Kreis Wesel. Das Coronavirus bereitet dem Handwerk im Kreis Wesel Probleme. Betrieben droht Kurzarbeit - allerdings sind nicht alle Gewerke gleich betroffen.

Die Kneipe, der Friseur, das Bekleidungsgeschäft – sie alle mussten wegen der Ausbreitung des Coronavirus schließen, betroffene Unternehmer bangen zum Teil um ihre Existenz. Bisher verschont bleiben davon die meisten Handwerker, sie dürfen weiter arbeiten. Die Frage ist allerdings, ob und wie sie das überhaupt können.

Malermeister: „Es sieht dramatisch aus!"

„Wir sind ganz stark davon betroffen, das ist ein großes Problem“, erläutert Holger Benninghoff von der Kreishandwerkerschaft Wesel auf Anfrage der NRZ. Zwar seien die Handwerker „froh, dass wir überhaupt noch arbeiten können“, dennoch sei die Coronakrise längst auch hier angekommen: Kunden zögen ihre Aufträge zurück, es könne nur noch in kleinen Teams gearbeitet werden, oftmals würden die Handwerker nur noch zu dringenden Fällen gerufen. Außerdem fragten sich die Betriebe, „ob noch Aufträge kommen, wenn die Leute ihr Geld verlieren“.

„Es sieht dramatisch aus“, bestätigt Günther Bode aus Moers, Kreishandwerksmeister und Obermeister der Maler-und Lackierer-Innung. „Der Kunde lässt uns nicht mehr ins Haus, weil er Angst hat, sich anzustecken.“ Auch sei es schwierig die Vorsichtsmaßnahmen, wie den Sicherheitsabstand von 1,50 Meter, auf einer Baustelle einzuhalten.

Wegen Corona: Existenzen im Handwerk bedroht

Die Folge: Mitarbeiter werden gebeten Urlaub oder angefallene Überstunden zu nehmen, in der gesamten Maler-Branche droht Kurzarbeit. Dabei sei die Lage vor Corona „optimal“ gewesen, sagt Bode. Die Auftragsbücher seien immer „dicke voll“ gewesen: „Aber wenn Sie nicht arbeiten dürfen, nutzen Ihnen auch die vollen Auftragsbücher nichts.“

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Aktuell ruht die Hoffnung des Malermeisters auf Außenanstrichen, die er versucht bei den Kunden vorzuziehen. Das klappe „mal so, mal so“. Fest steht für ihn: „Das wird uns jetzt noch sehr lange beschäftigen. Da werden auch Existenzen dran hängen, auf jeden Fall.“

Tischlerei: Für Messe- und Ladenbauer tote Hose

Nicht ganz so dramatisch sieht es bislang bei den Tischlern aus, zumindest nicht bei allen. „Bei den Betrieben, die Messe- oder Ladenbau machen, ist absolut tote Hose", weiß der Obermeister der Tischler-Innung, Dietrich Bassfeld. Für alle anderen, die zum Beispiel auf Innenausbau, Treppen oder Fenster spezialisiert sind, „geht's noch".

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Doch auch hier gibt es Veränderungen: Kunden, die sonst gern mal geschaut haben, wie beispielsweise der Einbau des Fensters voran geht, seien jetzt nicht mehr in den Räumen; manche Termine werden gleich ganz abgesagt. Allerdings setzen auch die Betriebe Prioritäten: „Alle nicht unbedingt notwendigen Reparaturen bei Kunden haben wir abgesagt", erläutert Bassfeld. Schließlich muss er auch auf den Schutz seiner Mitarbeiter achten. Ins Büro dürfen Kunden ebenfalls nicht mehr, das meiste werde telefonisch geklärt.

Nun haben einige Tischlerei-Betriebe Glück, dass sie in der Werkstatt „fast normal" arbeiten können, dort zum Beispiel Türen oder Fenster herstellen. „Was jetzt aber anfängt, ist dass manche Materialien knapp werden", so Bassfeld weiter. Aktuell sei das zwar noch überschaubar, aber wer weiß wie es in zwei, vier oder acht Wochen aussieht. Betrieben, die nur Montagen machen, also nicht selbst produzieren, gehe es schon jetzt schlecht.

