Oberhausen. In Oberhausen wird ein Angriff auf junge Ukrainer im Mai 2023 verhandelt. Der Fall weckt schlimme Erinnerungen an tödliche Attacke im Februar 2024.
Zwei junge Angeklagte aus Oberhausen sind am Mittwoch, 8. Mai, vom Schöffengericht nach Jugendstrafrecht zu Wochenend-Arrest, Schmerzensgeldzahlung und zur Teilnahme an einem Anti-Aggressions-Training verurteilt worden. Nach anfänglichem Schweigen haben die beiden gestanden, am 25. Mai 2023 an einer brutalen Attacke auf drei ukrainische Jugendliche an der Haltestelle Bergstraße in Oberhausen-Osterfeld beteiligt gewesen zu sein.
Das Schöffengericht unter Vorsitz von Richter Alexander Conrad startete eine umfangreiche Beweisaufnahme. Zunächst blieb es im Saal 21 des Amtsgerichts rätselhaft, warum es an jenem 25. Mai 2023 gegen 21.50 Uhr zu dieser gefährlichen Körperverletzung gekommen war. Im angrenzenden Olga-Park hatten die Beteiligten zuvor noch friedlich gegeneinander Basketball gespielt. Danach warteten die drei ukrainischen Jugendlichen, zwei Jungen und ein Mädchen, an der Haltestelle Bergstraße auf den nächsten Linienbus, als eine achtköpfige Gruppe von Jugendlichen, darunter die beiden Angeklagten, auftauchte und laut Zeugenaussage wortlos begann, heftig auf sie einzuschlagen und einzutreten. Erst als weitere Menschen, die sich an einem benachbarten Kiosk aufhielten, auf das Geschehen aufmerksam wurden, ließen die Täter von ihren Opfern ab und flüchteten. Die Ukrainer erlitten multiple Prellungen und als schwerste Verletzung einen Daumenbruch.
Angriff auf Ukrainer in Oberhausen: Zunächst politisches Motiv vermutet
Angriff auf junge Ukrainer, Basketball: Da werden schlimme Erinnerungen wach. Am 10. Februar dieses Jahres, also Monate nach der jetzt verhandelten Tat, wurden zwei junge Basketball-Spieler aus der Ukraine am Oberhausener Hauptbahnhof angegriffen. Die 17 und 18 Jahre alten Jugendlichen überlebten diese Messerattacke nicht. Die mutmaßlichen Täter, erst 14 und 15 Jahre alt, wurden festgenommen.
Zunächst war auch in dem jetzt aktuell verhandelten Fall ein politisches Motiv vermutet worden, also eine gezielte Attacke gegen die drei Jugendlichen – allein deshalb, weil sie Ukrainer sind. Der jüngere der beiden Angeklagten hat einen kasachischen Familienhintergrund. Er war zuvor in der Schule mit einem Pro-Putin-Shirt aufgetaucht. Dieser vorherige Auftritt im schulischen Umfeld führte offenbar dazu, dass er einen Schulverweis erhielt, nachdem sein Angriff auf die ukrainischen Jugendlichen bekannt geworden war. Die Schulleitung ging offenbar von einer gezielten und politisch motivierten Tat aus.
Laut Beweisaufnahme des Schöffengerichts spielte ein solches politisches Motiv bei der gefährlichen Körperverletzung aber keine Rolle. Vielmehr soll eine persönliche Beleidigung in russischer Sprache („Missgeburt“), die beim Basketballspiel gegen den jüngeren der beiden Angeklagten von der Gegenseite ausgesprochen worden sei, dazu geführt haben, dass es kurz darauf bei der Begegnung an der Bushaltestelle zum gemeinschaftlichen körperlichen Angriff auf die drei ukrainischen Jugendlichen kam. So schilderte es jedenfalls der Verteidiger des zur Tatzeit 16-jährigen, jüngeren Angeklagten, nachdem sich sein Mandant zu einem Geständnis durchgerungen hatte.
Angriff auf junge Ukrainer in Oberhausen: Aussage vor dem Schöffengericht
Bis es im Saal 21 zu den Geständnissen der Angeklagten kam, dauerte es allerdings fast zwei Stunden. Zuvor hatte einer der angegriffenen Ukrainer, der mit Dolmetscher-Hilfe in russischer Sprache als Zeuge auftrat, die beiden Angeklagten als Mit-Täter an jenem Abend klar identifiziert. Der 18-Jährige machte dabei deutlich, wie unvermittelt, überraschend und gewaltvoll der körperliche Angriff damals an der Haltestelle über sie hereinbrach. Der Olga-Park mit seinem Basketballfeld sei für sie seit diesem Tag tabu. Die Gewalterfahrung wirkt nach.
Das Urteil des Schöffengerichts fiel nach rund 15-minütiger Beratung. Die ukrainischen Jugendlichen erhalten jeweils ein Schmerzensgeld in dreistelliger und zweistelliger Euro-Höhe von den Angeklagten, die zudem einen Wochenend-Arrest antreten müssen und 20 Termine im Zuge eines umfangreichen Anti-Aggressions-Trainings zu absolvieren haben. Die Jugendgerichtshilfe geht für beide Angeklagten trotz der Schwere der nun verhandelten Tat von einer recht günstigen Sozialprognose aus.
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