Oberhausen. Die Zukunft der Firma ist ungewiss, seit das Sultanat Oman eine Finanzspritze für OQ Chemicals verweigert. Von wem Beschäftigte Hilfe vermissen.

Die rund 800 Beschäftigten von OQ Chemicals, früher Ruhrchemie, bangen weiter um ihre Jobs. Vor zwei Wochen hat die Zitterpartie begonnen. Da kam die Nachricht auf, das Sultanat Oman als Eigentümer hätte überraschend ein Finanzkonzept der Geschäftsführung fallen gelassen. Seither ist die Belegschaft alarmiert und mit ihr die halbe Stadt. Denn der Standort ist eine wichtige Lebensader, die Beschäftigten sind samt ihren Familien vom Unternehmen abhängig, zahlreiche Zulieferbetriebe ebenso. Da kommt das Bekenntnis von Oberbürgermeister Schranz, er stehe hinter dem Unternehmen, nicht von ungefähr.

IGBCE-Gewerkschaftssekretär Marvin Kuenen: Die Beschäftigten wollen wissen, was auf sie zukommt.




 
IGBCE-Gewerkschaftssekretär Marvin Kuenen: Die Beschäftigten wollen wissen, was auf sie zukommt.   © IGBCE Niederrhein | Lippka & Söhne

Gewerkschafter versuchen, Beschäftigte zu beruhigen

Derweil landen Frust und Zukunftssorgen der Mitarbeiter tagtäglich beim Betriebsrat und bei der Gewerkschaft IGBCE. „Die Kolleginnen und Kollegen wenden sich an uns und wollen natürlich wissen, wie es wohl weitergeht“, sagt Gewerkschaftssekretär Marvin Kuenen. Doch im Moment bleibe nur ein Achselzucken, wobei sich die Gewerkschafter schon Zeit für die Gespräche nehmen. Denn bei den meisten Arbeitern und Angestellten sitzt die Angst tief, dass sie ihren Job verlieren könnten. Dabei galt ein Arbeitsplatz gerade bei der einstigen Ruhrchemie wie ein Versprechen auf die Zukunft.

Während die Geschäftsleitung nach neuen Investoren Ausschau hält, schließlich wird‘s wohl nichts mit der 200-Millionen-Geldspritze aus Oman, „versuchen wir die Mitarbeiter zu beruhigen“, sagt Kuenen. Dass sich die Gewerkschafter kräftig ins Zeug legen, stellt unter Beweis, wie sehr man gemeinsam mit den Firmenchefs versucht, an einem Strang zu ziehen, damit es mit dem Traditionsstandort weitergeht.

Ruf nach Unterstützung durch die Politik

Wünschen würden sich viele Beteiligte, dass ihr Einsatz von der Politik flankiert würde. Dabei richtet sich der Blick weniger in Richtung Rathaus, denn Daniel Schranz hat ja klar Stellung bezogen. Vielmehr haben sie die Landesregierung im Visier oder auch den Bund. Erstaunlich ruhig sei es bislang geblieben, heißt es, obwohl doch etliche Arbeitsplätze auf der Kippe stünden.

Die Hoffnung auf Hilfe rührt sicher auch daher, dass ein anderes Werk auf dem Gelände der einstigen Ruhrchemie, Air Liquide, vor wenigen Monaten gleich zweimal Besuch von Politpromis erhielt: Einmal war Wirtschaftsminister Habeck, das andere Mal Bundespräsident Steinmeier zu Gast. Beide lobten die Wasserstoffprojekte der Firma, die technische Gase produziert und damit OQ Chemicals beliefert. Eigentlich. Seit einem Brand im März fällt die Anlage aus, viele Bereiche des Unternehmens, das noch dem Sultanat gehört, stehen still. Ein Teil der Belegschaft fährt deshalb Kurzarbeit. Es besteht aber die Hoffnung, dass der Schaden bald behoben und das Werk wieder hochgefahren werden kann.

Schon die Drosselung der Produktion dämpfte die Stimmung

Auch schon die Nachricht, dass OQ Chemicals die Produktion drastisch drosseln muss, hatte Verunsicherungen in der Belegschaft zur Folge und dämpfte die Stimmung. Die hat offenbar in den vergangenen Jahren gelitten. Zumindest lässt sich das den Äußerungen des professionell betriebenen Arbeitgeber-Bewertungsportals Kununu entnehmen. Sicherlich ist wie bei allen Checks, die auf ganz persönlichen Einschätzungen beruhen, eine gewisse Vorsicht geboten. Aber Tendenzen sind zu erkennen.

Vor allem langjährige Mitarbeiter des Oberhausener Standorts von OQ Chemicals zeigen sich enttäuscht. Umstrukturierungen haben die „Arbeitsmoral nach unten gezogen“, formuliert ein Beschäftigter. Andere Kommentare gehen in die ähnliche Richtung. Das Gemeinschaftsgefühl scheint einigen Kollegen verloren gegangen zu sein. Daher kommt der Wunsch oder auch die Forderung an die Führung auf, wieder das Motto zu beherzigen: „Wir sind eine Familie“. Ins Bild passt da, wenn Beschäftigte bemängeln, dass man nach 40-jähriger Betriebszugehörigkeit nicht einmal feierlich in den Ruhestand verabschiedet werde. Jubiläumsfeiern seien offensichtlich fallen gelassen worden.

Kritische Stimmen melden sich auf Bewertungsportal zu Wort

Hier und da werden auch die Arbeitsbedingungen kritisiert, ohne aber ins Detail zu gehen. Einige Kommentare hinterlassen den Eindruck, als ob einzelne Teams einen derartigen Zusammenhalt bieten, der über manch anderen Frust hinwegsehen lässt. Die Höhe von Löhnen und Gehältern stößt auf ein geteiltes Echo. Die einen sind sehr zufrieden, schließlich werde nach Chemie-Tarif bezahlt, andere meinen, woanders bekäme man deutlich mehr Geld. Allerdings bilden diejenigen, die die Bezahlung „top“ finden, eher die Mehrheit.

Auf alle Aussagen hat im Übrigen OQ Chemicals reagiert und bedauert, dass Mitarbeiter solche schlechten Erfahrungen gewonnen haben. Damit verbunden ist die Einladung zu einem Gespräch und der Wunsch, ein Formular auszufüllen, in dem der oder die Betreffende die Aussagen weiter präzisieren kann.

Firma erreicht einen mittleren Wert

Insgesamt erreicht OQ Chemicals, mit dem Standort Monheim zusammen, einen Score von 3,2. Damit liegt das Unternehmen im Mittelfeld. 4 und 5 stehen für sehr gut, 1 und 2 für genügend. Damit liegt das Chemiewerk nur ganz leicht unter dem bundesweiten Schnitt aller bewerteten Firmen von 3,32. Wenn die Ergebnisse in einem solchen mittleren Bereich liegen, kann das laut Kununu auch als Pluspunkt gesehen werden. Denn diese Unternehmen werden von Bewerbern eher als verlässlich eingeschätzt. Job-Anwärter, heißt es zur Erklärung, „suchen nach einem authentischen, und nicht einem makellosen Unternehmensbild“.

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