Wesel. Vier Pennäler bewarben sich um eine Reise des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge nach Riga. Mit vielen Eindrücken kamen sie zurück.

Es war nicht immer leicht, oft bedrückend und beklemmend, was vier Schüler aus Wesel in Lettland erlebt haben. Sie begaben sich auf die Spuren der Opfer des Nationalsozialismus, arbeiteten zusammen mit anderen Jugendlichen aus Deutschland und Lettland in der Nähe von Riga auf einem Friedhof und kamen miteinander ins Gespräch.

Gut zwei Wochen waren Marie Krechter (17) und Elisa Heikapell (16) vom Konrad-Duden Gymnasium sowie Julia Wälter (16) und Mewes König (15) vom Andreas-Vesalius-Gymnasium unterwegs, mit Bahn, Bus und Schiff.

Gräber aus dem 1. Weltkrieg gepflegt

Es ist die erste Vierergruppe, die von der Möglichkeit Gebrauch gemacht hat, über die extra eingerichtete städtische Haushaltsstelle „Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus“ eine solche Reise anzutreten. Lehrer hatten sie darauf aufmerksam gemacht, dass sie sich für das Sommercamp bewerben können. Organisiert vom Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge ging es über Bremen und Kiel nach Lettland. In einem Sportinternat nahe Riga kamen sie nach knapp 40-stündiger Reise nachts um halb zwei an.

Verwilderter Friedhof

Vor Ort wartete auf sie ein Programm mit Erinnerungen an den Holocaust, aber auch mit Zeit zum Kennenlernen des für sie neuen Landes. Auf einem Friedhof mit zwei Massengräbern, in denen auf der einen Seite deutsche, auf der anderen Seite russische Soldaten aus dem Ersten Weltkrieg ihre letzte Ruhestätte fanden, wurden sie aktiv. Das verwilderte Areal befreiten sie vom Unkraut, fällten Bäume, damit es freundlicher aussieht, und bedeckten die Gräber zum Schluss mit Rindenmulch und Kies.

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Sie besuchten das Rigaer Ghetto-Museum und Erschießungsstätten, waren in der Stadt unterwegs, gingen Kanufahren und klettern. Die Bilder und Texte zu den Toten sind Mewes König besonders in Erinnerung geblieben. Marie Krechter denkt an die Todesbriefe, die den Angehörigen die schreckliche Nachricht überbrachten: „Das war schon sehr bedrückend.“ Trotz der düsteren Thematik sagt Elisa Heikapell: „Es war einfach eine tolle Erfahrung.“ Alle Schüler haben ihre Teilnahme nicht bereut, würden es wieder machen.

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Der Weseler Rat hatte die Haushaltsstelle „Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus“ mit 10.000 Euro ausgestattet. Jetzt enthält der Topf noch die Hälfte des Geldes, 2020 kommen wieder 10.000 Euro hinzu. Als nächstes werden das Andreas-Vesalius-Gymnasium und die Gesamtschule davon profitieren. Beide Schulen planen Fahrten ins Konzentrationslager Auschwitz. Anträge gibt es über die städtische Internetseite, sagt Doris Rulofs-Terfurth vom Stadtarchiv, die die Aktion mit betreut.

Wesel im Deutschen Riga-Komitee

Bürgermeisterin Ulrike Westkamp erinnerte zudem an den Beitritt Wesels ins Deutsche Riga-Komitee. Es war die 61. Stadt, die im Februar diesen Jahres hinzukam. Dabei geht es dem Zusammenschluss um die Erinnerung an die Massengräber im Wald von Bikernieki östlich von Riga sowie um die Pflege der Gedenkstätte. 1941/42 waren vor allem Menschen aus Deutschland, Österreich und der Tschechoslowakei ins Rigaer Ghetto deportiert und in den nahe gelegenen Wäldern und Konzentrationslagern ermordet worden. Mindestens 33 der dort getöteten Menschen jüdischen Glaubens kamen aus Wesel, davon sechs aus der Büdericher Familie Herz.

Jüdisch-Christlicher Freundeskreis Wesel

Wolfgang Jung vom Jüdisch-Christlichen Freundeskreis Wesel ist davon überzeugt, dass dies gut angelegtes Geld ist. Schließlich habe sein Verein die Aufgabe, die Erinnerung an die Jahre 1933 bis 1945 wach zu halten. Denn so etwas dürfe nie wieder passieren - weder in Deutschland noch anderswo.

Er hofft, dass die vier Schüler, die in Riga waren, ihre Erfahrungen und Erlebnisse an andere weitergeben. In Wesel werde jedes Jahr am 9. November der Reichspogrome und am 27. Januar der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz gedacht. Mewes König war zuletzt einer der Schüler, der mitgemacht hat.