Schermbeck/Hünxe. Ansgar Müller gab der Schermbecker Wölfin den Namen „Gloria“. Im Interview betont er, dass die Tötung des Tieres möglichst vermieden werden soll.
Ein Thema ist im Kreis Wesel in den vergangenen Monaten kontrovers diskutiert worden, wie kein anderes: Die Rückkehr des Wolfes, vielmehr der Wölfin, und ihre Folgen für die Schäfer, die immer wieder Risse zu beklagen hatten. Wir haben im Rahmen unseres Sommerinterviews mit Landrat Dr. Ansgar Müller über „Gloria von Wesel“ gesprochen.
NRZ: Das Thema Wolf bewegt alle Menschen, die aktuelle Hängepartie ist gekennzeichnet durch das Warten darauf, dass das Land die Förderrichtlinien verändert. Gibt es zum Thema Punkte, bei denen der Kreis von sich aus aktiv werden könnte?
Dr. Ansgar Müller: Diese Förderrichtlinien für die Herdenschutzmaßnahmen liegen beim Land. Da müssen Verbesserungen her, das ist ganz klar.
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NRZ: Da können sie nichts tun…?
Müller: Nur gesprächsweise, das Thema immer wieder nach vorne schieben. Die Entscheidung liegt aber in Düsseldorf.
NRZ: Viele Engagierte, beispielsweise die Frauen, die in Schermbeck die Petition für den Wolf eingerichtet haben, sprechen Sie als Landrat an. Im Grunde sind Sie aber nicht der Mann am Schalthebel. Die Schäfer fordern, das Tier soll ‚entnommen‘ werden, auf der anderen Seite stehen die Tierschützer. Was ist Ihre Position dazu?
Müller: Ich möchte, dass wir die Tötung des Tieres möglichst vermeiden. Aber man muss die Gefährdung sehen, die es für Herden bedeutet – für Schafe, aber auch für andere Weidetiere. Wir können nicht hinnehmen, dass dadurch, dass jetzt ein Wolf oder Wölfe hier ansässig werden, die Weidetierhaltung mit Schafen zurückgeht, wie das aus Teilen von Niedersachsen berichtet wird. Wir brauchen die Schafbeweidung aus verschiedenen Gründen, unter anderem auch für die Deichsicherheit.
Die Deiche werden bei uns ganz überwiegend mit Schafen beweidet, das ist auch die bessere Methode. Wenn jetzt der Wolf da ist, oder die Wölfin, dann müssen wir schauen, dass die Maßnahmen und die Förderung vor allem vom Land auch funktionieren. Wir wollen nicht erleben, dass Schäfer die Haltung aufgeben, vor allem die kleineren, die das nicht voll erwerbsmäßig machen. Letztendlich wird es eine schwierige Entscheidung sein, ob man die Wölfin ‚entnimmt‘.
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NRZ: Gloria.
Müller: Gloria. Ich habe ihr den Namen ja verpasst.
NRZ: War das ein Fehler?
Müller: Nein, überhaupt nicht.
NRZ: Da haben ja einige gesagt: Wenn so ein Tier erstmal einen Namen hat…
Müller: Mir war klar, dass das ein Punkt wäre, der in dieser emotionalen Diskussion kritisch angesprochen würde. Ich habe es aber getan, um damit deutlich zu machen: Das ist ein individuelles Lebewesen, ein Wildtier und keine Bestie.
Das Thema ist ein Lehrstück, wie in der Gesellschaft diskutiert wird und wie nötig und schwierig es ist, zur Versachlichung beizutragen. Von Anfang an, ich finde zu Beginn sogar noch ohne Grautöne, standen sich die zwei Lager gegenüber. Entweder waren alle total gegen die Wölfin und wollten sie möglichst schnell abgeschossen sehen. Die Anderen wollten am Anfang die Probleme, die die Anwesenheit des Wolfes auch mit sich bringt, gar nicht sehen. Sie waren geradezu verliebt in das Tier.
Inzwischen haben wir durch die Ausstellung und durch die vielen Veranstaltungen doch ein bisschen mehr sachliche Basis in die Diskussion gebracht. Wobei ich das auch nicht überschätzen will. Egal, wie die Entscheidung am Ende ausfällt, wird das natürlich eine kritische Diskussion.