baugewerbe ein großes Thema: „Gute Handwerker können unter Hand schon 1000 Euro für 20 Stunden die Woche bekommen. Ich kann da mit 3000 netto im Monat bei einer 40-Stunden-Woche nicht mithalten“, so Zaman.
Er glaubt, diese Auftragslage werde noch gut drei Jahre anhalten, dann platze die Baublase ähnlich wie damals im Immobiliensektor.