Oberhausen. Der neue Wirtschaftsförderer der Stadt Oberhausen findet, dass Oberhausener Bürger ihre eigene Heimatstadt nicht selbstbewusst genug beurteilen.
- Die Ergebnisse der jüngsten Umfrage der Stadt Oberhausen, wie sehr Oberhausener Bürger ihre Heimat schätzen, erschreckt selbst Fachleute.
- Fast jeder vierte Befragte meint, er würde lieber wegziehen. Nur 77 Prozent leben gerne in Oberhausen, nur jeder zweite Einwohner fühlt sich als Oberhausener.
- Da kommt ein neuer Wirtschaftsförderer genau richtig: Seit April arbeitet Andreas Henseler am Centro mit seinem Team, um Oberhausen nach vorne zu bringen.
- Sein Urteil über Oberhausen: „Es ist total cool, hierhin zu kommen.“ Doch er bemerkt, dass ausgerechnet Ur-Oberhausener immer wieder die Mängel und Schwächen ihrer Heimat hervorheben. Für Oberhausen wünscht er sich deshalb mehr Selbstbewusstsein und Stolz.
Seine erste eigene Fahrt mit dem Auto, in der Tasche der frisch gedruckte Führerschein, hat ihn 1996 nach Oberhausen ins gerade eröffnete Centro geführt. Seine Frau stammt aus Oberhausen. Und er wohnt mit ihr und seinen zwei Jungs, zehn und sieben Jahre alt, gerade mal 200 Meter von der Oberhausener Stadtgrenze in Duisburg entfernt – einem solchen Mann nimmt man es ab, wenn er an seinem neuen Arbeitsplatz das Schild „I love Oberhausen“, natürlich mit rotem Herz in der Mitte, platziert. Sein Schreibtisch steht nun in einem der Bürogebäude am Centro, mitten in der Neuen Mitte an der Centroallee 269.
Andreas Henseler wuchs im beschaulichen niederrheinischen Kleve auf, war dort direkt an der niederländischen Grenze auch beruflich für die Industrie- und Handelskammer über zehn Jahre verknüpft. Seit einem halben Jahr ist der 45-jährige Geograf und Politikwissenschaftler der oberste Ansprechpartner für die Wirtschaft in Oberhausen – und auch der fachliche Chef-Vermarkter des nicht einfachen Wirtschaftsstandorts. Henseler sammelte in seiner Laufbahn über deutsch-holländische Projekte viele Erfahrungen mit der niederländischen Lässigkeit, Themen anzugehen.
Was können deutsche Unternehmer und Behörden von den Niederlanden lernen? „Wir neigen dazu, Projekte einzustielen und diese gnadenlos durchzuziehen, auch wenn wir merken, dass das eigentlich nicht klappt“, meint Henseler. „Die Niederländer sind dann auch bereit, Projekte schnell zu beenden und was Neues anzufangen, wenn sich die Planung als nicht erfolgreich entpuppt.“
Die holländische Luft, die an der Grenze nach Kleve herüberwehte, scheint Henseler jedenfalls zu Kreativität beflügelt zu haben: Bunte Socken, farbige Freundschaftsbänder an beiden Armen garnieren das weiße Hemd und die Jeans – der neue Oberhausener Wirtschaftsförderer tritt im Arbeitsalltag hemdsärmelig-locker auf, lässt sich seine Begeisterung für seinen neuen Job und sein Team gerne anmerken. Dazu passt, dass er nach eigenem Bekunden leidenschaftlich mit bunten Legosteinen Fantasiewerke erstellt; für dieses Hobby benötigt er noch nicht einmal als Ausrede seine beiden zehn und sieben Jahre alten Jungs.
La Maddalena, Tropical, Homebar: ein Gewinn für Oberhausen
Henseler bringt also sowohl den genauen Blick von außen auf die von schwacher Kaufkraft, geringem Steueraufkommen und fehlenden freien Gewerbeflächen geprägte Stadt mit, als auch Insiderkenntnisse. Zwar ist ein Wirtschaftsförderer qua Amt zu begeisterndem Optimismus verpflichtet, doch seine Beobachtung, dass ausgerechnet Ur-Oberhausener immer wieder die Mängel und Schwächen ihrer Heimat verärgert hervorheben, ist durchaus realitätsnah.
