Der Eichenprozessionsspinner beschäftigt Förster im Kreis Wesel, auch Hausarzte haben damit zu tun. Nachbarn geraten in Streit – wer hat Recht?
Kreis Wesel. Er ist besonders lästig und mitunter gefährlich in diesem Jahr: Der Eichenprozessionsspinner. Während in den Weseler Krankenhäusern bislang keine Fälle behandelt wurden, bekommen viele niedergelassene Ärzte das Phänomen schon zu spüren.
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In die Kinderarztpraxis Dr. Georg Stefanowski in Wesel sind in diesem Jahr mehr Kinder mit Ausschlag am Körper gekommen, auch die Hausarztpraxis Dr. Magdalena ten Hoevel in Hamminkeln verzeichnet deutlich mehr Patienten, die Beschwerden wegen des Eichenprozessionsspinners haben.
Ärzte behandeln die Pusteln mit Salben
Große wie kleine Patienten werden mit unterschiedlichen Salben behandelt, je nachdem, wie stark allergisch sie reagieren. Es scheint ein lokal auftretendes Phänomen zu sein, denn andere Hausärzte, wie Dr. Hildegard Petrias in Wesel, haben nur vereinzelt damit zu tun.
Nachbarn sind verpflichtet, zu handeln
Die Raupe sorgt nicht nur für allergische Reaktionen, sie bringt mitunter auch Streit in die Nachbarschaft. Was, wenn mein Nachbar an seiner Grundstücksgrenze befallene Eichen stehen hat und ich mich um die Gesundheit meiner Kinder sorge?
„Sie haben ein Recht darauf, dass der Nachbar die Raupen bekämpft, wenn Sie nachweislich gefährdet sind“, erläutert Doreen Bonnes vom ASG Wesel. Allerdings: Stellt sich der Nachbar stur, bleibt nur der Klageweg.
Häufig ist es schwer, den Verursacher zu finden
Mitunter sind Straßen mit (privaten) Eichen gesäumt, in Bislich rund um die Straße Schüttwich ist das so. „Diese Härchen fliegen ja durch die Luft. Wie soll ich nachweisen, von wessen Baum sie gekommen sind?“, fragt sich Anwohnerin Gudrun Klein, die sich kaum noch mit ihrem Hund auf die Straße wage. „Hier sind so viele Radfahrer unterwegs, ich kann nicht verstehen, dass niemand etwas unternimmt!"
Die Haare bleiben übrig und können auch im Winter verletzen
Eine einzelne Raupe besitzt 60.000 Brennhaare, weiß Otto Pöll, Leiter des Regionalforstamtes Niederrhein, und häutet sich dreimal, bevor sie ein Schmetterling wird.
Das Problem erledigt sich auch nicht, wenn die Raupen verschwunden sind: Die übrig gebliebenen Haare lösen auch noch lange danach Reaktionen aus.
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Absaugen, abspritzen, manche flämmen die Nester gar ab, brandgefährlich
Die Kommunen sind auf der Hut. So hat Hamminkeln jüngst den Spielplatz Kerschenkamp wegen eines kleinen Befalls gesperrt.
„Ein Fachmann hat das Nest abgesaugt. Jetzt ist der Platz nur noch gesperrt, weil ein neues Spielgerät gekommen ist“, erläutert Hermann Flores vom Bauamt.
Neben der Vorsorge im April gibt es jetzt noch die Möglichkeit, die Nester mit Wasser abzuspritzen, abzusaugen. Auch abflämmen geht, „das würde ich derzeit aber nicht empfehlen“, so Flores – eine brandgefährliche Methode.
Waldbesitzer entscheiden selbst, ob sie aktiv werden
Dass der Eichenprozessionsspinner sich so stark vermehrt hat, führt Otto Pöll, Leiter des Regionalforstamtes Niederrhein mit Sitz in Wesel, auf das trockene Wetter in diesem und dem vergangen Jahr zurück.
Bekämpft werden die Raupen in den Wäldern nicht, nur an besonderen Stellen wie in der Nähe von Parkplätzen oder auf dem Walderlebnispfad in Schermbeck-Dämmerwald.
Denn die Bekämpfung sei keine Aufgabe des Regionalforstamtes, der Waldbesitzer müsse selbst entscheiden, ob er etwas unternimmt. Nur 17.000 der insgesamt 62.000 Hektar Wald im Bereich des Regionalforstamtes, die zwischen Köln und Hochelten liegen, gehören dem Land.
Punktuelle Maßnahmen würden das Gesamtproblem auch nicht lösen, meint Pöll: „Vielleicht hilft uns das Wetter.“
Biologische Station sorgt sich nicht um die Bäume
Für den Wald selbst stellen die Raupen kein Problem dar – befallen werden meist einzeln stehende Bäume an sonnigen Standorten, in dichten Wäldern fühlen sich die Tierchen nicht so wohl. Das ist auch der Grund, warum sich die Biologische Station im Kreis Wesel keine Sorgen um ihr EU-Projekt bodensaure Eichenwälder macht. „Die Eiche ist eine robuste Baumart, die wird das überstehen“, sagt Klaus Kretschmer. Das sei ebenso Natur wie der Maikäfer, der die Wurzeln frisst, wie Prachtkäfer und Eichenwickler. Schädlinge seien in erster Linie schwierig, wenn es um die Holzvermarktung gehe.
Niederländer lassen Vögel das Problem reduzieren
Die Weseler SPD-Fraktion möchte bei der Bekämpfung des Eichenprozessionsspinners auf Pestizide und ähnliches verzichten. Sie bittet die Verwaltung zu prüfen, ob das Vorgehen der Gemeinde Groesbeek in den Niederlanden nachahmenswert ist.
Dort hat die Gemeinde gezielt Rotkehlchen, Blau- und Kohlmeisen durch zahlreiche Nistkästen angesiedelt. Die Vögel haben das Problem größtenteils weggefressen. Besonders schmackhaft scheinen die Raupen in einem sehr frühen Stadium zu sein.