Wesel. . 10000 Euro sollen zunächst in den Haushalt eingestellt werden, sagt Fraktionschef Ludger Hovest. Dass alle zustimmen, ist für ihn sicher.

Zweimal im Jahr wird in Wesel offiziell der Opfer des Holocaust gedacht: am 9. November in Erinnerung an das Pogrom, bei dem auch in Wesel Geschäfte geplündert wurden und die Synagoge brannte, und am 27. Januar zur Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz. Es sind bewegende Veranstaltungen, bei denen der letzte überlebende ehemalige jüdische Weseler Ernest Kolman, wenn es irgendwie geht, dabei ist. Der Ehrenbürger berichtet unter anderem in Schulen von dem Schicksal seiner Familie, die einst in der Hansestadt ein Textilgeschäft betrieb. Er kam 1939 mit einem Kindertransport nach England in Sicherheit, während seine Eltern 1941 deportiert und 1944 in Riga ermordet wurden.

Auch wenn Ernest Kolman in diesem Jahr 92 wird, er erinnert unermüdlich an die Gräueltaten und das Leid, das Juden während der NS-Zeit angetan wurde. Dabei erhält er jetzt weitere Unterstützung. Die SPD hat in Absprache mit dem Jüdisch-Christlichen Freundeskreis vor, im nächsten städtischen Etat eine Haushaltsstelle mit dem Titel „Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus“ einzurichten, damit der Holocaust im Bewusstsein bleibt. 10 000 Euro sollen dort zunächst eingestellt werden, damit vor allem bei jungen Menschen „eine Kultur des Nichtvergessens entsteht“, so Fraktionsvorsitzender Ludger Hovest. Schließlich existiert die jüdische Gemeinde in Wesel durch den Holocaust seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs nicht mehr.

Fahrten zu Gedenkstätten

Mit dem bereit gestellten Geld - die Summe kann sich bei Bedarf noch verändern - sollen Zuschüsse für Fahrten zu Holocaust-Gedenkstätten gewährt werden, egal ob zu Museen, Konzentrationslagern oder ähnlichem. Beantragt werden kann das Geld von allen, die sich mit dem Thema auseinandersetzen, vor allem von Schulen und Jugendgruppen.

Hovest führt als einen Grund für das Handeln auch die politische Lage an und nennt die Alternative für Deutschland (AfD), die im Bundestag sitzt. Und Wolfgang Jung vom Jüdisch-Christlichen Freundeskreis sagt, dass es nicht sein könne, dass mit Blick auf das jüdische Mahnmal in Berlin von einem „Mahnmal der Schande“ gesprochen werde. So etwas wie der Holocaust dürfe nie wieder passieren, nicht in Deutschland und nicht auf der ganzen Welt, sagt er. Er beklagt zudem, dass rassistischen Äußerungen nur selten in einem ausreichenden Maß begegnet wird.

Deutsches Riga-Komitee

Und noch etwas möchte die SPD: dem Deutschen Riga-Komitee beitreten. Von 1941 bis 1944 wurden im Wald von Bikernieki bei Riga mehr als 25 000 deutsche Juden erschossen und in Massengräbern verscharrt, heißt es im Antrag an Bürgermeisterin Ulrike Westkamp. Unter den Opfern waren auch Weseler Bürger. Das Deutsche Riga-Komitee gibt es seit dem Jahr 2000. Es wurde in Berlin von den Repräsentanten 13 deutscher Großstädte und dem Präsidenten des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge gegründet.Das Komitee hat es sich zur Aufgabe gemacht, an das Schicksal der Opfer zu erinnern. Bocholt ist seit 2001 Mitglied im Riga-Komitee, Mönchengladbach gerade erst frisch dazugestoßen.

Hovest ist sich sicher, dass er von den anderen Fraktionen in beiden Punkten unterstützt wird.

>>>INTERESSENTEN WILLKOMMEN

Der Jüdisch-Christliche Freundeskreis mit seinen 70 Mitgliedern würde sich über weitere Interessenten freuen. Er ist maßgeblich an der Organisation der beiden Gedenktage im November und im Januar (siehe Text) beteiligt. Im Willibrordi-Dom wird am 27. Januar zusammen mit dem Städtischen Musikverein ein Requiem von Charles-Henri Plantade mit mehreren Chören aufgeführt. Thema: Seele, vergiss’ nicht die Toten. Hinzu kommen Werke von jüdischen Komponisten. Es sei wichtig für eine Kultur des Erinnerns, zu zeigen, welcher Verlust an Kultur der Holocaust bewirkt hat, sagt Wolfgang Jung vom Freundeskreis.

Wer die Organisation unterstützen möchte, kann per E-Mail Kontakt zu Wolfgang Jung aufnehmen. Die Adresse lautet jung-wesel@t-online.de