Zwei-Schicht-System und Abstand halten

Manche Betriebe hätten mittlerweile auf ein Zwei-Schicht-System umgestellt, weiß Bassfeld, damit sich weniger Mitarbeiter begegnen. Je nach dem wie groß die Werkstätten sind, funktioniert das besser oder schlechter. Manche Arbeiten allerdings könne man gar nicht allein machen, beispielsweise ein Fenster tragen. Und da wird es mit dem Abstand halten auch schon schwierig.

Eine bestimme Nische des Tischler-Handwerks hat hingegen gerade Konjunktur: Spritzschutz aus Plexiglas. „Wir haben in der letzten Woche unheimlich viele Anfragen von Banken und aus dem Einzelhandel bekommen", verrät Bassfeld. Dauerhaft werde das aber kaum die Einbrüche abfangen, bestenfalls ein kleines Loch stopfen.

Sanitärhandwerk ist relativ krisensicher

Die Installateure hingegen scheinen gut durch die Coronakrise zu kommen: „Bei Sanitär-Heizung geht es noch ganz gut, weil die Baustellen noch laufen“, erklärt Innungsobermeister Norbert Borgmann aus Wesel. Gehandicapt wären die Betriebe eher durch krankheitsbedingte Ausfälle – aktuell blieben mehr Mitarbeiter schon bei Erkältungsanzeichen zuhause.

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Das Gewerk ist notwendig und deshalb krisensicher: „Auf uns kann man nicht verzichten“, sagt Borgmann. Vielleicht verschieben Kunden mal eine Bad- oder energetische Sanierung – letztere seien tatsächlich eingebrochen – aber Rohrbrüche, verstopfte Abflüsse oder kaputte Heizungen gibt es eben auch in Krisenzeiten. Borgmann: „Wenn das Wasser durch die Decke kommt, kann ich nicht sagen: Ich stell nen Eimer drunter und warte noch ein Jahr.“ Im Moment arbeite der Zentralverband daran, als systemrelevant eingestuft zu werden, schließlich hängen an der Branche beispielsweise auch Trinkwasser- und Gasversorgung.

Corona verändert das Arbeiten im Handwerk

Dennoch habe sich das Arbeiten zu Coronazeiten verändert: In seinem Betrieb kommen die Monteure jetzt zeitversetzt, verrät Borgmann. Die einen um 7.30 Uhr die anderen um 8, damit sie sich nicht begegnen. „Seife ist auch wieder da, die war zwischendurch mal knapp, da haben wir uns mit Duschgel beholfen.“ Auch haben viele Monteure jetzt einen Kanister Wasser zum Händewaschen an Bord und jeder bringt sein eigenes Handtuch zur Arbeit mit.

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Die zwei Meter Abstand allerdings seien anfangs schwer gefallen, sowohl seinen Monteuren, als auch Borgmann selbst. „Ich sag den Kunden jetzt immer: Normalerweise bin ich freundlicher“, scherzt er, aber aufs Händeschütteln muss eben verzichtet werden, genau wie auf große Teile des persönlichen Kontakts: „Die Kunden bleiben zuhause, es geht jetzt mehr übers Telefon.“ Beispielsweise die Einweisungen für Klimaanlagen mache er jetzt oftmals telefonisch. Diese seien nämlich trotz Krise aktuell sehr gefragt – vielleicht, mutmaßt Norbert Borgmann, weil die Kunden wissen, dass es in zwei Monaten wieder heiß wird und befürchten, dass dann keiner mehr zum Einbauen kommt.

Arbeitsagentur bestätigt Sorge des Handwerks

Eine Rückfrage bei der Agentur für Arbeit bestätigt die Sorgen des Handwerks. Zwar gibt es noch keine konkreten Zahlen für den Kreis Wesel, allerdings führen die Mitarbeiter dort „täglich sehr viele Beratungsgespräche mit Arbeitgebern“ zum Thema Kurzarbeit, erklärt Pressesprecherin Sabine Hanzen-Paprotta.

Darunter seien „zahlreiche“ Handwerksbetriebe: „Ein Teil der Betriebe hat bereits Kurzarbeit angezeigt oder wird dies bis Ende März noch erledigen.“ Manche jedoch wollten sich nur „vorsorglich informieren“, weil sie „Kurzarbeit zu einem späteren Zeitpunkt für wahrscheinlich halten.“