Oberhausen. Nach einem Krankheitsfall stand das Schulessen an einer Oberhausener Gesamtschule auf der Kippe. Die Schüler überlegten sich was – mit Erfolg.

Wenn die Mensa der Gesamtschule Weierheide ein Restaurant wäre, würde man sagen: Der Laden läuft. An den modernen grauen Holztischen sitzen dichtgedrängt Schülerinnen und Schüler, an einem Tisch haben sich Lehrkräfte niedergelassen und stochern mit Gabeln in einer Salat-Bowl. Gleich ist der Nachtisch fertig, es gibt Apfel-Crumble. Das komplette Mittagessen kostet 3,90 Euro. Hier weiß jemand, wie man es Schülern und Lehrern gut gehen lässt: Es sind die Schüler selbst.

Seit rund einem Jahr kümmert sich eine Schülergenossenschaft um das Mittagessen. Bis dato hatte eine Mutter das Schulessen im Pausenraum organisiert, doch als diese krankheitsbedingt ausfiel, stand das Schulessen auf der Kippe. Die Schüler entwickelten einen Rettungsplan: Per Genossenschaft wollten sie sich selbst um das Essen kümmern. Sie planen, kaufen, schnibbeln und spülen zweimal die Woche und bieten ein bewusstes Mittagessen an. „Damit haben wir unser Schulessen gesichert“, sagt Direktorin Doris Sawallich stolz.

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Erste Genossenschaft in Oberhausen

Die Idee fiel nicht vom Himmel. In NRW gibt es bereits 84 Schülergenossenschaften. Doch in Oberhausen betritt die Gesamtschule Weierheide Neuland. „Für uns war das ein Glücksfall“, sagt Sawallich.

Der Kantinenbetrieb der „Schmeckes.eSG“ ist in den Schulunterricht eingebunden. Mittwoch und Donnerstag sind die rund 150 beteiligten Schülerinnen und Schüler etwa fünf Stunden damit beschäftigt. Zwei entfallen auf den täglichen Kiosk in der ersten großen Pause, drei Stunden auf das Mittagessen. Wer die Mensa nutzen will, kann übers Internet sein Essen vorbestellen. Rund vierzig Portionen kochen die Schüler mithilfe von Lehrern. „Es erwärmt einem das Herz, wenn man in die strahlenden Gesichter schaut“, sagt Zehra, eine der vielen jungen Köchinnen.

Die Köpfe der Oberhausener Schüler-Genossenschaft: Lina, Ole, Lehrerin Eva Okrent, Angelina, Nele, Klara und Svenja.
Die Köpfe der Oberhausener Schüler-Genossenschaft: Lina, Ole, Lehrerin Eva Okrent, Angelina, Nele, Klara und Svenja. © Oberhausen | Gerd Wallhorn

Mittagessen mit Klara, Sonja, Nele, Lina, Angelina und Ole. Wir sitzen vor der Bowl aus Kichererbsen, Feldsalat und Falafel. „Ich wusste überhaupt nicht, was passiert“, erinnert sich die 16-jährige Nele an die Anfänge. Sie habe sich erstmal über das Prinzip der Genossenschaft informieren müssen. „Dass da niemand dran verdient.“ Geld sei ohnehin kein Thema gewesen, sagt ihre Schwester Lina. „Wir wollten intern unsere Schulgemeinschaft stärken.“

Schüleressen: Besser als das Fladenbrot der Discounter

Nur wenige Meter weiter locken die großen Discounter Aldi und Lidl mit Billig-Preisen. Oberstufenschüler können in den Pausen rübergehen und sich für wenige Euro selbst versorgen. „Sie kaufen ein Fladenbrot mit Zaziki und teilen sich das“, sagt Schulleiterin Sawallich. Abwechslung sieht anders aus.

Abwechselung aber bietet die genossenschaftliche Kantine: Es gibt Porridge-Variationen, fleischlose Alternativen und jede Menge Salat aus dem schuleigenen Garten. Auch darum kümmert sich eine Gruppe der Genossenschaft. Die Preise seien am Anfang schon ein Thema gewesen, berichtet Sonja, 16. Einige fanden das Mittagessen im Vergleich zum Aldi-Brezel zu teuer. Aber das Angebot schlug die Skepsis: Wer hier isst, bekommt auch was Nahrhaftes. „Uns ist der nachhaltige Gedanke sehr wichtig“, sagt Angelina. Wenn es Fleisch gibt, dann nur mindestens nach Haltungsform 2. Allerdings ziehen die meisten mittlerweile die vegetarische Ernährung vor.

Mittagessen mit der Genossenschaft: Es gibt eine vegetarische Salatbowl, dazu Apfel-Crumble. Auch Schulleiterin Doris Sawallich lässt es sich schmecken. Sie gehört wie die anderen Lehrkräfte zu den Stammkunden in der Kantine.
Mittagessen mit der Genossenschaft: Es gibt eine vegetarische Salatbowl, dazu Apfel-Crumble. Auch Schulleiterin Doris Sawallich lässt es sich schmecken. Sie gehört wie die anderen Lehrkräfte zu den Stammkunden in der Kantine. © FUNKE Foto Services | Gerd Wallhorn

Ohne Unterstützung geht es natürlich nicht. Lehrerin Eva Okrent und eine Kollegin denken sich mit Schülerinnen und Schülern Rezepte aus, überlegen, wie viel gebraucht wird und bestellen die Lebensmittel bei Picnic. „Es ist immer knapp kalkuliert. Wir verdienen nichts damit“, sagt Okrent. Eigentlich ist sie Deutsch- und Spanisch-Lehrerin, kocht aber selbst gerne. Um den Garten kümmert sich Biologie-Lehrer Benjamin Dwoshak. Auch er bringt Erfahrung aus dem heimischen Garten mit und staunt über die Begeisterung der Kinder: „Letztens mussten wir sechs Hochbeete mit Erde füllen. Das war schon viel Arbeit.“

Die Jugendlichen lernen in den fünf Stunden zwar kein Mathe und Englisch, dafür aber eine ganze Menge darüber, wie man wirtschaftet. „Ich musste schon schlucken, als ich gesehen habe, wie viele Lebensmittel man braucht und was das kostet“, sagt Nele. „Ich weiß jetzt, was für Arbeit dahinter steckt“, sagt Klara.

Mhm, das Mittagessen war ziemlich lecker. So macht Schule Spaß. Und satt.

>>> Fördergelder für die Mensa

Vor Kurzem hat die Schule für ihr Projekt einen Förderbescheid von 5000 Euro bekommen. Diese Summe schüttete die Alfried-Krupp-von-Bohlen-und-Halbach-Stiftung im Rahmen des „150 Jahre Villa Hügel – 150 Projekte für das Ruhrgebiet“ aus.

Mit dem Geld will die Schule die Mensa aufpeppen. Die Räume sollen schöner und gemütlicher werden. Für das Projekt sucht die Schule allerdings noch weitere Sponsoren.