Wesel . Vertreter der Bistums informierten die Gemeindemitglieder in Büderich. Weitere Personen haben sich inzwischen gemeldet.

Der Missbrauchs-Vorwurf gegen den langjährigen Pfarrer von St. Peter Büderich bewegt die Menschen in der Gemeinde. Das Interesse an einer Informationsveranstaltung am Donnerstag war groß, einige Besucher zeigten sich erschüttert und betonten, positive Erinnerungen an den 2018 verstorbenen Pfarrer zu haben. Dennoch gibt es zwei Betroffene, die übergriffiges Verhalten schildern und drei Personen, die dem Bistum gegenüber Hinweise gegeben haben, jedoch nicht selbst betroffen sind. Das berichtete der Interventionsbeauftragte des Bistums, Peter Frings.

Ins Rollen gebracht hat die derzeitige Untersuchung ein heute 58-Jähriger, der sich vor einiger Zeit an das Bistum sowie an lokale Medien, darunter auch die NRZ Wesel, gewandt hat. Er berichtet von Nacktfotos, die vor 36 Jahren von ihm gemacht worden sein sollen – damals noch in Warendorf – und von Briefen, die der Pfarrer ihm anschließend schon von Wesel aus nach Warendorf geschickt haben soll. Kopien der Briefe liegen auch der NRZ vor. Der damals 23-jährige berichtet, er habe sich in einer familiären Konfliktsituation dem Pfarrer anvertraut. Den Kontakt zu ihm habe er nach dem Vorfall abgebrochen.

Missbrauchs-Betroffene brauchen oft lange, bis sie sich melden

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Auf Details zu den Vorfällen werde er nicht eingehen, teilte Peter Frings in der Versammlung mit. Nur so viel: Beide Betroffene wohnten nicht in Wesel. Das Bistum gehe nun in die Öffentlichkeit um zu schauen, ob sich weitere Menschen melden. Die Gemeindemitglieder stellten viele Fragen zu den Vorwürfen gegen ihren Pfarrer: Warum meldete sich der Betroffene erst jetzt? Ab wann liegt ein Missbrauch vor? Gab es Gründe für die Versetzung des Pfarrer nach Büderich, möglicherweise schon erste Hinweise? Peter Frings bemühte sich, unterstützt vom Pastoralberater Jan-Christoph Horn, alle Fragen zu beantworten. Dass sich Betroffene erst spät, oft sogar nach dem Tod des von ihnen Beschuldigten meldeten, sei keine Seltenheit. „Offenbar brauchen die Menschen so lange“.

Wo ein Missbrauch beginnt, könne er nicht definieren, so Frings, „ich bin kein Strafrechtler“. Jedoch spiele auch das Empfinden der Betroffenen eine Rolle: „Für sie ist es Missbrauch“. Einige Gemeindemitglieder hatten zu Bedenken gegeben, dass es sich um einen Erwachsenen gehandelt habe und dass es nicht zu körperlichen Übergriffen gekommen sein soll. Grenzübergreifendes Verhalten, so Horn, werde sehr individuell bewertet. Erkenntnisse dazu, ob es für die Versetzung des Pfarrers nach Büderich Gründe gab, die in eine ähnliche Richtung gehen, habe man nicht, so Frings. Sämtliche Umstände sollen nun extern untersucht werden.

Kritik an der Wortwahl des Bistums

Kritisiert wurde von einigen Anwesenden auch die Wortwahl der Pressemitteilung des Bistums, in der von „sexuellen Überiffen“ die Rede war. Sie sehen in der Berichterstattung eine Vorverurteilung und geben zu Bedenken, dass der Pfarrer sich nicht mehr äußern kann. Warum das Bistum im Jahr 2011 den Pfarrer nicht befragt hat, als erste Vorwürfe von einer anderen Person geäußert wurden, konnte Frings nicht beantworten. In der Pressemitteilung heißt es, der Pfarrer habe damals schon an Demenz gelitten.

Am Ende der Diskussion, die trotz aller Betroffenheit sachlich blieb, konnten zwar nicht alle Fragen geklärt werden. Dennoch äußerten sich die Gemeindemitglieder positiv. „Ich bin dankbar für den Abend, denn ich habe unterschiedliche Perspektiven erlebt. Der Austausch hat mir geholfen“, fasste ein Mann zusammen und erhielt zustimmenden Applaus.