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„Das Selbstbewusstsein von Oberhausenern kann durchaus einen Schub gebrauchen, denn Oberhausen ist eine ganz tolle Stadt mit hohen Qualitäten in lebenswerten Stadtteilen“, urteilt Henseler. Denn gerade die Stadtquartiere zeichnen sich darin aus, dass hier Wohnungsgenossenschaften und Privateigentümer sehr verantwortlich mit den Häusern umgehen, dass die Viertel in der Regel schön gestaltet sind – und mit kleinen und großen Parks erstaunlich viele Grünflächen aufweisen.
Er verweist außerdem auf die mittelständische Wirtschaft mit vielen, der Öffentlichkeit wenig bekannten erfolgreichen Spezialisten, auf den Rekord von über 70.000 sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten, auf eine exzellente Kulturlandschaft mit vielen kleinen Initiativen, auf eine Innenstadt, die bei allen Problemen in der jüngsten Zeit durch Gaststätten wie Maddalena, Tropical Café und Homebar an Aufenthaltsqualität gewinnt – und natürlich die attraktiven Freizeit- und Einkaufsangebote am und im Centro in der Neuen Mitte. „Jährlich besuchen über 20 Millionen Menschen unsere Stadt, die können nicht alle irren: Sie beweisen, dass Oberhausen attraktiv ist.“ Das neue Tourismus-Logo „Oberhausen – Mehr erleben!“ bringe das Lebensgefühl dieser Stadt auf den Punkt: „Es ist total cool, hierhin zu kommen.“
Von außen werde Oberhausen jedenfalls auffällig viel besser beurteilt, weil die Stadt so interessant sei, als von Teilen der hier lebenden Bevölkerung. „Es ist wichtig zu erkennen, dass es im Grunde egal ist, wie gut oder schlecht es in der Vergangenheit in Oberhausen gewesen ist. Wir müssen uns um das Heute und um die Zukunft kümmern: Die Bevölkerung hat sich verändert, das Einkaufsverhalten ist komplett anders, daran müssen sich alle ausrichten – auch die Geschäftsinhaber.“ So sei es heute für Ladenbetreiber in kaum einer Stadt mehr möglich, als Spezialist für seine Produkte nur mit dem örtlichen Markt zu überleben, wenn man nicht zugleich seinen Kundenkreis durch den Online-Handel vergrößert.
Oberhausen hat Probleme, aber auch Chancen
Andreas Henseler ist mitnichten ein Schönfärber, im Gespräch benennt er die Probleme der Stadt, sieht aber eine gute Basis, Oberhausen nach vorne zu bringen. „Oberhausen hat zwar genügend Schwierigkeiten, aber vor allem viele Chancen, aus dieser Stadt kann man eine Menge herausholen. Ich bin nach Oberhausen gekommen mit dem festen Willen, handfeste Ergebnisse zu erzielen.“
Dazu gehört, dass er mit seinem Team von gut 30 Personen erster Ansprechpartner für alle Wirtschaftstreibenden sein will, um Hürden im Alltag aus dem Weg zu räumen. Er will Start-ups, Existenzgründern mit pfiffigen Ideen, unter die Arme greifen – und sieht die Neue Mitte noch längst nicht am Ende der Entwicklung.
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Neues Wohnquartier auf dem Stahlwerksgelände, Innovationsquartier der Kreislaufwirtschaft mit dem Kern Fraunhofer Umsicht-Institut, ein erstes Vier-Sterne-plus-Hotel und frische Freizeitattraktionen („Karls Erlebnisdorf“ im ehemaligen Centro-Park, ein Neustart der Live-Unterhaltung im Metronom-Musical-Theater) – diese Ziele des Masterplans 2040 für die Centro-Region sollen das Areal auf eine neue Bühne hieven.
Und auch beim Kulturmarketing der Stadt gibt es seiner Meinung nach noch viel Luft nach oben. Denn nicht nur mehr Investoren sollen nach Oberhausen kommen, sondern auch noch mehr Fans für Party, Konzerte, Freizeitspaß – in Partyhausen, der Freizeithauptstadt des Ruhrgebiets.